Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
Sie auch viel getrunken?«, fragte er.
»Nur ein paar Gläser Wein.«
Banks nickte. »Und was ist dann passiert?«
»Er begann, mich furchtbar zu beschimpfen und mir alle möglichen widerlichen Dinge zu unterstellen, und dann hat er ... er ...«
»Was hat er, Michelle?«
»Sag es, Michelle!« Sie holte tief Luft und rieb sich mit dem Handrücken über ihre Augen. »Er hat versucht, mich mit Gewalt zu nehmen.«
»Er hat versucht, Sie zu vergewaltigen?«
»Ja. Er hat versucht, mich zu vergewaltigen.« Sie weinte nicht, aber ihre Augen glänzten vor Wut.
»War dies das erste Mal, dass er so etwas versucht hat?«
»Natürlich. Glauben Sie, ich wäre auch nur einen Augenblick länger bei jemandem geblieben, der mir so etwas antut?« Obwohl sie nicht aufgegessen hatte, schob sie ihren Teller zur Seite und trank noch etwas Wein.
»Ich kann Ihre Situation nicht beurteilen«, sagte Banks. »Manchmal kommen die Menschen, besonders Frauen, von solchen Beziehungen nicht los. Sie wissen nicht, was sie machen sollen.«
»Ja, kann sein, aber ich nicht. So bin ich nicht. Ich habe lange versucht, ihn zufrieden zu stellen, ihm nachzugeben ... aber es wurde immer schwieriger. Ich war mit meiner Weisheit am Ende. Seine Forderungen wurden mir zu viel. Und das war dann der Gipfel. Besonders fertig gemacht hat mich, wie er mich beschimpft hat und was für schmutzige Sachen er mir unterstellt hat.«
»Also haben Sie sich ihm widersetzt?«
»Ja. Ich fand es furchtbar, dass jemand solche schrecklichen Sachen zu mir sagen konnte, mir solche Scheußlichkeiten an den Kopf werfen konnte und es dann mit mir treiben wollte ... wie die Tiere.«
»Haben Sie sich gewehrt?«
Michelle nickte.
»Und dann?«
»Das ist nicht ganz klar. Ich weiß nur, dass er mich mindestens ein Mal geschlagen hat, dann ist alles dunkel geworden.«
»Er hat Sie geschlagen, nachdem Sie sich geweigert hatten, Sex mit ihm zu haben?«
»Ja. Ich erinnnere mich nur noch, dass ich hingefallen bin und dann bewusstlos war ... ich weiß nicht ... vielleicht nur für ein paar Sekunden.«
»Und was geschah als Nächstes?«
»Ich spürte seine Hände um meinen Hals.«
»Owen hat versucht, Sie zu erwürgen?«
»Ja. Er hatte seine Hände um meinen Hals gelegt und drückte zu.«
»Wie haben Sie ihn abgewehrt?«
»Gar nicht. Mir fehlte die Kraft. Ich muss wieder in Ohnmacht gefallen sein.«
»Und dann?«
»Ich bin aufgewacht. Es war hell, früher Morgen, und ich lag immer noch dort auf dem Boden, wo ich hingefallen war. Ich war ganz steif und mein Kopf tat weh. Meine Sachen waren zerrissen. Ich hatte schreckliche Kopfschmerzen.«
»Wo war Owen?«
»Er lag schlafend im Bett, vielleicht war er auch bewusstlos. Ich habe sein Schnarchen gehört und nachgeschaut.«
»Hat er sich in irgendeiner Weise sexuell an Ihnen vergangen?«
»Ja. Ich glaube, er hatte Sex mit mir.«
»Sie wissen es nicht mit Sicherheit?«
»Nein. Ich war nicht bei Bewusstsein. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er es getan hat.«
»Woher wussten Sie das?«
Sie schaute Banks direkt in die Augen. Trotz der dramatischen Vorgänge, die sie erzählte, verriet ihr Blick keine tiefen Gefühle. Sie wirkte nicht gerade kalt und nüchtern, aber sie war auch nicht übermäßig aufgeregt. Die wenigen verbliebenen Gäste hätten bestimmt nie vermutet, über welche schrecklichen Dinge das Trio am Fenster gerade sprach.
»So etwas weiß eine Frau einfach«, antwortete sie und wandte sich dann an Susan. »Ich war wund ... unten ... verstehen Sie?«
Susan nickte und berührte ihren Arm.
Banks aß seine Pizza auf und schaute sich danach um, ob jemand rauchte. Tatsächlich taten das ein oder zwei Gäste. Im Restaurant war es ruhig geworden, und als Banks einen Kellner wegen eines Aschenbechers herbeiwinkte, bekam er sogar einen.
»Was haben Sie als Nächstes getan?«, fragte Banks Michelle.
»Ich habe die paar Sachen zusammengepackt, die ich hatte, und bin gegangen.«
»Wohin?«
»Ich bin einfach umhergelaufen. Ich wusste nicht, wohin. Wenigstens war Sommer. Und es regnete nicht. Ich weiß noch, dass ich in einem Park in der Sonne geschlafen habe.«
»Und in der Nacht?«
»Ich habe versucht, im Bahnhof zu schlafen, aber die Polizei hat mich immer wieder verjagt. Dann habe ich mich in Ladeneingänge gesetzt, irgendwo, wo ich
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