Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall
Teamgeist und Aufgabenteilung zu fördern. Rose und Luke waren eine Gruppe.«
»Auf ihren oder seinen Wunsch?«
»Das weiß ich nicht. Ich nehme an, der Lehrer hat die Gruppen gebildet.«
»Lauren Anderson?«
»Nein, sie nicht. Es war ein Projekt in Naturwissenschaften. Das war Mr. Sawyer.«
»Wissen Sie, ob Luke und Rose eine irgendwie geartete Liebesbeziehung hatten?«
»Soweit ich weiß, nicht. Hören Sie, Ms. Cabbot, ich bin nicht so weltfremd, dass ich nicht wüsste, dass jugendliche in dem Alter am anderen Geschlecht interessiert sind. Dafür bin ich schon zu lange Lehrer. Ich hab so einige schwangere Schülerinnen gehabt. Aber ich kenne auch meine Tochter, und glauben Sie mir, ich hätte gewusst, wenn sie mit Luke Armitage gegangen wäre.«
»Man hat sie in der Schule und hinterher miteinander reden sehen. Hat Rose Ihnen mal was von Luke erzählt?«
»Vielleicht hat sie ihn ein-, zweimal erwähnt. Das war ganz normal. Ich meine, die beiden waren in einer Klasse, er war ein bisschen sonderbar und irgendwie prominent. Seine Eltern jedenfalls.«
»War Rose in Luke verliebt?«
»Machen Sie sich nicht lächerlich!«
»Wäre es Ihnen recht gewesen, wenn die beiden zusammen gegangen wären?«
Barlow schürzte die Lippen. »Kann ich eigentlich nicht sagen, nein.«
»Warum nicht?«
»Sie ist meine Tochter, Herrgott noch mal. Sie glauben doch nicht, dass ich gewollt hätte, dass sie mit so einem ...«
»So einem was, Mr. Barlow?«
»Ich wollte sagen, mit so einem Jungen.«
»Ach, tatsächlich?«
»Ja. Aber ich muss zugeben, dass ich als Vater der Meinung war, Luke Armitage sei ein bisschen zu verschroben für meine Tochter.«
»Wie weit wären Sie gegangen, um die beiden voneinander abzubringen?«
»Jetzt machen Sie mal einen Punkt. Ich lasse mir nicht -«
»Wo waren Sie und Rose in der Nacht, als Luke verschwand? Das war vorletzten Montag, falls Sie sich nicht mehr erinnern.«
»Hier.«
»Sie beide?«
»Ich glaube, ja. Meine Frau weiß es bestimmt noch.«
»Warum sollte Rose Ms. Anderson in Schwierigkeiten bringen wollen?«
»Keine Ahnung.«
»Wie gut ist Ihre Tochter in Englisch?«
»Es ist nicht ihr bestes Fach und auch nicht ihr Lieblingsfach.«
»War sie eifersüchtig?«
»Auf wen?«
»Auf die Aufmerksamkeit, die Luke von Lauren Anderson bekam?«
»Warum fragen Sie nicht Lauren Anderson?«
»Mach ich noch. Aber jetzt frage ich Sie.«
»Und ich sage Ihnen, dass ich es nicht weiß.«
Sie starrten sich an, und Annie versuchte zu ergründen, ob er die Wahrheit sagte. Sie war überzeugt, dass er etwas verheimlichte. »Was ist da noch, Mr. Barlow?«, fragte sie. »Wenn es nichts mit Lukes Tod zu tun hat, wird es niemand außerhalb dieser vier Wände erfahren, das verspreche ich Ihnen.«
Barlow seufzte und sah aus dem Fenster. Die Wolkendecke war teilweise aufgebrochen, Lichtstrahlen fielen auf die fernen Hügel. Das Laptop summte vor sich hin.
»Mr. Barlow?«
Wieder schaute er Annie an. Seine Fassade aus Autorität und Menschlichkeit begann zu bröckeln. Er sah aus wie ein Mann in Not. Lange schwieg er. »Es war nichts«, sagte er schließlich, seine Stimme nur ein Flüstern. »Wirklich nicht.«
»Dann erzählen Sie's mir!«
»Ms. Anderson. Lauren. Sie haben mit ihr gesprochen. Ihnen ist bestimmt nicht entgangen, dass sie eine attraktive Frau ist, eine echte präraffaelitische Schönheit«, sagte Barlow. »Ich bin auch nur ein Mann, aber alle erwarten von mir, dass ich über den Dingen stehe.«
»Sie sind Direktor«, sagte Annie. »Sie tragen die Verantwortung. Was ist passiert? Hatten Sie eine Affäre mit ihr? Hat Rose es herausgefunden?«
»Oh nein, du lieber Himmel. Nichts dergleichen. Ich habe vielleicht ein bisschen geflirtet, wie das so ist, aber Lauren war nicht an mir interessiert. Das hat sie mir klar zu verstehen gegeben.«
Annie runzelte die Stirn. »Dann verstehe ich das nicht.«
Er lächelte dünn. »Nein? Manchmal wirkt etwas nach außen hin anders, als es ist, und alle Versuche, es zu erklären, machen es nur noch schlimmer.«
»Können Sie das näher erläutern?«
»Kurz nach Weihnachten suchte Lauren mich in meinem Büro in einer privaten Angelegenheit auf. Ihr Vater hatte Alzheimer bekommen. Lauren war durcheinander, sie brauchte etwas Ruhe. Ich legte den Arm um sie, nur um sie
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