Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
Fabrik aus freien Stücken wegen einer besseren Chance verlassen hat, aber das hat er nicht getan. Ich nehme an, er wollte sich der Frage nicht stellen. Alle weiteren Lügen waren dann eine Folge davon. Wer weiß, was Mark in Gegenwart von Jasons Eltern herausgerutscht wäre.« Sie schüttelte den Kopf. »Wenn nicht Mr. und Mrs. Fox lügen, was ich bezweifle, dann ist es höchst unwahrscheinlich, dass Jason plötzlich aus einer Laune heraus einen seiner Kumpels aus Leeds in sein Elternhaus mitnehmen wollte. Und dann ist da noch etwas. Jason hatte bei seinen Eltern überhaupt nichts zu trinken gehabt. Nach allem, was wir bisher gehört haben, hat er so gut wie nie getrunken.«
»Vielleicht wollte er Mark den Scotch seines Vaters anbieten?«
»Das ist möglich, Sir«, erwiderte Susan. »Aber wie gesagt, ich bezweifle es.«
»Und vielleicht nahm er es nicht ganz so streng, wenn sein Kumpel zu viel getrunken hatte und irgendwo seinen Rausch ausschlafen musste. Das könnte auch erklären, warum Mark von der Market Street zu Jasons Elternhaus nicht mit dem Wagen gefahren ist.«
»Auch das ist möglich, Sir«, sagte Susan.
»Aber Sie sind nicht überzeugt. Glauben Sie, dass er es getan hat?«
»Ich weiß es nicht, Sir. Ich glaube einfach seine Geschichte nicht.«
»Sagen wir lieber Geschichten. In Ordnung, ich werde mir Ihre Vorbehalte merken. Ich kann auch nicht gerade behaupten, dass mir seine Geschichten besonders gefallen.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Wie auch immer, wir kümmern uns jetzt besser um die erneute Vorladung von George Mahmood und seinen Freunden.«
»Obwohl der forensische Beweis Georges Aussage unterstützt?«
»Trotzdem.«
»Das wird Chief Constable Riddle nicht gefallen, Sir.«
»So wie ich das sehe, Susan, haben wir keine andere Wahl. Mark Wood sagt, er hat gesehen, dass drei Asiaten Jason Fox angegriffen haben. Solange wir nicht beweisen können, dass er lügt, spielt es keine Rolle, was wir denken. Wir müssen sie vorladen.«
Susan nickte. »Ich weiß, Sir.«
»Und rufen Sie noch einmal im Labor an. Bitten Sie die Kollegen, etwas Dampf zu machen. Ich wäre im Moment schon zufrieden, wenn sie uns nur erzählen können, dass sie menschliches Blut auf der Kleidung gefunden haben. Denn wenn wir nicht bald etwas in der Hand haben, wird Mark Wood in weniger als einer Stunde hier herausspazieren, obwohl mich noch kein Wort zufrieden gestellt hat, das er uns erzählt hat.«
* II
Banks schaffte es gerade noch kurz vor neun Uhr hinunter in den Frühstückssaal, wofür er sich einen eisigen Blick von der korpulenten Kellnerin einhandelte. Zuerst schenkte er sich an einem Tisch am Fenster Kaffee ein, dann nahm er Platz und schaute sich um. Über dem mit einer Spitzengardine verhängten Fenster prangte ein großes Nichtraucherschild.
Während er den starken schwarzen Kaffee trank und wartete, beschäftigte er sich mit dem Kreuzworträtsel der gestrigen Ausgabe der Yorkshire Post. Schließlich kehrte die Kellnerin zurück und stellte mit einem mürrischen Blick ein Glas Orangensaft und einen Teller vor ihm ab. Auf dem Teller lagen ein paar Scheiben kalter Schinken, ein Stück Edamerkäse, ein hart gekochtes Ei, ein paar Brötchen und etwas Butter. Das niederländische Frühstück. Banks griff zu.
Er war froh, nur einen recht erträglichen Kater zu haben. Der leichte Schmerz hinter seinen Augen war mühelos mit der Hilfe von zwei extrastarken Paracetamol aus seiner Reiseapotheke bezwungen worden, und er vermutete, dass das geringfügige Gefühl der Orientierungslosigkeit, das er verspürte, eher immer noch etwas mit seinem Aufenthalt in einer fremden Stadt zu tun hatte als mit den Nachwirkungen des Alkohols. Doch aus welchem Grund auch immer, er fühlte sich gut. Jedenfalls körperlich.
Erst als er den Rest seines Kaffees austrank, wurde ihm bewusst, dass er am letzten Abend überhaupt nicht an seine häuslichen Probleme gedacht hatte. Selbst jetzt, im Lichte des Morgens, kam ihm alles äußerst entfernt und schemenhaft vor. Er konnte kaum glauben, dass Sandra wirklich gegangen war. Lag es daran, dass er nicht dort war, um das Kind in den Brunnen fallen zu sehen, oder war es ein Umgang mit der Trauer, den die Psychologen Leugnung der Tatsachen nannten? Vielleicht sollte er seine Freundin, die Psychologin Jenny Füller, fragen, wenn sie aus Amerika zurückkam.
War er jetzt, wo Sandra ihn tatsächlich verlassen
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