Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
also lauf nicht zu weit weg. Es sieht nicht gut aus, musst du wissen. Du verlierst schnell die Beherrschung, haben wir gehört, und du hattest jeden Grund, sauer auf das Opfer zu sein. Und noch etwas.«
Spinks hob die Augenbrauen. Banks beugte sich nach vorn, legte seine Hände auf den Tisch und senkte seine Stimme. »Wenn ich dich jemals im Umkreis von einem Kilometer von meiner Tochter erwische, dann wirst du glauben, die blutige Nase, die dir Sergeant Hatchley verpasst hat, war ein freundlicher Klaps auf die Schulter. Alles klar?«
* IV
Zu Hause am späteren Abend, nach dem Abendessen, nachdem Tracy hinauf in ihr Zimmer gegangen war, um ihre Hausaufgaben zu machen, hatten Banks und Sandra schließlich ein paar Stunden für sich. Aus den Lautsprechern erklang leise Elgars erste Sinfonie und Banks schenkte sich einen kleinen Laphroaig und Sandra einen Drambuie auf Eis ein. Er würde heute Abend nicht rauchen, nicht zu Hause, beschloss er, obwohl der torfige Geschmack des Scotchs fast nach der Gesellschaft einer Zigarette schrie.
Als Erstes erzählte Banks Sandra von Spinks und seinem Besuch bei Sylvie Harrison.
»Ich denke, der Chief Constable hat die Familie zur Sperrzone erklärt«, entgegnete sie.
»Stimmt.« Banks zuckte mit den Achseln. »Ich bin auch nur mit knapper Not entkommen. Sir Geoffrey kam nach Hause und hat mich dabei erwischt, wie ich mit ihr gesprochen habe. Ein Wort in Jimmy Riddles Ohr und ich bin unten durch. Zum Glück wollte Lady Harrison nicht, dass er erfährt, dass wir über Deborahs Freund gesprochen haben; deshalb hat sie ihm erzählt, ich wäre nur kurz vorbeigekommen, um von den Fortschritten der Ermittlung zu berichten. Dass sie geraucht hatte, hat ihn mehr geärgert als meine Anwesenheit.«
»Dieser Spinks«, sagte Sandra, »das scheint ja ein ganz übler Kerl zu sein. Glaubst du, dass Tracy etwas mit ihm zu tun hatte?«
Banks schüttelte den Kopf. »Er gehörte nur zur Clique. Sie ist zu vernünftig, um sich mit ihm einzulassen.«
»Deborah Harrison war es anscheinend nicht.«
»Wir machen alle Fehler.« Banks stand auf und ging in den Flur.
»Hey, quäl dich nicht«, sagte Sandra mit einem Lächeln. »Rauche eine Zigarette, wenn du willst. Ich hatte einen harten Tag in der Galerie. Vielleicht leiste ich dir sogar Gesellschaft.« Sandra hatte vor einigen Jahren mit dem Rauchen aufgehört; sie schien allerdings hin und wieder eine Zigarette rauchen zu können, ohne wieder ganz damit anzufangen. Banks beneidete sie darum.
Aber wie sich herausstellte, wollte Banks nicht seine Zigaretten holen, sondern das Foto, das Stott und Hatchley bei Owen Pierce gefunden hatten. Aber angesichts der großzügigen Erlaubnis wurde er schwach und zog seine Schachtel Silk Cut aus der Manteltasche.
Nachdem sich beide eine Zigarette angesteckt hatten und während das Adagio der Sinfonie begann, nahm Banks das Foto aus dem Umschlag und reichte es Sandra.
»Was hältst du davon?«, fragte er.
»Sehr hübsch. Aber mit Sicherheit nicht dein Typ. Ihre Brüste sind zu klein für deinen Geschmack.«
»Das habe ich nicht gemeint. Und gegen kleine Brüste habe ich nichts.«
Sandra knuffte ihn mit dem Ellbogen und lächelte. »Ich mache nur Spaß.«
»Meinst du, das habe ich nicht gemerkt? - Aber mal ehrlich, was hältst du davon? Als Fachfrau?«
Sandra runzelte die Stirn. »Das ist nicht sie, oder? Es ist nicht das Mädchen, das ermordet wurde, oder?«
»Nein. Aber siehst du da eine Ähnlichkeit?«
Sandra rutschte zur Seite und hielt das Foto unter die abgedunkelte Lampe. »Ja, ein bisschen. Das Foto in der Zeitung war allerdings nicht besonders gut. Und jugendliche Mädchen sind irgendwie noch etwas unfertig. Wenn sie eine ähnliche Haarfarbe und einen ähnlichen Stil haben und wenn sie ungefähr von gleicher Größe und Figur sind, dann kann man ziemlich schnell eine Übereinstimmung herstellen.«
»Diese hier war anscheinend kein Teenager mehr. Sie war zweiundzwanzig, als das Foto aufgenommen wurde.«
Sandra hob ihre dunklen Augenbrauen. »Könnten wir doch nur alle so viel jünger aussehen, als wir sind.«
»Was hältst du stilistisch davon?«
»Als Fotografie ist es gut. Sehr gut sogar. Eine ausgezeichnete Bildkomposition. Die Pose sieht natürlich aus und das Licht ist meisterhaft gesetzt. Siehst du, wie es diese Mulde unter den Brüsten und die leichte Wölbung des Bauches hervorhebt?
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