Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
Risiko aussetzen.«
Gristhorpe schüttelte langsam den Kopf. »Das ergibt für mich keinen Sinn, Mark. Sie sehen wie ein kräftiger Bursche aus. Warum sind Sie nicht dageblieben und haben gemeinsam mit Jason gekämpft und ihn ein bisschen unterstützt?«
»Wie gesagt, ich habe an Sheri und Connor gedacht. Ich meine, wie würden die beiden ohne mich klarkommen, wenn ich verletzt worden und ins Krankenhaus gekommen wäre?«
»Wahrscheinlich genauso, wie die beiden ohne Sie klarkommen müssen, wenn Sie ins Gefängnis gehen«, sagte Gristhorpe. »Sie wollen mir weismachen, dass Sie aus Sorge um Ihre Familie weggelaufen sind?«
Woods Gesicht wurde rot. »Ich behaupte nicht, dass ich sofort daran gedacht habe. Das war instinktiv. Welche Wahl hatte ich denn? Und wie gesagt, ich dachte, Jason wäre gleich hinter mir. Es waren drei gegen zwei.«
»Nachdem Sie abgehauen sind, waren es drei gegen einen, Mark. Welche Chance hatte Jason allein? Zu zweit hätten Sie es mit den dreien leicht aufnehmen können. Ich hätte mein Geld auf Sie gesetzt.«
Wood schüttelte den Kopf.
»Wollen Sie mir erzählen, dass Sie ein Feigling sind, Mark? So ein kräftig aussehender Kerl wie Sie? Ich wette, Sie stemmen Gewichte, oder? Aber kaum kommt es mal drauf an, da hauen Sie ab und lassen Ihren Kumpel einsam und hilflos sterben.«
»Würden Sie mal damit aufhören?« Wood beugte sich vor und knallte seine Faust auf den Metalltisch. »Der Punkt ist, dass ich nichts getan habe. Es geht nicht darum, ob ich weggelaufen bin. Oder warum ich weggelaufen bin. Es geht nur darum, dass ich Jason nicht getötet habe!«
»Beruhigen Sie sich, Mark.« Gristhorpe hob beschwichtigend seine Hand. »Sie haben Recht. Theoretisch, jedenfalls.«
»Was soll das heißen, theoretisch?«
»Nun, wenn das, was Sie uns erzählt haben, endlich die Wahrheit ist...«
»Ist es.«
»... dann haben Sie Jason nicht im gesetzlichen, kriminologischen Sinn des Wortes getötet. Aber ich würde sagen, dass Sie moralisch verantwortlich sind, oder? Sie hätten ihn retten können, Sie haben es aber nicht einmal versucht.«
»Ich habe gesagt, Sie sollen damit aufhören. Sie können nicht beweisen, dass es etwas gebracht hätte, wenn ich dageblieben wäre. Vielleicht wäre ich auch getötet worden. Hätte davon jemand etwas gehabt? Ich scheiße auf die Moral. Sie können mich wegen nichts anklagen.«
»Wie wäre es mit Verlassen des Tatortes?«
»Das ist Schwachsinn, das wissen Sie genau.«
»Vielleicht«, gab Gristhorpe zu. »Nichtsdestotrotz, Ihren Kumpel so im Stich zu lassen ... Damit werden Sie für immer leben müssen, nicht wahr, Mark?«
Gristhorpe ging zur Tür und bat die zwei uniformierten Beamten, hereinzukommen und Wood zurück in seine Zelle zu bringen; dann nahmen er und Susan ihren Kaffee, verließen das stickige Verhörzimmer und gingen hoch in Gristhorpes Büro. Dort, auf einem bequemen Stuhl, mit genug Platz und frischer Luft, konnte sich Susan wieder entspannen.
»Was halten Sie von seiner Geschichte?«, fragte Gristhorpe.
Susan schüttelte den Kopf. »Er hat schon was von einem Chamäleon, oder? Ich weiß nicht so recht, was ich von ihm halten soll. Aber eines kann ich Ihnen sagen, Sir: Ich glaube, ich habe ihn bei mindestens einer weiteren Lüge erwischt.«
Gristhorpe hob seine buschigen Augenbrauen. »Ach, ja? Und bei welcher?«
»Mark hat uns gesagt, dass ihn Jason, nachdem die beiden das Jubilee verlassen haben, nach Hause auf einen Drink eingeladen und ihm sogar angeboten hat, bei ihm zu übernachten. Das hätte Jason niemals getan. Seine Eltern haben ausdrücklich gesagt, dass er nie Freunde mit zu ihnen nach Hause gebracht hat.«
»Hmmm. Vielleicht sind sie diejenigen, die gelogen haben?«
»Das glaube ich nicht, Sir. Warum sollten sie? Jason hat doch die meiste Zeit in Leeds verbracht. Er kam nur manchmal an den Wochenenden nach Hause, vor allem, um für United Fußball zu spielen, kurz bei seinen Eltern zu sein, sich seine Wäsche waschen zu lassen und vielleicht seinen Großvater zu besuchen. Er hat keinem von ihnen gesagt, was er in Leeds macht. Es ist ziemlich verständlich, dass er weder von Neville Motcombe erzählen wollte noch Lust hatte zu erklären, warum er in der Plastikfabrik gefeuert worden war. Und deshalb konnte er auch die Computerfirma nicht erwähnen. Er hätte ganz einfach lügen und ihnen erzählen können, dass er die
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