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Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Titel: Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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der Darsteller raubten ihm den Atem. Die leuchtenden Farben der Kostüme, die durch die Schnelligkeit der Bewegungen und den Tanz der Schauspieler flirrten, verwirrten ihn. Er sah sich einem Ansturm mächtiger Gefühle ausgesetzt, die sich jeder Analyse entzogen und rasant wechselten. Noch nie hatte er eine so starke Sympathie für Helena empfunden wie in dem Moment, als er über ihre unverhältnismäßige Wut lachen mußte, und die Szene zwischen Titania und Zettel war so sinnlich, daß er fühlte, wie sein Gesicht glühte.
      Er mußte des öfteren den Platz wechseln. Darsteller in roten Roben versammelten sich an einer Stelle, und er stand direkt hinter ihnen, als sei er ein Teil des Hofstaats von The-seus. Dann wurde er zu dem Podest geschoben und beobachtete, wie Zettel von einer jubelnden, kreischenden Menge auf den Schultern zu seiner Hochzeit getragen wurde. Der Eselskopf drehte sich, und als der Mann anfing zu wiehern und einen muskulösen Arm zu einem eindeutig sexuellen Gruß hob, blickten seine gelben Augen ihn an. Aber inmitten dieses scheinbar nicht zu bremsenden herrlichen Taumels aus Tanz und Bewegung, Energie und Rhythmus gab es auch bemerkenswerte Momente der Stille. Oberon und Titania beispielsweise, die sich in ihren flatternden Seidengewändern an Kletterseilen über die Bühne schwangen, kamen einander näher und näher, warfen sich Blicke tiefsten Hasses zu, hielten dann völlig unvorhersehbar inne und tauschten einen ironisch keuschen Kuß aus. Oder Priamos’ Trauer über Thisbes Tod wurde einfach, aber mit solch einer herzzerreißenden Intensität ausgedrückt, daß der gesamte Hofstaat und das Publikum plötzlich in ein allumfassendes Schweigen versanken.
      Und dann die Hochzeitsfeier. Nach einem großen Fanfarenchor warfen der Hofstaat und die Diener Plastikgläser in das Publikum und rannten dann mit Karaffen umher, um die Gläser zu füllen. Alle tranken auf Theseus und Hippolyta. Ballons und Luftschlangen kamen vom Schnürboden geflogen. Elfen und Menschen tanzten miteinander, und die Halle wurde zu einer wirbelnden Masse aus Farbe, Licht und melodiösen Klängen.
      Nicholas kletterte auf eine Treppe und blieb stehen, um alles zu beobachten. Seine Kehle war trocken vor Erregung und wie zugeschnürt, und dann, als hätte es Mitternacht geschlagen, hörte plötzlich jede Bewegung auf, und Nicholas bemerkte, daß Puck neben ihm stand. So dicht bei ihm, daß ihre Arme einander berührten. Der Schauspieler sagte: »Wenn wir Schatten euch beleidigt haben...«
      Dann wurde Nicholas auf einmal klar, daß es zu einem Ende kommen würde. Daß diese glanzvolle goldene Vision kurz davor war, zu verschwinden und zu sterben... »Wollt ihr diesen Kindertand, der wie leere Träume schwand.« Und er befürchtete, das Herz würde ihm brechen. Puck sprach weiter. Nicholas studierte sein Profil. Er konnte die dynamische Spannung dieses Mannes förmlich spüren. Er bemerkte sie in der kampflustigen Härte des Kiefers, und der zuckende Mund versprühte einen kleinen silbernen Speichelregen, als er die abschließenden Zeilen deklamierte. Und dann, bei dem »Das Spiel zu enden, begrüßt uns mit gewog’nen Händen«, streckte er den linken Arm in einer unglaublich gütigen Geste dem Publikum entgegen, während er die Rechte Nicholas reichte und seine Hand ergriff. Für die Zeit, in der es keine weitere Zeile mehr zu rezitieren gab, standen sie zusammen da, der Schauspieler und der Junge, dessen Leben nie wieder so sein sollte wie zuvor. Dann war es vorbei.
      Nicholas setzte sich, während der Applaus nicht enden wollte. Als die Truppe schließlich abtrat und das Publikum sich zerstreute, kam er wieder zu sich und bemerkte, wie er sein Glas in der Benommenheit leidenschaftlicher Gefühle umklammert hielt. Dann räumte einer der Bühnenarbeiter die Treppe fort. Nicholas trank den letzten Rest Johannisbeersaft aus seinem Glas, und sein Blick fiel auf eine rote Luftschlange und eine rosafarbene Papierrose auf dem Boden. Er hob sie auf und steckte sie vorsichtig in die Tasche. Der Schnürboden wurde abgesenkt, und er hatte das Gefühl, im Weg zu stehen. Daher zwang er sich, obwohl er um alles in der Welt dableiben wollte, den Schauplatz zu verlassen.
      Draußen auf der Straße standen zwei große Möbelwagen. Jemand lud den Metallbaum mit den goldenen Äpfeln ein. Einige der Schauspieler erschienen. Sie gingen die Straße hinunter, und Nicholas folgte ihnen, weil er wußte, daß es nicht in Frage

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