Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
und ich habe in vielen Städten und Dörfern in vielen Ländern der Welt gelebt. Obwohl ich oft über ihre Geschichte nachgedacht habe, verspüre ich erst jetzt das Bedürfnis, sie zu Papier zu bringen.
      Vor zwei Wochen bin ich zurück nach Lyndgarth gezogen, und beim Auspacken stieß ich auf die Erstausgabe von Am grünen Rand der Welt. 1874: In jenem Jahr heiratete Hardy Emma Gifford. Während ich mir den Kopf über die Widmung zerbrach, formten sich die Worte auf einmal wie von selbst vor meinen Augen, ich musste sie nur noch niederschreiben.
      Nun, da ich fertig bin, fühle ich mich plötzlich sehr müde. Es ist ein heißer Tag, die Hitze liegt wie ein Dunstschleier über dem Grün, Grau und Braun der steilen Berghänge. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich Touristen auf der Dorfwiese: junge Männer mit nacktem Oberkörper, einige haben Schmetterlinge oder Engel auf die Schulterblätter tätowiert. Mädchen in T-Shirts und kurzen Hosen sitzen neben ihnen, lachen, essen Sandwiches, trinken Bier oder Limonade.
      Ein Mädchen bemerkt meinen Blick und winkt mir frech zu, wahrscheinlich hält sie mich für einen alten Lüstling. Und während ich zurückwinke, denke ich an jenen anderen Schriftsteller - ein viel, viel größerer, als ich es je sein werde -, der an seinem Fenster saß und schrieb. Er schaute nach draußen und sah ein wunderschönes Mädchen durch das Gehölz hinter seinem Garten gehen. Er winkte ihr zu. Sie winkte zurück. Sie zögerte kurz, pflückte Wildblumen, er legte seinen Roman zur Seite und ging hinaus in die warme Sommerluft, um sie zu treffen.
     
     

* Inspector Banks kehrt heim
    Eine Inspector-Banks-Geschichte
     
    * 1
     
    Banks bremste vor dem Haus seiner Eltern und parkte den Renault am Straßenrand der Sozialbausiedlung. Ob der Wagen nachts draußen sicher war? Die Siedlung hatte bereits einen schlechten Ruf gehabt, als er dort in den sechziger Jahren aufwuchs, in den letzten Jahren war es noch schlimmer geworden. Allerdings hatte er gar keine andere Wahl: Seine Eltern besaßen keine Garage. Er überzeugte sich, dass die Türen abgeschlossen waren und die Alarmanlage funktionierte.
      Den CD-Spieler konnte er nicht für die Dauer des Wochenendes ausbauen, aber um auf der sicheren Seite zu sein, packte er die CDs in seine Reisetasche. Er nahm zwar nicht an, dass die Autoknacker hier Verwendung für Thelonious Monk, Cecilia Bartoli oder die Grateful Dead hätten, aber man konnte ja nie wissen. Außerdem besaß er jetzt einen Discman und hörte gerne Musik, wenn er im Bett lag und eindöste.
      Das Haus seiner Eltern stand am westlichen Rand der Siedlung, in der Nähe der Umgehungsstraße. Gegenüber waren eine leerstehende Fabrik und mehrere Geschäfte. Banks hielt kurz inne und betrachtete die Reihenhäuser aus Ziegelstein - immer fünf, jeweils mit kleinem Garten, niedriger Mauer und Ligusterhecke.
      Als er zwölf war, war seine Familie aus dem winzigen, düsteren alten Haus hierhergezogen. Damals waren die Häuser neu gewesen.
      Es war ein Freitagnachmittag Ende Oktober. Banks war übers Wochenende hergekommen, um am Sonntag die goldene Hochzeit seiner Eltern zu feiern. Es war erst die zweite Übernachtung bei ihnen, seit er mit achtzehn zu Hause ausgezogen war, um am Londoner Polytechnikum Betriebswirtschaft zu studieren. Als das nicht richtig laufen wollte und die sechziger Jahre Anfang der Siebziger ihren Reiz verloren, war er zur Polizei gegangen. Seitdem arbeitete er hart und viel, außerdem hatte ihn ferngehalten, dass seine Eltern seine Berufswahl offen missbilligten. Ein Besuch zu Hause war immer ein bisschen wie eine Prüfung, aber trotz allem waren und blieben es seine Eltern. Banks schuldete ihnen mehr, als er ihnen je würde zurückgeben können. Sicher hatte er sie in all den Jahren vernachlässigt, dennoch wusste er, dass sie ihn auf ihre Art liebten. Jünger wurden sie auch nicht gerade.
      Banks holte tief Luft, öffnete das Tor, ging den Weg hoch zum Eingang und klopfte an die zerkratzte rote Tür. Aus dem Nachbarhaus drang laute Musik. Durch die Milchglasscheibe sah er seine Mutter näher kommen. Sie öffnete die Tür, rieb sich die Hände, als wolle sie sie trocknen, und sagte: »Alan! Schön, dass du da bist! Komm rein, mein Junge, komm rein!«
      Banks stellte seine Reisetasche im Flur ab und folgte seiner Mutter ins Wohnzimmer. Es nahm das gesamte Erdgeschoss ein, der hintere Bereich vor der Küche diente als Essecke. Die Tapete hatte

Weitere Kostenlose Bücher