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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Während die beiden in enger Vertrautheit sprachen und tranken, saß Owen geschützt hinter einer Milchglastrennwand und beobachtete ihre Schatten. Als der Pub schloss, folgte er ihnen zu einem Haus, das nicht weit von seinem eigenen entfernt war, und beobachtete von draußen, wie das Licht im Schlafzimmer anging, dann die Vorhänge geschlossen wurden und jemand das Licht wieder ausmachte.
      Er kehrte nach Hause zurück, lief unruhig umher und trank Whisky, bis Michelle nach halb drei Uhr am Morgen heimkam. Anstatt sie sofort mit seiner Entdeckung zu konfrontieren, machte er sexuelle Annäherungsversuche, um zu sehen, wie sie reagierte.
      Sie schubste ihn weg und behauptete, zu müde zu sein, weil ihr ihre Freundin den ganzen Abend ihr Leid geklagt hätte. Er konnte den anderen Mann an ihr riechen, ihre Kleider und ihr Haar rochen nach abgestandenem Bier und Qualm und dieser Kneipengestank vermischte sich mit dem Sexgeruch. Sie hatte nicht einmal den Anstand besessen, sich danach zu duschen.
      Dann erzählte er ihr, was er gesehen hatte, was er beobachtet hatte. Sie rastete aus, ging auf ihn los und schrie, dass sie nicht sein Eigentum wäre und dass sie, da er schlecht im Bett wäre, das verdammte Recht hätte, sich jemanden zu suchen, der gut sei. Es war, als würde man beobachten, wie sich ein Fremder aus der Hülle des Menschen schälte, den man zu kennen glaubte.
      Er beschimpfte sie als Schlampe, als Hure, sagte, dass er wüsste, wie sie ihn schon die ganze Zeit betrogen hätte, in der sie zusammen waren, dass sie ihn nur benutzt und nie wirklich geliebt hätte. Einen Moment lang hielt sie in ihrem Angriff inne und ein anderer Blick trat in ihre Augen: kalt und hasserfüllt. Sie nahm eine Schere vom Tisch und stürzte sich auf ihn. Er packte ihren Arm und verdrehte ihn, bis sie die Schere fallen ließ.
      Dann ging sie wieder auf ihn los, trat, kratzte und schlug wild um sich. Er hielt die Hände vor sein Gesicht, um die Schläge abzuwehren, und versuchte, sie zu beruhigen. Aber sie hörte nicht mehr auf. Um sich wenigstens ein wenig Platz zu verschaffen, schubste er sie schließlich aus Verzweiflung weg und da fiel sie hintenüber und stieß mit den Kopf gegen ein Stuhlbein.
      Er versuchte das alles, so ruhig er konnte, Shirley Castle zu erzählen. Er wusste, dass es ohne den ganzen Hintergrund der Beziehung, von der anfänglichen Ahnungslosigkeit bis zur bitteren Erkenntnis, dass alles eine Lüge gewesen war, ziemlich dürftig klingen musste.
      Was er ihr allerdings nicht erzählen konnte, was er sich kaum selbst einzugestehen traute, war, dass er Michelle, nachdem sie auf den Boden gefallen war und mit ausgebreiteten Armen und übereinander geschlagenen Beinen vor ihm lag, begehrt hatte. Obwohl er sie verabscheute, hatte er an ihren Kleidern gezerrt, aber dann, halb verrückt vor Eifersucht und Hass, seine Hände um ihren Hals gelegt, um sie für das zu erwürgen, was sie ihm angetan hatte, dafür, dass sie zerstört und entweiht hatte, was er für seine große Liebe gehalten hatte. Er hasste sich selbst dafür, dass er sie begehrte, und er hasste sie, weil sie das Begehren in ihm auslöste.
      In diesem Moment kehrte sich die ganze Kraft seiner Liebe in Hass um und überwältigte ihn. Und er wusste, dass ihre Worte, ihre Gesten, ihr Liebesspiel, ihre Versprechungen, dass alles eine Lüge gewesen war. Aber er ließ von ihr ab, er konnte sie nicht töten. Er stand auf und ging mit wackligen Beinen zum Bett, wo er zusammenbrach. Sie atmete noch, es war kein Blut geflossen, er hatte sie nicht vergewaltigt.
      Am Morgen fand er sie über ihre Beule klagend im Gästezimmer. Sie versuchte, sich an ihn heranzumachen, beteuerte, alles zu tun, was er wollte - alles -, und begann, sich unter der dünnen Decke zu rekeln. Früher hatte das immer funktioniert, aber dieses Mal hatte Owen mehr als genug.
      Er wusste, dass er für immer seine Selbstachtung verlieren würde, wenn er sich wieder auf sie einließ, wenn er auch nur einen Tag länger mit ihr zusammenleben würde. Als er sie bat zu gehen, schrie und bettelte sie, doch er warf sie mit nur einem Koffer hinaus. Er hörte nichts mehr von ihr, bis ein Brief mit einer Adresse in Swiss Cottage ankam, in dem sie verlangte, dass er ihr den Rest ihrer Sachen schicken sollte. Das tat er.
      Nach seiner Erzählung schwieg Shirley Castle eine Weile. Owen konnte ihren Blick nicht einschätzen. Er wusste nicht, ob sie ihm glaubte oder

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