Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
echt auf. Gibt einem richtig Schub, so ähnlich wie Speed.«
»Ah ja. Und es hat Ihnen nichts ausgemacht, das Zeug aufzugeben?«
»Ich bin ja nicht süchtig, wenn Sie darauf hinauswollen. Ich kann jederzeit aufhören.«
»Ich habe nicht behauptet, dass Sie süchtig sind. Nur, dass es schwierig sein kann, ohne Hilfe von außen davon loszukommen.«
»Ich geh nicht in eine dieser verdammten Kliniken mit all den Verlierern, wenn Sie das meinen. Ich denk nicht daran!« Sie verzog den Mund und schaute weg.
Banks hob die Hände. »Schon gut, schon gut. Ich will ja nur sagen, falls Sie merken, dass Sie Hilfe brauchen ... Na ja, an Ihren Vater können Sie sich wohl kaum wenden. Mehr nicht.«
Emily starrte ihn eine Weile an, als wolle sie das Gesagte verdauen und übersetzen. »Danke«, sagte sie schließlich, wich seinem Blick aus und lächelte schwach. »Wissen Sie, warum mein Vater Sie nicht leiden kann?«
Banks war so verblüfft, dass er sich verschluckte und husten musste. Als er wieder zu Atem kam, meinte er: »Persönlichkeitskonflikt?«
»Weil er Sie beneidet. Deswegen.«
»Mich beneidet?«
»Ja. Bestimmt. Ich hab ihn mit Mutter reden hören. Wissen Sie, dass er glaubt, Sie hätten was mit einer pakistanischen Nutte in Leeds?«
»Sie ist nicht aus Pakistan, sondern aus Bangladesch. Sie ist keine Nutte. Und außerdem hatten wir nie was miteinander.«
»Egal. Und die Musik. Die macht ihn verrückt.«
»Aber wieso?«
»Wissen Sie das nicht?«
»Sonst würde ich nicht fragen.«
»Weil Sie ein Leben haben. Sie haben ein Verhältnis, Sie hören sich Opern oder was immer an, und Sie erledigen Ihre Arbeit, erzielen Ergebnisse. Dad hält sich streng an die Vorschriften. Hat er schon immer getan.«
»Aber er ist der jüngste Chief Constable, den wir je hatten. Warum um alles in der Welt sollte er eifersüchtig auf meine Leistungen sein?«
»Sie kapieren's immer noch nicht, oder?«
»Offenbar nicht.«
»Er ist neidisch. Sie sind alles, was er gerne wäre, aber nicht sein kann. Er hat einen Kurs eingeschlagen, den er nicht mehr ändern kann, auch wenn er wollte. Er hat alles geopfert, nur um dahin zu kommen. Glauben Sie mir, ich weiß, was ich sage. Ich gehöre auch zu dem, was er geopfert hat. Alles, was er hat, ist sein Ehrgeiz. Er hat keine Zeit, Musik zu hören, mit seiner Familie zusammen zu sein, nebenbei eine andere Frau zu haben, ein Buch zu lesen. Als hätte er einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und ihm im Tausch gegen weltliche Macht und Status alles andere überlassen. Und da ist noch was. Er kann mit Politik umgehen, jede Menge Examen ablegen und Kurse absolvieren, ist in Management- und Verwaltungsaufgaben besser als sonst jemand bei der Polizei, aber in einer Sache ist er eine absolute Niete.«
»Und die wäre?«
»Er kann kein Verbrechen aufklären, selbst wenn ihm die Beweise direkt unter der Nase liegen.«
»Was spielt das für eine Rolle?«
»Weil er deswegen zur Polizei gegangen ist.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich weiß es nicht, ich rate nur. Aber ich hab mal seine Bücher gesehen, als wir meine Großeltern in Worthing besucht haben. Lauter Taschenbücher aus den Sechzigerjahren, ganz ordentlich mit seinem Namen drin. All diese Bücher von Penguin mit dem grünen Einband. Detektivgeschichten. Sherlock Holmes. Agatha Christie. Ngaio Marsh. Dieser langweilige alte Mist. Und ich hab welche durchgeblättert. Wissen Sie, was er gemacht hat? Er hat sich Notizen am Rand gemacht, wer seiner Meinung nach der Täter war, was die Hinweise bedeuteten. Ich hab sogar eins gelesen, während wir dort waren. Mehr daneben hätte er kaum liegen können.«
Banks fühlte sich unwohl. Dieser intime Blick in Riddles Kindheitsträume kam ihm fast obszön vor. »Wo haben Sie Ihren Kurs in Poppsychologie absolviert?«, fragte er, versuchte die ganze Sache beiseite zu wischen.
Emily lächelte. »Es hat eine gewisse Logik. Denken Sie darüber nach. Hören Sie, es war nett mit Ihnen, aber ich muss wirklich los. Ich hab um drei eine Verabredung. Und heute Abend wollen wir durch die Clubs ziehen.« Sie packte ihre Handtasche zusammen, die mehr an einen kleinen Rucksack erinnerte, strich sich über das Haar und stand auf. »Vielleicht können wir das ja mal wiederholen?«
»Gerne«, sagte Banks. »Aber nächstes Mal zu meinen Bedingungen oder überhaupt nicht.«
»Ihren
Weitere Kostenlose Bücher