Inspector Banks kehrt heim
wollte heute Abend Würstchen in Pfannkuchenteig machen - dein Leibgericht.«
Tatsächlich hatte sich Banks mit ungefähr vierzehn Jahren sehr für dieses Gericht erwärmen können. »Tut mir leid«, sagte er, »aber sonst haben wir keine Gelegenheit, mal miteinander zu sprechen.«
»Na, wenn du unbedingt willst«, gab seine Mutter in ihrem berühmten verletzten Tonfall zurück. »Ich muss sagen, sie hat immer einen netten Eindruck auf mich gemacht. Ihre Mutter und ich haben uns nicht so gut gekannt, uns nur im Vorbeigehen gegrüßt, aber du kannst ihr sagen, sie kann gerne bei der Feier morgen vorbeikommen. Ich möchte ihr mein Beileid aussprechen.«
»Ich sag's ihr«, entgegnete Banks und eilte nach oben.
* 7
Da Banks' Zimmerfenster geöffnet war, hörte er die Planen von der Baustelle im Wind flattern und die Autos auf der Hauptstraße vorbeibrausen. Außerdem vernahm er einen dumpfen Bass aus dem Nachbarhaus, dazwischen gelegentliches Schreien und Schlagen. Der Garten nebenan sah aus wie ein Schrottplatz: kaputte Möbel, Steine, ein Fahrradwrack. Vielleicht ja auch ein paar verscharrte Leichen ...
Mit knackenden Knien hockte Banks sich vor die Bücher im alten verglasten Bücherschrank und las die Titel auf den Rücken. Da waren sie alle, ein Querschnitt seiner frühen Lektüre, angefangen mit einem großen bebilderten Black Beauty, aus dem ihm seine Mutter vorgelesen hatte, dann alte Jahrbücher von Beano, Dandy und Rupert, außerdem Noddy-Bücher, die ursprünglichen, wo Noddy und Großohr sich mit Golliwog herumtrieben. Als Banks zusätzlich all die Bände der Fünf Freunde und der Schwarzen Sieben sah, hatte er das Gefühl, er allein habe Enid Blyton ein Leben in Luxus ermöglicht.
Dann kam die Lektüre von der weiterführenden Schule: Billy Bunter, fennings und William, gefolgt von Kriegsgeschichten wie Biggles, Das hölzerne Pferd, Die Kanonen von Navarone und Die gelbe Hölle. Daneben standen mehrere Ausgaben der Pan Book of Horror Stories, diese Phase hatte er in seiner Jugend durchlaufen, zusammen mit H. P. Lovecraft und M. R. James. Er besaß nicht viele Kriminalromane, aber es waren noch ein paar eselsohrige alte Taschenbücher von The Saint dabei, Father-Broum-Geschichten und ein kompletter Sherlock Holmes, James Bond war natürlich ebenfalls vertreten, außerdem einige Sextow-Blake-Romane.
Daneben fand Banks Geschichtsbücher, die mit den zahlreichen Bildern, dazu einige Lyrikanthologien von Oxford und Penguin und die illustrierten Kinderenzyklopädien, die jede Woche einen neuen Buchstaben herausgebracht hatten. Er war aber nie über C oder D hinausgekommen.
Im untersten Regal standen Bücher für seine zahlreichen Hobbys wie Fotografie, Münzen, Vögel, Briefmarken und Astronomie sowie mehrere Observer-Bücher über Autos, Flugzeuge, Erdkunde, Bäume, Musik und Teiche. Er hatte diese alten Ausgaben schon in Antiquariaten gesehen, manche waren inzwischen richtig wertvoll. Vielleicht sollte er sie mit nach Hause nehmen. Ob das seinen Eltern recht wäre? Waren seine Bücher und sein Zimmer eine Art Nabelschnur, die letzte Verbindung zwischen ihnen? Welch deprimierender Gedanke.
Ein Buch stand ein Stückchen weit hervor. Zwischen Enid Blytons Der Fluss der Abenteuer und Der Berg der Abenteuer war ein gebrauchtes orangefarbenes Penguin-Taschenbuch namens Lady Chatterleys Liebhaber, eine Neuauflage von 1966 mit einem Vorwort von Richard Hoggart. Neugierig zog Banks es heraus. Er konnte sich nicht erinnern, es gekauft zu haben, und staunte, als er das Vorsatzblatt sah: »Kay Summerville, London, 7. Juni 1969«. Er konnte sich noch gut an den Tag erinnern. Lächelnd legte er das Buch zur Seite. Er wollte es ihr am Abend zurückgeben.
Je länger er über seine Verabredung mit Kay nachdachte, desto mehr freute er sich darauf. Sie war nicht nur eine unheimlich attraktive Frau, sondern auch intelligent. Außerdem hatten sie eine gemeinsame Vergangenheit. Er nahm nicht an, dass die Verabredung zu einem sexuellen Abenteuer führen würde - sicherlich hatte er nicht vor, sie zu verführen -, aber man wusste ja nie. Ob es ihm etwas ausmachen würde? Michelle Hart machte Urlaub in der Toscana. Sie hatten sich gegenseitig zu nichts verpflichtet, und Michelle schien immer ein wenig reserviert zu sein, kurz davor, die zerbrechliche Beziehung zu beenden. Den Grund kannte Banks nicht, aber er spürte, dass sie tiefe, schmerzhafte Geheimnisse hatte, die sie mit
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