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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Kopf war, aber es wurde langsam albern. Angeblich brauchten alte Menschen nicht mehr so viel Schlaf, aber sich die ganze Nacht herumzudrehen und zu wälzen und sich dabei vorzustellen, wie jemand am Fenster kratzte oder an der Tür klopfte, laugte sie einfach aus. Wahrscheinlich war es nur der Wind, sagte sie sich, als sie das Licht ausschaltete und den Kopf wieder aufs Kissen legte.
      Aber es war nicht windig.
      Langsam schlich sich der chemische Schlaf in ihre Blutbahn. Sie fühlte sich träge, die Glieder lagen schwer wie Blei auf der Matratze. Bald schwebte sie auf der Schwelle zwischen Schlafen und Wachen, wo Gedanken die Gestalt von Träumen annehmen und ein Bild, das man bewusst vor sein inneres Auge ruft, plötzlich vom Unterbewusstsein zu Improvisationszwecken entführt wird, so wie die Variation eines musikalischen Themas.
      Zuerst dachte sie an Glorias geneigten Kopf, der auf dem Bildschirm erschienen war, dieser Ausschnitt von Stanhopes Gemälde, auf dem Gloria wie eine Comicfigur ausgesehen hatte.
      Dann begann die Comic-Gloria über einen Abend in Rio de Janeiro zu sprechen, an dem Vivian auf einer Cocktailparty in einem großen Hotel zu viel getrunken hatte und - das einzige Mal - sexuellen Avancen nachgegeben hatte, sich eine geflüsterte Zimmernummer gemerkt und gewartet hatte, bis Ronald fest schlief, und dann aus dem Zimmer geschlichen war.
      Der Monolog der Comic-Gloria wurde mit Eindrücken jener Nacht unterlegt, die wie die Bilder in einem alten Mutoskop ruckartig vorbeihuschten.
      Vivian hatte schon immer wissen wollen, wie es war. Sie machten es nur einmal. Ihre Partnerin war eine sanfte, empfindsame Frau von der französischen Botschaft, die darauf Rücksicht nahm, dass es für Vivian das erste Mal war, aber schließlich enttäuscht aufgab, weil sich Vivian nicht hingeben konnte. Es lag nicht daran, dass sie es nicht gewollt hatte, dachte Vivian. Beim Sex mit einem Mann konnte sie sich nicht fallen lassen, daher hatte sie gehofft, es gelänge ihr bei den Zärtlichkeiten einer anderen Frau, dass sie dort die Glückseligkeit erreichte, von der die Poeten schrieben und für die Menschen zu allem bereit waren.
      Aber sie konnte es nicht. Nichts passierte.
      Schließlich zog sie ihren Bademantel über und eilte gedemütigt zurück in ihr Zimmer. Ronald schnarchte noch immer vor sich hin. Sie lag in ihrem Bett und starrte an die dunkle Decke, Tränen in den Augen, ein dumpfer Schmerz in den Lenden.
      Als die Comic-Gloria von Vivians missglücktem Versuch eines Seitensprungs erzählte, kam es ihr vor, als entfernte sich die Fernsehkamera von ihr, so dass der Rest von Gloria ins Bild kam und ihr Körper zu sehen war, und schnell merkte Vivian, dass Gloria kein rotes Kleid trug, sondern mit Blut bedeckt war, das aus tiefen Fleischwunden sickerte.
      Dennoch erzählte sie weiter.
      Erzählte von etwas, das Jahre nach ihrem Tod geschehen war.
      Vivian wollte es nicht mehr sehen, aber sie fühlte sich, als ob sie vom Gewicht ihres eigenen Blutes niedergedrückt würde, als ziehe sie ein Anker tief in Dunkelheit und Schrecken. Zu schwer.
      Sie bemühte sich aufzuwachen, und als es ihr gelang, klingelte das Telefon. Plötzlich wurden die Ketten gesprengt, und sie schoss hoch, schnappte nach Luft, als ob sie kurz vor dem Ertrinken gewesen wäre.
      Ohne nachzudenken griff sie nach dem Hörer. Eine Rettungsleine.
      Nach kurzer Pause flüsterte eine monotone Stimme: »Gwen. Gwen Shackleton.«
      »Lassen Sie mich in Ruhe!«, murmelte sie, ihre Zunge war dick und belegt.
      Die Stimme lachte. »Bald, Gwen«, sagte der Mann. »Bald.«
     
     

* 11
     
    Banks und Annie fuhren vom Revier in Millgarth in die Siedlung. Als Annie Banks fragte, warum er immer fahren wolle, wusste er keine Antwort. Gefahren zu werden gehörte zu den Vorrechten seines Dienstgrades, auf die er nie großen Wert gelegt hatte. Zum Teil lag es daran, dass er lieber sein eigenes Auto fuhr als einen der Dienstwagen, denn er hatte keine Lust, sich mit den Zigarettenstummeln der Kollegen im Aschenbecher, mit Schokoladenpapier, gebrauchten Taschentüchern und sonstigem Müll auf dem Boden herumzuschlagen, von lauernden Bakterien und Gerüchen ganz zu schweigen. Doch in erster Linie wollte er die Kontrolle haben, wollte selbst die Füße auf den Pedalen und die Hände am Lenkrad haben.
      Und er wollte die Macht über die Musik haben. Es hatte Sandra immer geärgert, dass er einfach eine CD

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