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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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aussieht wie fünfzehn.«
      »Sie war zweiundzwanzig. Sie war nur ein Modell. Es ist ein paar Jahre her, ich kann mich nicht an ihren Namen erinnern.«
      »Das ist komisch.«
      »Was?«
      »Dass Sie sich an ihr Alter erinnern, aber nicht an ihren Namen.«
      Owen spürte, wie sein Herz wild pochte. Ein paar Sekunden musterte ihn Stott eindringlich, dann stand er abrupt auf. »Sie können jetzt gehen«, sagte er. »Ich bin froh, dass wir uns kurz unterhalten konnten.«
      Owen war verwirrt. »Das war's?«
      »Im Moment ja. Wir werden uns bei Ihnen melden.«
      Owen konnte kaum schnell genug aufstehen. Er schlug mit dem Knie gegen die Unterseite des Metalltisches und fluchte. Dann rieb er sein Knie und bewegte sich rückwärts auf die Tür zu. Sein Gesicht glühte. »Ich kann wirklich gehen?«
      »Ja. Aber halten Sie sich zur Verfügung.«
      Als er das Polizeirevier verließ und über die Market Street nach Hause ging, zitterte Owen. Durfte die Polizei einen wirklich so behandeln, wenn man aus freiem Willen ihre Fragen beantwortete? Er hatte das Gefühl, dass seine Rechte mit Füßen getreten worden waren. Vielleicht war es nun tatsächlich an der Zeit, Gordon Wharton aufzusuchen.
      Das Erste, was er tat, als er nach Hause kam, war, die Ausgabe des Playboy zu zerreißen und die Schnipsel im Mülleimer zu verbrennen, Cormac McCarthys Geschichte hin oder her. Als Nächstes nahm er das Video, das ihm Chris Lorimer gegeben hatte, zog das Band heraus, zerbrach das Plastikgehäuse und warf alles in den Mülleimer, um es ebenfalls zu verbrennen. Jetzt konnten sie es wenigstens nicht mehr als Beweis gegen ihn verwenden.
      Schließlich ging er ins Schlafzimmer und nahm die restlichen Aktfotos von Michelle aus dem Schrank. Er hielt sie in den Händen, bereit, sie in Stücke zu reißen und mit dem anderen Zeug zu verbrennen; aber während er sie in den Händen hielt, musste er sie unweigerlich anschauen.
      Es waren einfache, geschmackvolle Schwarz-Weiß-Studien, und an dem Funkeln in Michelles Augen und der Form ihres Mundes konnte er sehen, dass sie sich ein Lachen verkniff. Er erinnerte sich, wie sie geklagt hatte, sie bekäme eine Gänsehaut, weil er zu lange für das Lichtarrangement brauchte, und er erinnerte sich an den Wein und das wilde Liebesspiel danach. Sie war gerne nackt fotografiert worden, es hatte sie erregt.
      Seine Hände begannen wieder zu zittern. Gott, sie sah so schön aus, so vollkommen, so jung, so verdammt unschuldig! Immer noch zitternd stieß er die Fotos zurück in den Schrank und wandte sich mit brennenden Tränen in den Augen ab.
     
    * II
     
    Während Stott und Hatchley Owen Pierce verhörten, fuhr Banks hinaus nach St. Mary's, um Lady Sylvie Harrison zu besuchen. Er hätte ihrer Reaktionen und Beobachtungen wegen gerne Susan dabeigehabt, aber er wusste, dass er Chief Constable Riddles Zorn riskierte, wenn er die Harrisons weiter bedrängte, und wollte nicht, dass Susan Probleme bekam.
      Sie hatte Recht. Sie hatte hart gearbeitet und die Prüfung zum Sergeant bestanden, ihr fehlte nur noch die Ernennung, und er würde es sich selbst nur schwerlich verzeihen, wenn er ihr die Chancen auf eine schnelle Beförderung zerstörte. Allerdings machte es ihn traurig, sie zu verlieren. Detective Constables wurden nur selten auf geradem Weg zum Detective Sergeant befördert und so gut wie nie auf dem gleichen Revier. Normalerweise mussten sie für mindestens ein Jahr zurück zur Schutzpolizei und sich dann erneut bei der Kriminalpolizei bewerben.
      Bevor er sich auf den Weg gemacht hatte, hatte Banks bei den Harrisons angerufen und konnte sein Glück kaum fassen: Sir Geoffrey war mit Michael Clayton unterwegs und Lady Harrison war allein zu Hause. Nein, hatte sie mit ihrem leichten französischen Akzent gesagt, sie hätte keinerlei Einwände, in Abwesenheit ihres Mannes mit Banks zu sprechen.
      Während er die North Market Street entlangfuhr, vorbei an den Touristenläden und dem Gemeindezentrum, in dem Sandra arbeitete, hörte Banks die Kassette von Ute Lemper, die Michael Nymans musikalische Adaptionen von Paul Celans Gedichten sang. Eine merkwürdige Musik; es hatte eine gewisse Zeit gedauert, bis er sich daran gewöhnt hatte, doch jetzt liebte er sie über alles und fand, dass sie von einer Art unheimlichen Melancholie erfüllt war.
      Es war ein kühler Tag, grau und windig, und das Laub wirbelte über die Bürgersteige. Aber wenigstens hatte es aufgehört

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