Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall
manche von euch so im Schilde führen.«
Banks seufzte. Das entscheidende Ereignis im Leben von Arthur Banks war nicht der Zweite Weltkrieg gewesen, in dem er hätte kämpfen müssen, wäre er ein Jahr älter gewesen, sondern der Streik der Grubenarbeiter 1982, als Maggie Thatcher die Gewerkschaften entmachtete und die Arbeiter in die Knie zwang. Jeden Abend hatte der Alte vor den Nachrichten gehockt, erfüllt vom gerechten Zorn des Arbeiters. Nie war er das Bild von den Polizisten in Schutzkleidung losgeworden, die den hungernden Bergleuten höhnisch mit Geldscheinen zuwinkten. Damals hatte Banks als verdeckter Ermittler in London gearbeitet, hauptsächlich in der Drogenszene, aber für seinen Vater gehörte er zum selben Verein. Er war der Feind. Würde das nie vorbei sein? Banks schwieg.
»Na, wo willst du heute Abend hin, mein Junge?«, fragte Ida Banks. »Triffst du dich wieder mit dieser Kollegin?«
Bei seiner Mutter hörte es sich an, als habe er eine Verabredung. Banks bekam ein schlechtes Gewissen, weil für ihn tatsächlich mehr hinter dem Termin mit Michelle steckte. »Das ist rein geschäftlich«, sagte er.
»Hat es was mit Graham zu tun?«
»Ja.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, das wär nicht dein Fall«, warf sein Vater ein.
»Ist es auch nicht, aber vielleicht kann ich ja ein bisschen helfen.«
»Der Polizei bei den Ermittlungen helfen?« Arthur Banks schmunzelte. Dann bekam er einen Hustenanfall. Am Ende spuckte er ins Taschentuch.
Glücklicherweise setzte die Titelmusik von Coronation Street ein, ehe jemand etwas sagen konnte, und jegliche Unterhaltung erstarb.
Es kam nicht oft vor, dass Detective Superintendent Gristhorpe ins Queen's Arms ging, aber nachdem sie die Vernehmungen abgeschlossen hatten und Ryan Milne und Liz Palmer für die Nacht hinter Schloss und Riegel waren, schlug Gristhorpe Annie vor, sie könnten die Ergebnisse bei einem kleinen Essen besprechen. Das hielt Annie für eine gute Idee, da sie Hunger und Durst hatte.
Als wahrer Gentleman bestand Gristhorpe darauf, an der Theke die Getränke zu holen, obwohl Annie gern selbst gegangen wäre. So setzte sie sich und machte es sich gemütlich. Immer noch fand sie Gristhorpe ein wenig einschüchternd, auch wenn sie nicht wusste, warum. In einer Umgebung wie dem Queen's Arms fühlte sie sich mit ihm wohler als in seinem büchergesäumten Büro, daher war sie doppelt froh, dass er den Pub vorgeschlagen hatte. Aber ihr Zahn war locker, sie musste aufpassen beim Essen.
Mit einem Pint Bitter für Annie und einem kleinen Glas Shandy für sich kehrte Gristhorpe zurück. Sie überflogen die Speisekarte, die mit Kreide auf eine Tafel geschrieben war. Annie entschied sich für eine vegetarische Lasagne, das Richtige für ihren Zahn, Gristhorpe wählte Fish and Chips. Der Alte sah wieder gesünder aus, dachte Annie. Als sie ihn das erste Mal nach seinem Unfall getroffen hatte, war er blass und ausgezehrt gewesen, aber jetzt hatte er etwas mehr auf den Rippen, und sein pockennarbiges Gesicht glühte. Unfälle und Krankheiten gingen einem offenbar stärker an die Substanz, je älter man wurde. Die Genesung zog sich hin. Aber wie alt war Gristhorpe? Er konnte nicht viel älter als sechzig sein.
»Wie geht's Ihrem Mund?«, fragte er.
»Im Moment tut es nicht weh, danke der Nachfrage.«
»Sie hätten ins Krankenhaus fahren müssen.«
»Es war nichts. Er hat mich nur gestreift.«
»Trotzdem ... bei so was kann es Komplikationen geben. Wie geht's Wells?«
»Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, ist er noch im Krankenhaus. Armitage hat ihn ordentlich zugerichtet.«
»Der war immer schon ein Hitzkopf. Schon als Fußballspieler. Und, wie ist es mit Liz Palmer gelaufen? Hat es was ergeben?«
Annie erzählte, was sie von Liz erfahren hatte. Gristhorpe trank einen Schluck und rekapitulierte die Befragung von Ryan Milne. »Er hat gesagt, er hätte nichts von der Tasche gewusst, genau wie seine Freundin. Er wäre an dem Tag nicht zu Hause gewesen und hätte Luke gar nicht gesehen.«
»Glauben Sie ihm?«
»Nein. Winsome ist ihn ein bisschen härter angegangen - sie ist wirklich gut bei Vernehmungen, die Kleine, eine richtige Löwin -, aber wir konnten ihn nicht erschüttern.«
»Was haben die beiden zu verbergen?«
»Weiß nicht. Vielleicht sind sie nach einer Nacht in der Zelle etwas entgegenkommender.«
»Glauben Sie, dass die beiden
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