Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
Informationen verbringen mußte, kam ihm wie ein Jahr vor. »Und erwarte bloß nicht von mir, daß ich länger bleibe«, fügte er hinzu. »Ich habe eine Daube im Ofen.«
»Daubes müssen lange köcheln«, erwähnte die Garderobiere. Glücklicherweise war Tom Barnaby nicht anwesend, denn sonst hätte er sich sehr über die Art gewundert, in der sich seine Frau, deren kulinarische Katastrophen von Mal zu Mal schlimmer wurden, mit einem Mann auf eine Stufe stellte, dessen Kochkünste legendär waren. Sämtliche Mitglieder der CADS hatten sich schon auf jede erdenkliche Weise darum bemüht, von Avery eine Einladung zum Essen zu ergattern. Jene, die erfolgreich gewesen waren, hatten in den nächsten Wochen an ihren bescheidenen Tischen gesessen und ihren Triumph immer wieder erneuert, indem sie in kleinen Mengen, immer nur krümelweise, damit sie lange davon zehren konnten, gastronomische Erinnerungen preisgaben.
Jetzt erwiderte Avery spitz: »Auch nach langem Köcheln muß ein Gericht genau zum richtigen Zeitpunkt abgestellt werden, Joyce, mein Liebling. Der Grad zwischen einem wunderbaren, in sich harmonischen Eintopf, bei dem jede einzelne Zutat zwar immer noch für sich steht, aber auch in einer perfekten Beziehung zu dem Ganzen, und einem einzigen Reinfall, ist tatsächlich sehr schmal.«
»Ein bißchen wie bei einer Theaterproduktion«, sinnierte Nicholas und bedachte seinen Regisseur mit einem gewinnenden Lächeln, das jede Autorität untergrub. Das Lächeln entging Harold nicht, aber da er den subversiven Gehalt darin übersah, nickte er gespreizt.
»Gut...« Colin Smy stand auf und nahm eine gewichtige Haltung ein, so als wollte er damit sowohl seine Bedeutung als auch den Unterschied zwischen ihm und den übrigen Darstellern herausstreichen. »Einige von uns haben zu arbeiten.« Er rückte seine Banderilla zurecht und ließ der Truppe Zeit, seine Worte in vollem Umfang zu verdauen. Er stand stämmig auf seinen leicht gebogenen Beinen, die in Jeans steckten, trug ein kariertes Hemd und hatte krauses, drahtiges Haar, das sehr kurz geschnitten war. Hier und da stand es in Büscheln ab, die, in Verbindung mit einer großen Portion geballter Energie, den Eindruck hinterließen, man hätte es, wie jemand mal gesagt hatte, mit einem scharfen Foxterrier zu tun. Jetzt verschwand er in der Kulisse und rief pointiert über seine Schulter zurück: »Wenn ihr mich sucht, könnt ihr mich in der Werkstatt finden. Da ist einiges los, falls es jemanden interessiert.«
Es schien jedoch niemanden zu interessieren, und das Hämmern, das kurz darauf nicht zu überhören war, blieb betrüblicherweise unbeachtet. Über ihren Köpfen drehte Dierdre das heiße Wasser auf, schrubbte die Kaffeetassen und knallte sie dabei verärgert gegeneinander, so daß noch ein paar Bröckchen mehr von ihnen absplitterten. Keiner von den anderen hatte sich jemals blicken lassen, um ihr zu helfen, außer David Smy, der des öfteren im Vereinsraum wartete, um seinen Vater abzuholen und ihn nach Hause zu fahren. Dierdre wußte, daß dieses Los ihre eigene Schuld war, weil sie nicht schon längst energisch durchgegriffen hatte, was sie nur noch wütender machte.
»Also gut, ich denke, "Wir sollten Tim noch weitere fünf Minuten geben«, schlug Kaiser Joseph vor, der im Parkett thronte, »und dann weitermachen.«
»Das sieht dir ganz ähnlich«, antwortete Esslyn, »aber ich habe keine Lust weiterzumachen, solange die praktischen Probleme nicht gelöst sind. Natürlich könnte ich auch sagen, diese Dinge hätten alle bis zur letzten Sekunde Zeit...«
»Wohl kaum bis zur letzten Sekunde«, warf Rosa ein.
»...aber ich bin es nun einmal, der dort draußen vor den vollen Rängen steht.« (Jeder scheint hier zu glauben, wir würden im Barbicane-Theater auftreten, dachte Nicholas bei sich.) »Eine Rolle von diesem Umfang ist weiß Gott schon schrecklich genug.« (Weshalb hast du sie dann angenommen?) »Aber Salieris Selbstmord ist nun mal der Höhepunkt des Stücks. Wir müssen es nicht nur richtig hinkriegen, sondern eine geradezu brillante Darbietung liefern.«
Nicholas, der stets Mozarts Tod für den Höhepunkt des Stücks gehalten hatte, meinte: »Warum nimmst du nicht einen elektrischen Rasierer?«
»Um Himmels willen! Wenn das die Art ist...«
»Schon gut, Esslyn, reg dich ab«, beruhigte Harold seinen verärgerten Star. »Also, ehrlich, Nicholas...«
»Entschuldige.« Nicholas grinste.
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