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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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geworden. Jedenfalls brannten seine Wangen.
      »Wirklich niemanden?«
      »Nein.«
      »Hat Graham mal erzählt, dass ihn jemand belästigt hat?«
      »Nein.«
      »Na gut, mein Sohn, das war's fürs Erste. Aber falls dir noch was einfällt, weißt du ja, wo das Polizeirevier ist, oder?«
      »Ja.«
      »Das mit deinem Wellensittich tut mir Leid, wirklich.«
      »Danke sehr.«
      Plötzlich schienen es die Polizisten sehr eilig zu haben. Sie stellten den Eltern noch ein paar banale Fragen, und das war's dann. Als die Tür hinter den beiden ins Schloss fiel, schwiegen alle. Es waren noch zehn Minuten bis zum Schluss von Coronation Street, aber niemand kam auf die Idee, den Fernseher wieder anzuschalten. Banks wusste noch, dass er sich zu Joeys leerem Käfig umgedreht hatte und ihm Tränen in die Augen schossen.
     
    Annie wartete, bis Martin Armitages BMW einen ansehnlichen Vorsprung hatte, und ließ noch einen Lieferwagen dazwischen, dann heftete sie sich an seine Fersen. Zu dieser Tageszeit war es relativ ruhig auf der Straße (um ehrlich zu sein, war es fast immer ruhig), sie durfte sich also nicht auffällig verhalten. Im Dorf Relton bog Armitage rechts ab auf die Landstraße, die sich auf halber Höhe über die Hügelflanke zog.
      Sie passierten das winzige Dörfchen Mortsett, das nicht einmal einen Pub oder einen Gemischtwarenladen besaß. Als der Lieferwagen vor Annie anhielt, um eines der Cottages zu beliefern, saß sie in der Falle. Die Straße war zu schmal, um an ihm vorbeizufahren.
      Sie stieg aus und wollte schon ihren Dienstausweis zücken und den Fahrer bitten, sie vorbeizulassen - ungefähr zwanzig Meter weiter war eine Parkbucht -, da sah sie, dass Armitage weniger als einen Kilometer hinter dem Dorf am Straßenrand hielt. Annie konnte die leere Straße gut überblicken, deshalb holte sie das Fernglas aus dem Handschuhfach und beobachtete ihn.
      Er stieg mit dem Aktenkoffer aus, schaute sich um und stiefelte über ein Feld auf einen niedrigen, aus Stein gebauten Unterstand für Hirten zu, der ungefähr achtzig Meter von der Straße entfernt am Hang stand. Es machte nicht den Eindruck, als sei Armitage nervös, weil er die Vorschriften zum Schutz vor Maul-und-Klauen-Seuche verletzte.
      Am Ziel angekommen, bückte er sich und verschwand in der Hütte. Als er wieder hervorkam, trug er keinen Aktenkoffer mehr. Armitage ging zum Auto zurück. Einmal stolperte er im unebenen Gelände, dann schaute er sich um und fuhr Richtung Gratly davon.
      »Vögel?«, unterbrach eine Stimme Annies Konzentration.
      »Hä?« Sie drehte sich um und schaute dem Zusteller ins Gesicht, einem nassforschen jungen Kerl mit zurückgegeltem Haar und schlechten Zähnen.
      »Das Fernglas da«, sagte er, »beobachten Sie damit Vögel? Versteh ich echt nicht. Ist doch langweilig. Interessanter wird's schon, wenn's ums Vögeln als solches geht...«
      Annie hielt ihm ihren Dienstausweis unter die Nase. »Fahren Sie Ihren Wagen zur Seite und lassen Sie mich vorbei!«
      »Schon gut, schon gut«, sagte er. »Brauchen Sie ja nicht gleich pampig zu werden. Ist sowieso keiner da. In diesem verfluchten Kaff ist nie einer da.«
      Er fuhr los, und Annie stieg ins Auto. Als sie die Stelle erreichte, wo Armitage gehalten hatte, war er längst über alle Berge, andere Fahrzeuge waren auch nicht zu sehen, nur weit voraus der Lieferwagen, fast schon verschwunden.
      Jetzt wurde Annie nervös. Wurde auch sie durch ein Fernglas beobachtet, so wie sie Armitage observiert hatte? Hoffentlich nicht. Wenn ihre Vermutung richtig war, dann war es nicht gerade hilfreich, als interessierte Polizistin entlarvt zu werden. Die Luft war mild, es roch nach feucht dampfendem Gras. Irgendwo tuckerte ein Traktor übers Feld, Schafe blökten im Tal. Annie ignorierte die Warnschilder und marschierte zum Unterstand. Drinnen roch es modrig und beißend. Durch die Lücken in der Trockensteinmauer fiel genügend Licht hinein, um auf dem Boden ein gebrauchtes Kondom, eine leere Zigarettenschachtel und zerdrückte Bierdosen zu erkennen. Das verstanden die Jungs aus dem Dorf zweifellos unter einem schönen Tag mit der Freundin. Auch die Aktentasche konnte sie erkennen, ein billiges Nylonmodell.
      Annie hob sie auf. Die Tasche war schwer. Annie öffnete die Klettverschlüsse und fand, was sie erwartet hatte: Geldbündel, hauptsächlich Zehn- und Zwanzig-Pfund-Noten. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Geld es war, schätzte aber,

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