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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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ungerecht, dachte Andrew Naylor, der Mann aus dem Ministerium. Er fuhr mit seinem Dienstwagen, einem Range Rover, über die Desinfektionsmatte am Anfang der nicht abgezäunten Straße weit oben über Gratly. Er hatte überhaupt nichts zu tun mit der Überwachung der Maul-und-Klauen-Seuche, und trotzdem war er, wie alle von der Regierung, den Einheimischen ein Dorn im Auge. Jeder in der Gegend kannte ihn, und vor dem Ausbruch der Krankheit hatte sich niemand groß um ihn geschert. Aber inzwischen kotzten ihn die verärgerten Blicke an, die man ihm zuwarf, wenn er eine Kneipe oder ein Geschäft betrat, es nervte ihn, dass die Gespräche verstummten und das Geflüster begann, dass manche ihre Wut an ihm ausließen. In einem Pub waren die Leute so aggressiv geworden, dass er Angst hatte, sie würden ihn verprügeln.
      Er erklärte ihnen, dass er im Ministerium für Umwelt, Lebensmittel und Landwirtschaft arbeitete, kurz DEFRA, und zwar im Referat Wasser und Land, und dass er für Wasser zuständig sei, aber es war für die Katz. Denn dann dachten alle sofort an den Wasserversorger Yorkshire Water - und das hieß Trockenheit, Lecks, Wasserknappheit und Einschränkungen beim verfluchten Autowaschen und Rasensprengen -und wurden nur noch wütender.
      Teil von Andrews Arbeit war es, den natürlichen und künstlichen Seen und Teichen der Umgebung Wasserproben zu entnehmen, die dann im Zentrallabor auf Keime untersucht wurden. Da einige dieser Gewässer inmitten unberührter Landschaft lagen, war Andrew einer der wenigen Menschen mit Sondergenehmigung, der sie betreten durfte, natürlich nachdem er die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte.
      Sein letzter Halt an dem Tag war der kleine Bergsee Hallam Tarn, eine gottverlassene, ausgewaschene Pfütze hoch oben im Moor hinter Tetchley Fell. Der Legende nach hatte dort einst ein Dorf gestanden, dessen Einwohner den Teufel anbeteten. Gott machte das Dorf dem Erdboden gleich, und an seiner Stelle entstand der See. Angeblich konnte man an manchen Tagen die alten Häuser und Straßen unter der Wasseroberfläche sehen und die Dorfbewohner schreien hören. Manchmal, wenn das Licht entsprechend war und der Ruf des Brachvogels über das einsame Moor hallte, war Andrew drauf und dran, die Legende zu glauben.
      Heute jedoch schien die Sonne, die honigsüße Luft war still. Endlich hatte der Sommer Einzug gehalten. Andrew war guter Dinge.
      Zur Straße hin war der See am tiefsten. Eine hohe, solide Trockensteinmauer hielt Kinder, Betrunkene und alle anderen, die dumm genug waren, dort oben im Dunkeln herumzulaufen, von einem Sturz ins Wasser ab. Um ans Ufer zu gelangen, musste man einige Meter weiterfahren, über den Zauntritt klettern und den Fußweg nehmen. Vor dem staatlichen Zugangsverbot war das Ufer bei Wanderern und Aus-flüglern beliebt gewesen, aber jetzt durfte es nur von Menschen wie Andrew betreten werden. Am Zauntritt warnte ein Schild der Regierung, bei Nichtbeachtung drohe eine hohe Geldstrafe.
      Bevor Andrew sich aufmachte, bewaffnet mit Schlauchboot und Probenglas, sprühte er seine Gummistiefel mit Desinfektionsmittel ein und schlüpfte in die Schutzkleidung aus Plastik. Er fühlte sich wie ein Astronaut, der sich auf einen Mondspaziergang vorbereitet. Unter der Schutzkleidung war es heiß. Andrew wollte so schnell wie möglich fertig werden, nach Hause fahren, lange baden und abends mit Nancy in Northallerton ausgehen, vielleicht ins Kino, und anschließend etwas essen und trinken.
      Er ging rund hundert Meter den schmalen Feldweg entlang zum Ufer des Sees. Dort hockte er sich hin, um das Probenglas zu füllen. Der Schweiß lief ihm in den Nacken. Hier oben war es so still, dass er sich vorstellte, der einzige Mensch auf der Welt zu sein. Er musste Proben aus verschiedenen Tiefen nehmen, deshalb stieg er in das kleine Boot und ruderte los. Der See war nicht viel größer als ein Fischteich, vielleicht zweihundert Meter lang und hundert Meter breit, doch an manchen Stellen war er ziemlich tief. Andrew wurde ein wenig unruhig bei dem Gedanken, dass er ganz allein hier oben war. Keine Menschenseele war zu sehen, und jedes Mal, wenn er ins Wasser schaute, bildete er sich ein, ein Dach oder eine Straße erkennen zu können. Es war natürlich eine optische Täuschung, wahrscheinlich von den Sonnenstrahlen hervorgerufen, dennoch war ihm unbehaglich zumute.
      Als Andrew sich der Mauer zur Straße näherte, entdeckte er einen dunklen Stoff in alten

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