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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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allein lassen wollte.
      Cynthia Garmen versicherte mir, sie würde nach Mutter und dem Laden sehen, solange wir fort waren. Sie sagte, Norma Prentice schulde ihr noch einen Arbeitstag bei der Truppenbetreuung, da sie in der vergangenen Woche einmal auf deren Kind aufgepasst habe, deshalb sei das wohl kein Problem. Mutter erbot sich, unsere Fahrkarten zu bezahlen, und gab Gloria einige ihrer Bezugsscheine für Kleidung, falls wir Zeit haben sollten, uns in den großen Geschäften umzusehen. Obwohl Gloria sie dankbar entgegennahm, waren Kleider das Letzte, was sie im Kopf hatte.
     
    ***
     
    Es war ungefähr zehn Uhr, als Banks mit seinem Auto die Hügelkuppe überwand und Edinburgh in seiner verschwommenen Herrlichkeit in der Ferne erblickte: die stufenförmig angelegten Mietblöcke, der dunkle gotische Spitzturm des Sir-Walter-Scott-Denkmals, das wie eine Rakete von einem fremden Stern aussah, der Buckel von Arthur's Seat, das Schloss auf dem Fels, das schimmernde Meer dahinter.
      Abgesehen von ein oder zwei dienstlichen Besuchen war Banks schon seit Jahren nicht mehr dort gewesen, fiel ihm auf, als er zu »Tupelo Honey« von Van Morrison abwärts rollte. Als Student war er ziemlich oft am Wochenende oder in den Ferien hochgefahren, um Freunde zu besuchen. Einmal hatte er sogar eine Freundin gehabt, eine junge Schönheit mit kohlrabenschwarzem Haar namens Alison, die unten in der St. Stephen Street wohnte. Aber wie es bei solchen Beziehungen auf Distanz häufig vorkommt, siegt »Aus den Augen, aus dem Sinn« an den Wochentagen über »Abstand hält die Liebe jung«; und bei einem seiner Besuche tauchte sie einfach mit jemand anderem im Pub auf. Wie gewonnen, so zerronnen. Aber zu der Zeit hatte er eh bereits einen Blick auf eine andere Frau namens Jo geworfen.
      Banks versuchte sich zu erinnern, ob er Jem jemals mit nach Edinburgh genommen hatte, doch wollte ihm einfach keine Situation einfallen, in der er Jem außerhalb seines Zimmers gesehen hatte, obschon er aus dem Haus gegangen sein musste, um Essen, Platten und Dope zu kaufen und sich die Stütze abzuholen. Banks hatte ihn noch nicht einmal draußen im Flur gesichtet. Von Zeit zu Zeit sah er Menschen vorbeikommen, Fremde, manchmal zu nachtschlafender Zeit, doch hatte Jem nie von irgendwelchen Freunden gesprochen.
      Banks' Tage in Edinburgh lagen in der Ära vor Trainspotting, und als er vom Hügel in die geschlossene Ortschaft mit ihren dunklen Steinen, Kreisverkehren und Ampeln, Einkaufsparadiesen und Zebrastreifen herunterkam, wirkte die Stadt nicht sonderlich romantisch. Ohne große Probleme kam er durch Dalkeith, aber kurz danach machte er einen kleinen Fehler und landete auf einer Schnellstraße nach Glasgow, von der er erst nach fünf Kilometern abbiegen konnte.
      Elizabeth Goodall lebte in einer Nebenstraße der Dalkeith Road, nicht weit vom Stadtzentrum entfernt. Am vergangenen Abend hatte sie ihm am Telefon eine präzise Anfahrtsbeschreibung durchgegeben, so dass er sich nur wenige Male verfuhr, bis er die schmale Straße mit den hohen Mietshäusern fand.
      Mrs. Goodall wohnte im Erdgeschoss. Sie öffnete unverzüglich auf Banks' Klingeln und führte ihn in ein Wohnzimmer mit hoher Decke, das nach Lavendel und Minze roch. Alle Fenster waren fest geschlossen, nicht der geringste Hauch bewegte die warme, parfümierte Luft. Nur ein wenig Tageslicht stahl sich ins Zimmer. Die Tapete hatte ein Muster aus Rosmarin- und Thymianzweigen. Dazu Petersilie und Salbei, soweit Banks erkennen konnte. Mrs. Goodall bot ihm an, in einem stattlichen Damastsessel Platz zu nehmen. Wie alle Sessel im Zimmer waren seine Arm- und Rückenlehnen mit weißen Sesselschonern aus Spitze bezogen.
      »Sie haben also gut hergefunden?«, fragte sie.
      »Ja«, log Banks. »Ohne Probleme.«
      »Ich selbst fahre ja kein Automobil«, sagte sie mit einer Spur ihres alten Yorkshire-Akzents. »Ich bin auf Bus und Bahn angewiesen, wenn ich vor die Tür gehe, was heutzutage nicht mehr allzu oft vorkommt.« Sie rieb ihre kleinen, runzligen Hände. »Nun, schön, jetzt sind Sie da. Tee?«
      »Gerne.«
      Sie verschwand in der Küche. Banks sah sich um. Der Raum war irgendwie nichtssagend: sauber und aufgeräumt, aber ohne jede Atmosphäre. Einige gerahmte Bilder standen auf dem Sideboard, aber keines zeigte Hobb's End. In einer Glasvitrine befand sich allerlei Nippes, darunter auch Pokale, Silber und Kristall. Eine große Versuchung für Einbrecher, dachte Banks:

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