Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
Treppe, rauchten und tranken Carlsberg Special Brew. Eine massige Frau saß neben ihnen auf einem winzigen Stuhl, Hüften und Oberschenkel quollen über die Sitzfläche. Sie sah aus, als wäre sie die Mutter der beiden. Beide Männer waren bis zur Hüfte nackt, ihre Haut war trotz der Sonne bleich wie Speck; die Frau trug ein Bikinioberteil und grellrosa Shorts. Alle drei verfolgten Banks und Annie mit ihren schmalen Schweinsäuglein, doch keiner sagte etwas.
BankS klopfte an die Tür. Drinnen knurrte ein Hund.
Die Nachbarn lachten. Schließlich wurde die Tür aufgerissen, und ein junger Glatzkopf in einem roten T-Shirt und zerschlissener Jeans schob seinen Kopf um die Ecke, dabei hielt er einen bellenden Hund an einem mit Nägeln beschlagenen Halsband fest. Banks glaubte, er habe es mit einem Rottweiler zu tun.
Er schluckte und machte ein paar Schritte zurück. Normalerweise hatte er keine Angst vor Hunden, aber dieser hatte ein wirklich gemein aussehendes Gebiss. Vielleicht hatte Annie doch Recht gehabt. Was sollten sie hier schon finden, nach fast fünfzig Jahren?
»Scheiße, wer seid ihr denn? Was wollt ihr hier?«, fragte der Glatzkopf. Die Sehnen an seinem Hals traten hervor. Er konnte nicht älter als achtzehn oder neunzehn sein. Banks glaubte, hinter der Musik irgendwo im Haus ein Baby schreien zu hören.
»Sind deine Eltern zu Hause?«, fragte Banks.
Er lachte. »Denke schon«, antwortete er. »Die gehen ja nie raus. Aber da hast du 'ne schön lange Fahrt vor dir. Die wohnen nämlich in Nottingham.«
»Also wohnst du hier?«
»Na klar, blöde Frage. Mensch, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.« Der Hund zerrte noch immer am Halsband, Geifer tropfte ihm aus der Schnauze, aber er war jetzt stiller geworden und schien sich zu beruhigen, knurrte nur noch, anstatt zu bellen und zu schnappen.
»Ich hätte ein paar Fragen«, sagte Banks.
»Worüber?«
»Können wir nicht reinkommen?«
»Das soll wohl ein Witz sein, Junge. Nur ein Schritt über die Türschwelle, und Gazza hier sorgt dafür, dass du im Kirchenchor Sopran singst.«
Banks sah Gazza an. Er glaubte es gern. Er wägte seine Möglichkeiten ab. Den Tierschutz rufen? Oder den Tierfänger? »Na gut«, sagte er. »Dann sagst du uns vielleicht hier draußen, was wir wissen wollen.«
»Kommt drauf an.«
»Ich interessiere mich für das Haus.«
Der Junge beäugte Annie von oben bis unten und sah dann wieder Banks an. »Ihr sucht ein Haus? Ich hätte gedacht, dass ihr euch ein bisschen was Schickeres leisten könnt als dieses Loch hier.«
»Nein, ein Haus wollen wir eigentlich nicht kaufen.«
»Wer ist da, Kev?«, rief eine Frauenstimme von innen.
Kev drehte sich um und schrie zurück: »Kümmer dich um deinen eigenen Dreck, dämliche Scheißkuh! Sonst kannst du dein Essen nächste Woche durch 'nen Strohhalm saugen!«
Banks merkte, wie Annie neben ihm den Rücken durchdrückte. Er berührte sie leicht am Unterarm. Das Trio nebenan grölte. Der Junge schob den Kopf noch weiter aus der Tür, damit die Nachbarn ihn sehen konnten, und grinste ihnen selbstzufrieden zu. Er hielt ihnen den ausgestreckten Daumen entgegen.
»Wie lange wohnst du schon hier?«, fragte Banks.
»Zwei Jahre. Was geht dich das an?«
»Ich interessiere mich für etwas, was hier vor fünfzig Jahren passiert ist. Ein Selbstmord.«
»Selbstmord? Vor fünfzig Jahren? Hey, das hier ist ein Geisterhaus?« Er streckte wieder den Kopf aus der Tür, um mit den Nachbarn zu sprechen. »Habt ihr das gehört, Leute? Diese Hütte hier ist ein Geisterhaus! Vielleicht nehmen wir jetzt Eintritt wie die in ihren Schlössern.«
Alle lachten, Banks auch.
Der Junge schien sich so über die Reaktion seines Publikums zu freuen, dass er seinen Spruch wiederholte. Dann ließ er den Hund los, der Banks und Annie einen kurzen uninteressierten Blick zuwarf und sich nach hinten schlich, zweifelsohne zu einem Napf mit Futter. Vielleicht war es ja doch kein Rottweiler. Banks kannte sich mit Hunden ungefähr so gut aus wie mit Wildblumen, Sternbildern und Bäumen. Mit der ganzen Natur, wenn er ehrlich war. Aber das würde jetzt besser werden, da er das Cottage am Waldrand besaß. Er hatte schon einige Vogelarten kennen gelernt - Kleiber, Heckenbraunellen und Blaumeisen - und hatte schon öfter einen Specht gegen einen Eschenstamm klopfen hören.
»Weißt du, wer hier früher gewohnt hat?«,
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