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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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aus, nachdem man am Samstagabend über die Stränge geschlagen hatte. Die meisten Abonnenten sagten, sie hätten noch im Bett gelegen, als die Zeitung kam.
      Michelle betrachtete die alten Schwarz-Weiß-Fotos. Sie zeigten eine völlig andere Gegend als die, die sie am Vortag nach ihrem Gespräch mit den Marshalls in Augenschein genommen hatte. 1965 hatte auf der anderen Seite der Wilmer Road eine düstere Ladenzeile mit abrissreifen, verbarrikadierten Geschäften gestanden. Heute befand sich neben der neuen Siedlung, die die alten Häuser ersetzt hatte, ein moderner Baumarkt. Die heruntergekommenen Ladenlokale in den Akten sahen aus wie der ideale Abenteuerspielplatz für Kinder. Michelle vergewisserte sich, dass die alten Häuser durchsucht worden waren. Sogar mit Hunden. Ergebnis: negativ.
      Michelle las die Protokolle der ersten Zeugenaussagen, schob die kitzelnden blonden Haarsträhnen hinter die Ohren und kaute auf dem Bleistiftende herum. Es gab nur wenig handschriftliche Unterlagen, fast alles war mit der Schreibmaschine getippt. Die unterschiedlich stark angeschlagenen Tasten und das eine oder andere verrutschte e oder g ergaben ein kurioses Schriftbild. Früher, vor den anonymen Laserdruckern, waren diese Unterscheidungsmerkmale sehr nützlich gewesen, um die Schreibmaschine zu identifizieren, auf der eine bestimmte Nachricht getippt worden war. Einige Unterlagen waren Durchschriften von Kohlepapier, verblasst und manchmal schwer zu entziffern. Hin und wieder waren mit Bleistift oder Kugelschreiber die ursprünglichen Worte durchgestrichen und unleserliche Anmerkungen zwischen die Zeilen gequetscht worden. Alles nicht sehr viel versprechend.
      Detective Superintendent Benjamin Shaw, heute ranghoher Beamter in Thorpe Wood, wurde ein-, zweimal genannt.
      Er war als Detective Constable mit dem Fall befasst gewesen. Michelle wusste, dass Shaw seine berufliche Laufbahn in Peterborough begonnen hatte und nach sechs Jahren in Lincoln-shire erst kürzlich zurückgekehrt war, dennoch überraschte es sie, seinen Namen in so alten Akten zu lesen. Vielleicht konnte sie sich einmal mit ihm unterhalten, möglicherweise hatte er Theorien, die er nicht schriftlich niedergelegt hatte.
      Offensichtlich war Donald Bradford, Graham Marshalls Arbeitgeber und Inhaber des Zeitungsladens, der Erste gewesen, der den Jungen vermisst hatte. Bradford wohnte nicht in der Nähe seines Geschäfts und hatte daher eine Frau aus der Nachbarschaft angestellt, die morgens aufmachte. Er selbst traf nicht vor acht Uhr ein. In Bradfords Aussage stand, dass Graham an jenem Sonntag um Viertel nach acht noch nicht aufgetaucht sei. Er hätte schon eine halbe Stunde früher seine zweite Runde in der angrenzenden Siedlung antreten müssen. Bradford sei auf der Suche nach Graham durch die Wilmer-Road-Siedlung gefahren. Er habe ihn nicht gefunden. Grahams Zeitungen und seine Segeltuchtasche waren ebenfalls spurlos verschwunden. Michelle war überzeugt, dass einige bei den Knochen gefundene Stoffreste von Grahams Zeitungstasche stammten.
      Danach hatte Donald Bradford bei Graham zu Hause angerufen, um zu prüfen, ob der Junge plötzlich krank geworden und nach Hause gegangen sei, ohne Bescheid zu sagen. War er nicht. Grahams Eltern, jetzt ebenfalls besorgt, suchten die Siedlung nach ihrem Sohn ab und fanden nichts. Da die Meldungen von den Kindesentführungen in Manchester bei allen noch frisch im Gedächtnis waren, machten sich sowohl Bradford als auch die Marshalls bald große Sorgen und meldeten sich bei der Polizei. Kurz darauf begann die offizielle Ermittlung. In der unmittelbaren Gegend wurden vorsichtige Befragungen durchgeführt, und als am kommenden Morgen noch immer keine Spur von Graham gefunden war, wurde Detective Superintendent Harris mit dem Fall beauftragt, und die schwerfällige, aber effektive Maschinerie der polizeilichen Ermittlung setzte sich in Bewegung.
      Michelle streckte sich und versuchte, ihren steifen Nacken zu dehnen. Es war heiß im Büro, und die Strumpfhose war unerträglich. Collins, gerade aus Cambridge zurück, hatte Mitleid mit ihr: »Ich geh mal kurz runter in die Kantine. Soll ich was mitbringen?«
      »Eine Cola light wäre toll«, sagte Michelle. »Und vielleicht ein Stück Schokoladenkuchen, falls noch welcher da ist.« Sie griff nach ihrer Handtasche.
      »Schon gut«, sagte Collins. »Sie können mir das Geld hinterher geben.«
      Michelle bedankte sich, zupfte so unauffällig wie

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