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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Widmung an Tess.
      »Aber das geht doch nicht!«, sagte ich. »Das Buch ist bestimmt sehr kostbar. Das ist eine Erstaus -«
      Sie wischte meine Bedenken mit einer Handbewegung weg. »Nehmen Sie es bitte. Teresa hätte es so gewollt. Und ich möchte es auch. Aber hören Sie mir zu«, fuhr Miss Eunice fort. »Dies ist nicht der einzige Grund für meinen Besuch. Ich muss Ihnen etwas sehr Wichtiges mitteilen. Es hat etwas damit zu tun, warum die Polizei vor vielen Jahren zu uns kam. Die Vorstellung, begraben zu werden, ohne es jemandem erzählt zu haben, beunruhigt mich sehr.«
      »Aber warum ich? Und warum jetzt?«
      »Das habe ich bereits gesagt. Teresa mochte Sie besonders gern. Und Sie sind Schriftsteller«, fügte sie vieldeutig hinzu. »Sie werden es verstehen. Wenn Sie die Geschichte verwerten möchten, bitte schön. Teresa und ich haben keine Verwandten mehr, die dadurch verletzt werden könnten. Ich bitte Sie nur, nach meinem Tod einen angemessenen Zeitraum abzuwarten, ehe Sie die Erzählung veröffentlichen. Irgendwann in den nächsten Monaten rechnet man mit meinem Tod. Beantwortet das Ihre zweite Frage?«
      Ich nickte. »Ja. Das tut mir leid.«
      »Muss es nicht. Wie Sie vielleicht wissen, habe ich meinen Siebzigsten schon lange hinter mir, auch wenn ich nicht behaupten kann, dass die Jahre danach ein Segen waren. Aber das ist nun mal Gottes Wille. Sind Sie mit meinen Bedingungen einverstanden?«
      »Natürlich. Ich nehme an, es geht um den angeblichen Mord?«
      Miss Eunice hob die Augenbrauen. »Sie kennen also die Gerüchte?«, fragte sie. »Hm, es war wirklich Mord. Teresa Morgan hat ihren Mann Jacob umgebracht und seine Leiche im Garten vergraben.« Sie hielt mir ihre Teetasse hin, ich schenkte ihr ein. Ihre Hand zitterte leicht. Meine ebenfalls. Die Rufe der Händler auf dem Marktplatz schallten durch meine geöffneten Fenster.
      »Wann war das?«, war alles, was ich hervorbrachte.
      Miss Eunice schloss die Augen und schürzte die rissigen Lippen. »Das genaue Jahr weiß ich nicht mehr«, sagte sie. »Aber das ist auch unwichtig. Sie können es nachsehen, wenn Sie wollen. In dem Jahr wurde die Königin zur Kaiserin von Indien ernannt.«
      Zufällig wusste ich, dass das 1877 gewesen war. Geschichtszahlen konnte ich mir schon immer gut merken. Wenn ich richtig rechnete, musste Miss Teresa zu dem Zeitpunkt ungefähr siebenundzwanzig Jahre alt gewesen sein. »Möchten Sie mir erzählen, was damals geschah?«, fragte ich.
      »Deshalb bin ich ja hier«, gab Miss Eunice etwas schärfer zurück. »Teresas Mann war ein Scheusal, ein Schläger und Trinker. Sie hätte ihn niemals geheiratet, wenn sie eine Wahl gehabt hätte. Aber ihre Eltern wollten es so. Er hatte einen eigenen Hof, wissen Sie, und Teresas Eltern waren nur Pächter. Sie war ein sehr aufgewecktes Mädchen, aber das zählte damals nicht. Es war eher ein Nachteil. Wie ihr Eigensinn. Der Kerl schlug sie regelmäßig halbtot - natürlich so, dass man nichts davon merkte. Irgendwann hatte sie genug und brachte ihn um.«
      »Und wie?«
      »Sie erschlug ihn mit dem Schürhaken vom Kamin und vergrub ihn nach Einbruch der Dunkelheit im Garten. Sie hatte Angst, dass sie vor Gericht kommen und gehängt werden würde. Teresa konnte die Grausamkeiten ja nicht beweisen. Und Jacob war beliebt bei den Männern im Dorf, sind so brutale Trinker ja oft. Teresa hatte eine Heidenangst, öffentlich gehängt zu werden.«
      »Geriet sie denn nicht in Verdacht?«
      Miss Eunice schüttelte den Kopf. »Jacob sprach unablässig davon, seine Frau zu verlassen und in die Neue Welt zu gehen. Er beschimpfte sie ständig, weil sie ihm keine Kinder schenkte - insbesondere keine Söhne -, und drohte ihr, eines Tages einfach abzuhauen. In ein anderes Land auszuwandern, wo er eine Frau finden würde, die ihm die erwünschten Kinder gebar. Diese Drohungen wiederholte er so oft im Lokal, dass es niemanden in der Grafschaft Dorset gab, der sie nicht kannte.«
      »Als er verschwand, nahmen also alle an, er hätte seine Drohungen wahr gemacht?«
      »Genau. Sicher, es gab natürlich Gerede, sie hätte ihn umgebracht. Das gibt es ja immer, wenn unerklärliche Dinge geschehen.«
      Ja, dachte ich und musste an mein Gespräch mit Sid Ferris in jener kalten Wüstennacht vor zehn Jahren denken: Dichtung und Wahrheit - der Stoff, aus dem die Märchen sind. Angeblich sollte ja noch eine dritte Person vom Tatort geflüchtet sein. Nun, das

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