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Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab

Titel: Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Oberschenkel, im Rhythmus der Hip-Hop-Musik, die aus einem Sexshop wehte.
      Mit Soho verbanden Banks starke Gefühle und Erinnerungen, seit er dort Streife gegangen oder vom Revier in der Vine Street aus mit dem Polizeiwagen herumgefahren war, nachdem man das Revier in den frühen Siebzigerjahren wieder eröffnet hatte. Sicherlich war der Stadtteil seither gesäubert worden, aber Soho würde nie richtig sauber sein. Sauberkeit lag nicht in seiner Natur.
      Er liebte den Hauch von Verbrechertum, den er immer spürte, wenn er die Old Compton Street oder Dean Street entlangging, wo Betrug und Schieberei nur um Haaresbreite von einem legitimen Geschäftsabschluss entfernt waren. Banks erinnerte sich an die kalten Morgendämmerungen am Berwick Street Market, eine Zigarette und einen Becher mit heißem, süßem Tee in der Hand, an die Plaudereien mit Sam, dessen alter brauner Collie Fetchit den ganzen Tag unter dem Stand lag und die Welt mit traurigen Augen an sich vorbeiziehen ließ. Während die anderen ihre Stände aufbauten - mit Obst, Geschirr, Besteck, Unterwäsche und Socken, Uhren, Eierschneidern und was sonst noch -, hatte Banks von Sam erfahren, was davon heiße Ware war und was nicht. Der gute Sam war vermutlich inzwischen tot, genau wie Fetchit. Sie waren damals schon alt, als Banks noch neu im Beruf war.
      Nicht dass Soho jemals ohne seine dunklen Seiten gewesen wäre. Banks hatte hier sein erstes Mordopfer gefunden, in einer Gasse nahe der Frith Street: eine siebzehnjährige Prostituierte, erstochen und verstümmelt, die Brüste abgeschnitten und mehrere innere Organe entfernt. »Huldigung an Jack the Ripper« hatten die Zeitungsschlagzeilen verkündet. Banks hatte auf der Stelle gekotzt und immer noch Albträume wegen der langen Minuten, die er allein mit der ausgeweideten Leiche kurz vor Morgengrauen in einer dreckigen Gasse von Soho verbringen musste.
      Wie allen Toten in seinem Leben, hatte Banks auch dieser einen Namen gegeben: Dawn Wadley. Da er zu der Zeit noch neu auf dem Revier war, hatte er die Aufgabe übernehmen müssen, es ihren Eltern mitzuteilen. Nie würde er den erstickenden Geruch nach Urin, verdorbenem Fleisch und ungewaschenen Windeln in der engen Wohnung im zehnten Stock einer Mietskaserne im East End vergessen, oder Dawns ausgelaugte Junkie-Mutter, der das Schicksal einer Tochter, die sie vor Jahren aufgegeben hatte, scheinbar völlig egal war. Für sie war der Mord an Dawn bloß ein weiteres Glied in der endlosen Kette grausamer Lebensschläge, als sei es nur passiert, um sie weiter hinunterzuziehen.
      Banks bog in die Wardour Street. Soho hatte sich verändert, wie der Rest der Stadt. Die alten Buchhandlungen und Videoläden gab es immer noch, genau wie die Raymond Revue Bar, aber billiger Sex war deutlich im Schwinden begriffen. An seine Stelle waren jüngere Menschen getreten, viele davon schwul, die in ihre Handys brabbelten, während sie in schicken Straßencafes Cappuccino tranken. Junge Männer mit kahlen Köpfen und Ohrringen flirteten an Straßenecken mit glatt rasierten Jungs aus Palmer's Green oder Sudbury Hill. Überall gab es Schwulenbars, und die Party hörte nie auf
      Banks überprüfte die Adresse von GlamourPuss Ltd., die er gleich beim ersten Suchen gefunden hatte - im Telefonbuch. Manchmal sind die Dinge wirklich einfach.
      Von außen sah das Gebäude aus wie viele andere Geschäftshäuser in Soho auch: heruntergekommen, abblätternde Farbe an den Türen, das Linoleum auf den knarrenden Böden aufgeplatzt und abgetreten. Aber drinnen, hinter der zweiten Tür, war alles Hightechglanz und Topfpalmen, und man roch noch die frische Wandfarbe.
      »Kann ich Ihnen helfen, Sir?«
      Zu Banks' Überraschung saß eine Empfangsdame hinter dem brusthohen, halbrunden Tresen aus schwarzem Plexiglas. Darauf stand, in geschwungenen, pinkfarbenen, mit Glitzer bestreuten Buchstaben, das Logo der Firma: »GlamourPuss Ltd.: Erotik und mehr!« Banks war irgendwie der Ansicht, dass Frauen - jedenfalls anständige Frauen - nichts mit der Pornoindustrie zu tun haben wollten, ja, sie sogar verbieten würden, wenn sie könnten. Vielleicht war das hier eine unanständige Frau? Oder war sie die respektable Fassade des Pornos? Wenn ja, war sie etwa neunzehn, hatte kurzes, hennagefärbtes Haar, bleiche Haut und einen Ohrstecker im •rechten Nasenflügel. Auf einem kleinen Namensschild über ihrem flachen Busen stand: »Tamara. Kunden Schnittstellen Officer«. Banks

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