Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
einen jungen, gesunden Eindruck. Ich meine ... Sie wissen schon.«
Banks wusste Bescheid. Im Laufe der Jahre hatte er sich daran gewöhnt, dass Leichen als »gesund« bezeichnet wurden.
»Das ist natürlich nur geraten«, fuhr Burns fort, »aber ich würde sagen, Todeszeitpunkt ist nach Mitternacht, vielleicht erst um zwei Uhr, aber wahrscheinlich nicht viel später.«
»Wurde sie hier getötet?«
»Es sieht so aus«, sagte Burns.
Banks sah sich im Raum um. »Ziemlich einsam hier«, bemerkte er. »Und gut isoliert. Dicke Wände. Ich glaube nicht, dass jemand was gehört hat, wenn es denn was zu hören gab«, sagte er mit Blick auf die Lederflicken im Mund des Mädchens. »Vielleicht hat sie einmal laut schreien können, aber öfter sicherlich nicht.«
Dr. Burns schwieg. Er holte seinen Notizblock hervor und kritzelte etwas hinein. Banks nahm an, er notierte sich Zeit, Temperatur, Lage der Leiche und Ähnliches. Sie brauchten jetzt den Fotografen. Die Spurensicherung würde warten müssen, bis er fertig war, und das gefiel den Kollegen nicht. Sie würden an ihren Ketten zerren wie ein Rudel Dobermänner, die seit einem Monat kein Fleisch mehr bekommen hatten.
Die Türangeln quietschten, und Peter Darby, der Polizeifotograf, kam mit seiner alten Pentax und dem neuen digitalen Camcorder herein. Der Raum war klein, Banks und Burns gingen nach draußen und überließen Darby die Leiche. Banks sehnte sich nach einer Zigarette. Er wunderte sich darüber, da niemand in seiner Nähe rauchte. Vielleicht lag es daran, dass er in der Handtasche des Opfers Benson & Hedges gesehen hatte. Oder am Regen. Banks erinnerte sich, dass eine Zigarette bei Regen einmal ganz herrlich geschmeckt hatte. Aus irgendeinem Grund war das bei ihm hängengeblieben. Er ließ den Gedanken los, und das Verlangen verschwand. Er meinte, die Gemeinde in der Kirche auf dem Marktplatz »There Is A Green Hill Far Away« singen zu hören, was ihn daran erinnerte, dass schon in ein paar Wochen Ostern war.
»Sie hat sich auch übergeben«, fügte Dr. Burns hinzu. »Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber ich habe Spuren von Erbrochenem hier drinnen und draußen an der Wand gefunden.«
»Ja«, sagte Banks, »ich hab's gerochen. Könnte allerdings auch vom Mörder sein. Nicht jeder steckt eine Tat so einfach weg, zum Glück nicht. Ich sorge dafür, dass die Spurensicherung es unter die Lupe nimmt. Danke, Doc.«
Dr. Burns nickte und ging. Templeton kam heran, trat von einem Fuß auf den anderen und rieb sich die Hände. »Ist 'ne süße Maus, was, Chef?«, sagte er. »Hab ich doch gesagt.«
Banks schloss die Augen, hob den Kopf zum Streifen grauen Himmels empor, spürte kleine Regentropfen auf den Augenlidern und seufzte. »Das ist ein totes Mädchen, Kev«, sagte er. »Vergewaltigt und erdrosselt. Ich hab nichts gegen Humor am Tatort, aber könnten Sie Ihre Freude bitte noch ein klein wenig unterdrücken, ja?«
»Sorry, Chef«, sagte Templeton. Sein Tonfall verriet, dass er keine Ahnung hatte, wofür er sich gerade entschuldigte.
»Wir werden alle Sexualstraftäter aus der Gegend befragen, alle, die registriert sind, und auch die, die es unserer Meinung nach sein sollten.«
»Ja, Chef.«
»Und rufen Sie die Super an«, sagte Banks. »Sie muss Bescheid wissen.«
Templeton griff nach seinem Handy.
Banks genoss die kurze Stille, die Musik des Windes, das aus der Dachrinne tropfende Wasser und den fernen Chor, der das Kirchenlied sang. Seit Ewigkeiten war er nicht mehr in der Kirche gewesen. Dann hörte er Geräusche und sah Detective Constable Winsome Jackman und Detective Sergeant Stefan Nowak, den Tatortkoordinator, mit einer Horde von Spurensicherern, gekleidet wie Astronauten, durch Taylor's Yard kommen. Bald wäre der Lagerraum so hell erleuchtet wie ein Filmstudio, und die kleinen Geräte und Apparate würden minimale Spuren von ungewöhnlichen und praktisch unsichtbaren Substanzen aufsaugen oder beleuchten. Alles würde sorgfältig eingetütet, beschriftet und aufbewahrt werden, damit es im Falle eines eventuellen Gerichtsverfahrens benutzt werden könnte. Manches könnte sogar dazu beitragen, den Mörder des Mädchens zu überführen. Mit etwas Glück fänden sie eine DNA, die zu einer der Proben aus der Nationalen DNA-Datenbank passte. Mit sehr viel Glück.
Banks begrüßte Stefan Nowak und berichtete ihm, was er bereits wusste. Nowak wechselte ein paar Worte mit
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