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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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nie, wo er sich aufgehalten hatte oder warum, aber ich vermutete, dass er Geschäfte auf dem Schwarzmarkt in Leeds machte. Ich glaube, ich mochte ihn gern, auch wenn er so jung wirkte. Ich wäre sogar vielleicht mit ihm gegangen, wenn er mich gefragt hätte. Tat er aber nie, und ich traute mich nicht, ihn zu fragen. Wir waren immer nur in der Gruppe zusammen. Außerdem wusste ich, dass er Gloria bevorzugte.
      Billy Joe hatte auch noch andere Vorzüge. Eigentlich war er ein Flugzeugmechaniker, aber er konnte alles reparieren, was Räder hatte. Das war sehr nützlich, als unser kleiner Lieferwagen eines Tages seinen Geist aufgab. Billy Joe kam abends vorbei, PX und ein paar andere im Schlepptau, reparierte das Auto in null Komma nichts, und anschließend holte die ganze Bagage Gloria ab und ging auf ein Glas ins Shoulder of Multon. An jenem Abend geschah etwas Denkwürdiges, das mein Bild von Billy Joe eine ganze Weile trübte.
      Sie waren die einzigen Amerikaner im Pub und wir die einzigen Frauen. Das sorgte nicht nur für viele argwöhnische, missbilligende Blicke, selbst von Leuten, die ich schon seit Jahren kannte und im Laden bediente, sondern auch für ein paar laute spitze Bemerkungen. Die meisten Männer dort waren entweder zu alt für den Krieg oder aus Gesundheitsgründen untauglich. Einige arbeiteten auch in zurückgestellten Berufen.
      »Das stell man sich mal vor, Bert«, sagte ein Dorfbewohner, als wir die ersten Getränke kauften. »Unsere Jungs kämpfen drüben gegen die Nazis und die verfluchten Amis hier scharwenzeln um unsere Frauen herum wie notgeile Kater.«
      Wir ignorierten sie, suchten einen ruhigen Tisch in der Ecke und blieben unter uns.
      Als die nächste Runde fällig war, ging Billy Joe zur Theke. Er trank das wässrige Bier, deshalb hatte ich ihm schon vorher gesagt, er solle auf sein Glas achten, denn Gläser waren knapp. Viele Dorfbewohner brachten ihr eigenes Glas mit, manche nahmen sogar Marmeladengläser, und wenn man am frühen Abend eins ergatterte, durfte man es den Rest der Nacht nicht mehr aus den Augen lassen. Als Billy Joe an unseren Tisch zurückkam, rief ein strammer Bauernbursche, der nicht einberufen worden war - was, glaube ich, mit einer Allergie gegen Dosennahrung zu tun hatte -, ihm hinterher: »Hey, Yankee! Du hast mein Glas genommen!«
      Billy Joe wollte ihn ignorieren, aber der Mann, er hieß Seth, hatte genug getrunken, um sich stark zu fühlen. Er kam herangestolpert und baute sich hinter Billy Joe auf. Es wurde still.
      »Ich hab gesagt, dass ist mein Glas, wo du dein Bier drin hast, Yankee!«
      Billy Joe stellte das Tablett auf den Tisch, sah das Bierglas an und zuckte mit den Schultern. »Da trink ich schon den ganzen Abend draus, Sir«, sagte er mit seinem schleppenden Südstaatenakzent.
      »Da trink ich schon den ganzen Abend draus, Sir«, versuchte ihn Seth nachzuäffen, aber es hörte sich komisch an. »Tja, das ist aber meins, Junge.«
      Billy Joe nahm sein Glas in die Hand, drehte sich langsam zu Seth um und schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht, Sir.«
      Seth schob das Kinn vor. »Ich aber umso mehr. Los, gib's mir zurück!«
      »Ganz bestimmt, Sir?«
      »Klar, Yankee!«
      Billy Joe nickte auf seine langsame Art, dann goss er Seth das Bier auf die Schuhe und hielt ihm das Glas hin. »Das Glas können Sie haben«, sagte er. »Aber das Bier gehört mir. Hab ich für bezahlt. Im Übrigen bin ich kein Yankee, Sir.«
      Inzwischen lachten selbst schon Seths Freunde. Es war ein Moment, in dem alles in der Schwebe ist und schon die kleinste Bewegung in die falsche Richtung alles zusammenfallen lassen kann. Ich spürte, wie mein Herz raste.
      Seth machte eine falsche Bewegung. Er trat einen Schritt zurück und hob die Faust. Billy Joe mochte diese übertrieben bedächtige Art haben, aber seine Schnelligkeit erstaunte mich. Bevor jemand wusste, was passiert war, hörte man Glas zerbrechen, und Seth kniete auf dem Boden, schrie, hielt sich die Hände vors Gesicht, Blut strömte zwischen seinen Fingern hervor.
      »Ich bin kein Yankee, Sir«, wiederholte Billy Joe. Dann wandte er sich ab und setzte sich. Die Stimmung war dahin, niemand wollte mehr etwas trinken, und kurz darauf verließen wir die Kneipe.
     
    ***
     
    Gegen ein Uhr stand Vivian Elmsley auf, knipste die Nachttischlampe an und griff zu einer Schlaftablette. Sie nahm sie nicht gern, sie mochte es nicht, wenn ihr am Morgen danach so schummrig im

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