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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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hatte das Gefühl, Shaw schon einmal gesehen zu haben, wusste aber nicht, wo. Möglich, dass sie sich irgendwann bei einer Fortbildung getroffen oder bei einem längst vergessenen Fall zusammengearbeitet hatten. Sonderbar, eigentlich hatte Banks ein gutes Gedächtnis für Gesichter.
      Auf dem Weg zu Shaws Büro sprachen sie nicht miteinander. Dort angekommen, sagte Shaw, er sei in wenigen Minuten zurück, und verschwand. Banks kannte den alten Trick. Und Shaw wusste, dass Banks Bescheid wusste.
      Da Shaw seinen Gast bedenkenlos allein ließ, konnte er nichts Wichtiges im Büro haben. Dennoch stöberte Banks ein wenig herum. Er suchte nichts Bestimmtes. Die Aktenschränke waren verschlossen, ebenso die Schreibtischschubladen, und für den Computer brauchte man ein Passwort. Es hatte den Anschein, als habe Shaw mit Banks' Schnüffelei gerechnet.
      An der Wand hing ein interessantes Foto, offenbar schon etwas älter. Es zeigte einen jüngeren Shaw und Jet Harris vor einem Rover. Sie sahen aus wie John Thaw und Dennis Waterman in Die Füchse. Oder sollten es Morse und Lewis sein? Sah sich Shaw als Sergeant Lewis? Und Harris als Chief In-spector Morse?
      Im Bücherregal standen hauptsächlich Aktenordner und alte Ausgaben der Police Review. Dazwischen fanden sich juristische Texte und ein amerikanisches Lehrbuch mit grausigen Abbildungen über praktische Mordermittlung. Als Shaw eine halbe Stunde später mit einer ziemlich zerknirschten Michelle Hart im Schlepptau zurückkam, blätterte Banks darin herum.
      »Tut mir Leid«, sagte Shaw und nahm gegenüber von Banks Platz. »Ist was dazwischengekommen. Sie wissen ja, wie das ist.« Michelle setzte sich an die Seite.
      »Ja, ja.« Banks legte das Buch fort und griff nach seinen Zigaretten.
      »Tut mir Leid, Rauchen verboten«, sagte Shaw. »Das gilt für alle im Gebäude. Vielleicht seid ihr da oben in Yorkshire noch nicht so weit.«
      Banks hatte erwartet, nicht rauchen zu dürfen, aber den Versuch war es wert. Shaw hatte die nikotingelben Finger eines starken Rauchers. Aber offenbar wollte er die harte Tour fahren, auch wenn er so nett gewesen war, die Befragung in seinem Büro durchzuführen und nicht in einem schäbigen Vernehmungsraum. Banks war nicht nervös, nur verblüfft und genervt. Was wurde hier gespielt?
      »Und? Was kann ich für Sie tun, Superintendent Shaw?«
      »Sie können sich wohl nicht an mich erinnern, was?«
      Shaw starrte Banks an, und Banks zerbrach sich den Kopf. Shaw hatte dünnes, rotblondes Haar. Eine lange Strähne war quer über den Kopf gekämmt, um die kahle Stelle zu verbergen. Dürftige Augenbrauen, Sommersprossen, blassblaue Augen, ein volles Gesicht, Hängebacken. Die fleischige, rotgeäderte Nase eines in die Jahre gekommenen Trinkers. Banks hatte Shaw schon einmal gesehen. Dann fiel es ihm ein.
      »Sie haben sich die Ohren operieren lassen«, sagte er. »Toll, was die moderne Medizin alles kann.«
      Shaw errötete. »Sie wissen also doch, wer ich bin.«
      »Sie sind das Milchgesicht, das damals mit Harris zu uns kam, als Graham verschwand.« Kaum zu glauben, aber Shaw musste damals ungefähr einundzwanzig gewesen sein, nur sieben Jahre älter als Banks, dennoch war er ein Erwachsener gewesen, ein Mensch aus einer anderen Welt.
      »Sagen Sie mal«, begann Shaw und beugte sich vor. Banks roch Minze in seinem Atem. Typisch für Menschen, die das Frühstück in flüssiger Form zu sich nehmen. »Was ich mich immer gefragt habe: Ist Ihr Wellensittich zurückgekommen?«
      Banks lehnte sich nach hinten. »Da wir jetzt alle Höflichkeiten ausgetauscht haben, können wir wohl zur Sache kommen.«
      Shaw warf Michelle einen Blick zu, und sie schob Banks über den Tisch ein Foto zu. Sie sah seriös aus mit ihrer Lesebrille. Sexy. »Ist das der Mann?«, fragte sie.
      Banks betrachtete das Schwarz-Weiß-Foto. Augenblicklich rauschte ihm das Blut ins Gehirn, die Ohren summten, sein Blick umwölkte sich. Das Gefühl von Klaustrophobie und Angst, das ihn erfasste, als der Fremde ihn gepackt hatte, kehrte zurück. In dem Moment hatte er geglaubt, er sei verloren.
      »Alles in Ordnung?«, fragte Michelle. Besorgt schaute sie ihn an.
      »Schon gut«, entgegnete er.
      »Sie sehen blass aus. Möchten Sie ein bisschen Wasser trinken?«
      »Nein, danke«, sagte Banks. »Das ist der Mann.«
      »Sind Sie sicher?«
      »Nach so langer Zeit kann ich das nicht hundertprozentig sagen, aber ich

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