Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
genug, auf sich selbst aufzupassen. Und sie ist eine Unruhestifterin. Ich weiß, sie ist meine Tochter, und ich will nicht lieblos klingen, aber ... Na ja, Sie sehen selbst, was nach nur sechs Monaten passiert ist. Die Tätowierung, diese Fotos ... Sie kümmert sich nie um die Gefühle anderer. Ich kann mir gut vorstellen, in welchem Chaos das Leben hier versinken würde, wenn wir auch noch mit all ihren Problemen fertig werden müssten.«
»Auch noch?«
»Ach nichts. Es spielt keine Rolle.«
»Gibt es sonst noch was, das ich wissen sollte?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Alles, was Sie mir nicht sagen.«
»Nein. Warum sollte es?«
Aber da war etwas, das spürte Banks, erkannte es an der Art, wie sich Rosalind beim Sprechen von ihm abwandte. Es konnten Familienprobleme sein, über die weder sie noch ihr Mann reden wollten. Und vielleicht hatten sie damit Recht. Vielleicht sollte er seine Neugier diesmal im Zaum halten und nicht im Trüben fischen, wie er es für gewöhnlich tat. Finde einfach das Mädchen, sagte er sich, versichere dich, dass sie nicht in Gefahr ist, und kümmer dich nicht um den Rest. Auf keinen Fall wollte er sich in die Probleme der Familie Riddle verwickeln lassen.
Er schrieb sich auf, was er der Website entnehmen konnte, die von einer Organisation namens GlamourPuss in Soho geführt wurde. Die zu finden, sollte nicht allzu schwer sein, dachte er, und die Auskünfte würden ihn zu Emily führen, oder Louisa, wie sie sich jetzt nannte. Er hoffte nur, dass sie nicht auf den Strich ging, wie so viele Teenager, die auf Porno-Websites auftauchten. Sie klang nicht wie der Typ, der durch Prostitution zu Geld kommen wollte, aber es hörte sich so an, als würde sie wegen des Nervenkitzels alles ausprobieren. Damit würde er sich befassen, wenn es so weit war.
Rosalind druckte das Foto aus, nahm eine Schere aus der Schreibtischschublade und schnitt alles unter dem Nabelring ab, bevor sie Banks den Ausdruck reichte. Banks folgte ihr zurück ins Wohnzimmer, wo Riddle saß und ins Nichts starrte. »Alles erledigt?«, fragte er.
Banks nickte. Er setzte sich gar nicht erst wieder hin. »Verraten Sie mir eins«, sagte er. »Warum ich? Sie wissen verdammt gut, wie die Dinge zwischen uns stehen.«
Riddle schien leicht zusammenzuzucken, und Banks war erstaunt, wie giftig seine eigene Stimme klang. Nach kurzem Zögern schaute ihm Riddle in die Augen. »Zwei Gründe«, sagte er; »Erstens, weil Sie der beste Detective in der Grafschaft sind. Damit will ich nicht sagen, dass ich mit Ihren Methoden oder Ihrem Verhalten einverstanden bin, aber Sie erzielen Ergebnisse. Und bei dieser unorthodoxen Angelegenheit könnten, um es mal so zu sagen, einige Ihrer einzelgängerischen Fähigkeiten zur Abwechslung durchaus mal von Nutzen sein.«
Selbst mit einem schwachen Lob von Riddle bedacht zu werden, war eine neue Erfahrung für Banks. »Und zweitens?«, fragte er.
»Sie haben selbst eine Tochter im Teenageralter, nicht wahr? Tracy heißt sie. Stimmt's?«
»Ja.«
Riddle spreizte die Hände, die Handflächen nach oben. »Dann wissen Sie, worauf ich hinauswill. Ich glaube, Sie können sich in etwa vorstellen, wie ich mich fühle.«
Und zu seiner Überraschung konnte Banks das. »Ich kann nicht vor nächster Woche anfangen«, sagte er.
Riddle beugte sich vor. »Sie haben momentan nichts Dringendes zu tun.«
»Ich wollte über das Wochenende mit Tracy wegfahren. Nach Paris.«
»Bitte fangen Sie gleich an. Spätestens morgen Früh. Ich muss es wissen.« In Riddles Stimme schwang eine Verzweiflung mit, wie sie Banks von ihm noch nie gehört hatte.
»Warum ist es so dringend?«
Riddle starrte in den riesigen Kamin, als richtete er seine Worte an die Flammen. »Ich habe Angst um sie, Banks. Sie ist so jung und verletzlich. Ich will sie zurück. Zumindest muss ich wissen, wie es ihr geht und was sie macht. Stellen Sie sich vor, wie es Ihnen dabei ginge. Stellen Sie sich vor, Ihre Tochter wäre in Schwierigkeiten.«
Verdammt noch mal, dachte Banks und sah sein Wochenende mit Tracy in Paris den Bach hinuntergehen. Töchter. Wer braucht die ? Nichts als Ärger. Aber Riddle hatte tatsächlich einen Nerv getroffen. Jetzt gab es kein Zurück mehr, keine Möglichkeit, den Auftrag abzulehnen. Banks wusste, dass er nach London fahren musste, um Emily Louise Riddle zu finden.
»Oh Dad! Das kann doch nicht dein Ernst sein!
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