Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Bedingungen?«
»Kein Alkohol.«
Sie streckte ihm die Zunge raus. »Spielverderber. Ciao.« Dann griff sie nach ihrer Jacke, drehte sich schwungvoll um und stolzierte aus dem Pub. Alle Männer sahen ihr mit Hundeaugen nach, was manchen barsche Bemerkungen ihrer neben ihnen sitzenden Frauen einbrachte. Eine Frau warf Banks einen besonders feindseligen Blick zu, als hielte sie ihn für einen Kinderschänder.
Nachdem Emily gegangen war, blieb Banks noch ein paar Minuten sitzen und dachte darüber nach, was sie gesagt hatte. Selbstanalyse hatte früher nicht zu seinen Gewohnheiten gehört, und er hatte sich erst nach der Trennung von Sandra, sogar erst nach dem Umzug ins Cottage damit beschäftigt. Dort hatte er viele Abende damit verbracht, den Sonnenuntergang über den mit Steinplatten belegten Dächern von Helmthorpe und die länger werdenden Schatten an den fernen Talwänden zu betrachten, während er in sich ging, seine Motive überprüfte, überlegte, was ihn zu dem Mann gemacht hatte, der er war, und warum er all die Fehler begangen hatte. Da war er, ein Mann in den Vierzigern, der eine Bestandsaufnahme seines Lebens machte und herausfand, dass es alles gar nicht so war, wie er gedacht hatte.
Riddle hasste ihn also, weil Banks als Detektiv ein Naturtalent war und ein Leben zu haben schien, einschließlich einer imaginären Geliebten. Ein Teil von Riddles Neid, wenn es denn Neid war, beruhte demnach auf Irrtümern. Was konnte mitleiderregender sein, als einen Mann um ein Leben zu beneiden, das man sich nur einbildete? Natürlich war das bloß die Analyse eines frühreifen Teenagers, aber vielleicht lag sie gar nicht so falsch. Schließlich hatte Riddle Banks von Anfang an nie eine Chance gegeben. Aber, dachte Banks und trank den letzten Schluck seines Pint, das war jetzt nicht mehr sein Problem. Jetzt, wo Riddle mit dem Rücken zur Wand stand, konnten die Dinge nur besser werden. Als Banks den Kragen hochschlug und den Pub verließ, war er sich bewusst, dass die Augen der Frauen Löcher in seinen Regenmantel brannten.
* 7
Sergeant Jim Hatchley kam als Letzter zu der für Donnerstagnaachmittag angesetzten Besprechung, kreuzte um zwanzig nach fünf auf, roch nach Ale und Tabak und sah aus, als hätte man ihn rückwärts durch eine Hecke gezerrt. Banks, Annie Cabbot und die Constables Rickerd, Jackman und Templeton hatten sich bereits im »Sitzungssaal« versammelt, so genannt wegen der Wandtäfelungen und der Ölbilder toter Mühlenbesitzer. Eine dünne Staubschicht von den Renovierungsarbeiten hatte sich sogar über den langen Banketttisch gelegt, der für gewöhnlich so glänzend poliert war, dass man sich darin spiegeln konnte.
»Entschuldigung, Sir«, murmelte Hatchley und setzte sich.
Banks wandte sich an Annie Cabbot, die gerade ihren Bericht über den Nachmittag im Daleview-Firmenpark begonnen hatte. »Fahren Sie fort, Sergeant Cabbot«, sagte er. »Wo wir jetzt alle hier sind.«
»Na ja, Sir, sehr viel ist dem nicht hinzuzufügen. Charlie kam Sonntagnachmittag zur Arbeit, wie gewöhnlich, loggte sich ein und ging um Mitternacht nach Hause. Colin Finch, seine Ablösung für die Schicht von Mitternacht bis acht, sagte, er habe ihn um vier und um Mitternacht gesehen, also wissen wir, dass Charlie noch lebte, als er den Park verließ.«
»Hat Finch noch mehr gesagt?«, fragte Banks.
»Nur, dass er Charlie kaum gekannt hätte. Sie begegneten sich wie Schiffe in der Nacht. Seine Worte, nicht meine. Und ihm ist nichts Zwielichtiges in Daleview aufgefallen. Auch von den anderen, mit denen ich gesprochen habe, scheint keiner Charlie gekannt zu haben - kein Wunder, wenn man bedenkt, dass er für gewöhnlich gearbeitet hat, wenn die anderen nach Hause gegangen waren -, und es sind keine Vorfälle im Park gemeldet worden, sodass er kaum etwas zu tun hatte.«
»Könnte sein Tod demnach nichts mit seiner Arbeit zu tun haben?«, fragte Banks.
»Das ist möglich«, erwiderte Annie und sah zu Hatchley. »Schließlich war er vorbestraft. Hat sich früher mit ziemlich finsteren Gestalten abgegeben. Aber eines war in der Tat merkwürdig.«
»Ja?«
Annie nahm einen Umschlag aus ihrer Aktentasche und legte ihn auf den Tisch. »Eine der Firmen aus Daleview - PKF Computersysteme - ist Sonntagabend mit Sack und Pack ausgezogen.«
»Bei Nacht und Nebel?«
»Nein, Sir. Alles ganz ordnungsgemäß, laut Colin Finch. Nur sehr kurzfristig. Um
Weitere Kostenlose Bücher