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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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zweihundert Häuser, weniger als die Hälfte hatte Evakuierte aufgenommen. Trotzdem gerieten wir ganz schön ins Schwitzen. Genauer gesagt, lief bei mir der Schweiß in Strömen, Phyllis schien so etwas nicht zu kennen. Wir unterhielten uns, ich erzählte ihr von meiner Arbeit als Lehrer, sie von ihrem Mann Thomas, der in der Royal Air Force zum Jagdflieger ausgebildet wurde. Nach einer guten Stunde gingen wir zu ihrem Cottage und nahmen einen erfrischenden Tee zu uns, dann machten wir weiter.
      Am späten Nachmittag schließlich hatten wir einen Volltreffer.
      Mr und Mrs Douglas waren offenbar ein sehr nettes Ehepaar. Traurig vernahmen sie die Kunde, dass sie Johnny Critchley, den sie bei sich aufgenommen hatten, nicht länger behalten konnten. Ich erklärte ihnen die Umstände und versicherte ihnen, sie würden ein anderes Kind geschickt bekommen, sobald wir die Angelegenheit geklärt hätten.
      »Er ist nicht hier«, sagte Johnny, als wir mit Phyllis zum Bahnhof gingen. »Ich hab ihn überall gesucht, aber ich hab ihn nicht gefunden.«
      Ich schüttelte den Kopf. »Ach, Johnny, du weißt doch, dass deine Mutter einen Sprachfehler hat. Deshalb musste ich, bevor ich hergekommen bin, sie noch einmal fragen, was genau sie zu dir gesagt hat. Sie hat gesagt, dein Vater sei vermisst, >Missing in Action<, wie man das nennt, aber bei ihr hörte es sich an, als sei er vermisst in Acksham, nicht wahr? Deshalb bist du hergekommen, stimmt's? Weil du ihn suchen wolltest?«
      Mit Tränen in den Augen nickte der kleine Johnny. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich hab nicht verstanden, warum sie ihn nicht sucht. Mom ist bestimmt furchtbar böse auf mich.«
      Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Das glaube ich nicht. Sie wird sich freuen, dich zurückzubekommen. Aber wie hast du es geschafft, dich unter die Evakuierten zu mischen?«
      Mit seinem schmutzigen Ärmel wischte sich Johnny über die Augen. »Am Bahnhof. Da waren so viele Leute, zuerst wusste ich gar nicht ... Dann hab ich einen Jungen gesehen, den kenne ich vom Kricketspielen auf dem Sportplatz.«
      »Oliver Bradley«, sagte ich. Der Junge, unter dessen Namen Johnny registriert worden war.
      »Ja, er geht zur Broad Hill School.«
      Ich nickte. Oliver Bradley hatte ich noch nicht kennen gelernt, aber die Schule war mir ein Begriff. Sie war gegenüber auf der anderen Seite des Tals. »Und dann?«
      »Ich hab ihn gefragt, wo er hinfährt, und er meinte, er müsste nach Acksham. Das passte genau.«
      »Aber wie hast du ihn überredet, mit dir zu tauschen?«
      »Er wollte nicht, zuerst nicht.«
      »Und wie hast du es dann geschafft?«
      Johnny senkte den Kopf und scharrte mit einer abgenutzten Schuhspitze im Schotter. »Ich musste ihm eine ganze Serie Kricketkarten geben, die aus den Zigarettenschachteln. Die habe ich von meinem Dad.«
      Ich lächelte. Klar, das hatte natürlich geklappt.
      »Und er hat mir versprochen, keinem was zu sagen. Er wollte nach Hause gehen und sagen, es wäre kein Platz für ihn, er müsste es in ein paar Tagen wieder versuchen. Ich brauchte etwas Zeit, um Dad zu finden ... wissen Sie.«
      »Ich verstehe.«
      Wir waren am Bahnhof angekommen. Johnny setzte sich auf die Bank, Phyllis und ich unterhielten uns im Licht des späten Nachmittags. Unsere Schatten auf den Schienen wurden immer länger. Außer dem Gesang der Vögel in den Bäumen und Hecken hörte ich Grashüpfer zirpen, ein Geräusch, das man in der Stadt nur selten vernimmt. Schon oft hatte ich mit dem Gedanken gespielt, auf dem Land zu leben. Vielleicht in ein paar Jahren, nach meiner Pensionierung.
      Wir mussten nicht lange auf unseren Zug warten. Ich dankte Phyllis für ihre Hilfe, wünschte ihr alles Gute für ihren Mann, und sie winkte dem alten Dampfross nach, das langsam aus dem Bahnhof tuckerte.
      Die Verdunkelungszeit war bereits angebrochen, als ich mit Johnny an der Hand in unsere Straße einbog. Der Junge war müde von seinem Abenteuer, fast die ganze Fahrt lang hatte er an meiner Schulter geschlafen. Ein- oder zweimal hatte er aus den Tiefen seines Traums nach seinem Vater gerufen.
      Kaum war ich um die Ecke gebogen, merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Es war nichts zu sehen, ich spürte nur eine plötzliche Kälte im Nacken. Wegen der Verdunkelung war nichts zu erkennen, aber ich hatte den Eindruck, in der Dunkelheit bewege sich eine Gruppe dunkler Gestalten, laufe vor Colin Gormonds Haus auf und ab.
      Ich

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