Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
Premiere und den Glamour der glitzernden Feiern nach den Vorstellungen.
Manchmal quälte sich Harold, um die herausragende Bedeutung seiner Position noch zu unterstreichen, mit horrenden Tagträumen. Auch jetzt ließ er sich wieder in einen abgleiten, bloß, um sich die Zeit etwas zu vertreiben. Diesmal phantasierte Harold, daß er - ähnlich wie einst Marie Antoinette als Milchmädchen am Trianon - als ein Niemand in Causton leben würde. Einfach einer unter vielen abgestumpften Kerlen in den mittleren Jahren. Er sah sich mit anderen Langweilern bei den Rotariern laut über die lokalen Finanzangelegenheiten diskutieren oder, noch schlimmer, im Gemeinderat sitzen, wo ganze Abende mit Debatten über den Zustand der Abwasserkanäle verschwendet wurden. Tätigkeiten, die eine künstliche Wichtigkeit bekamen, während sie eigentlich nur dazu dienten, den Abgrund der Langeweile auszufüllen. Sonntags würde er das Auto (einen Fiesta) waschen und abends wäre da das Fernsehen, und er hätte die voraussichtlich interessanten Programme schon vorher eingekreist. Danach würde er dann einen dieser Zuschauerbriefe an die Radio Times schreiben, in dem er auf einige falsche Betonungen oder Irrtümer in den historischen Kostümen und Drehorten hinwies, und daraufhin würde er vorübergehenden Ruhm in der Gemeinde ernten, falls seine Briefe tatsächlich abgedruckt werden sollten.
Das war für gewöhnlich der Punkt, an dem Harold das Panorama anhielt, weil ihm der kalte Angstschweiß auf der Stirn stand, von dem Karren absprang und ihn wieder in die Realität lenkte. Nun erhielt er dabei durch den Anblick eines schäbigen Citroën 2CV Hilfe, der auf einer doppelten durchgezogenen gelben Linie an der Ecke der Carradine Street parken wollte. Er sammelte sich und rannte los.
»Da können Sie nicht halten.«
»Mr. Winstanley?«
»Oh.« Harold rückte seinen Hut und seinen Gesichtsausdruck zurecht. Er fragte ungläubig: »Sind Sie vom Observer}«. Sie sah zu jung aus, um Zeitungen auszutragen, ganz zu schweigen davon, daß ihr jemand eine Kolumne im Feuilleton anvertraut hätte.
»Richtig.« Ramona Plume deutete auf die Windschutzscheibe, als sie ausstieg. Da war ein großes Schild angebracht, auf dem PRESSE stand. »Das geht für die paar Minuten doch sicher in Ordnung, oder?«
»Ein paar... « Harold schritt mit ihr zur Glastür des Latimer. »Die Geschichte, die ich Ihnen erzählen will, meine Liebe, wird wesentlich länger als ein paar Minuten dauern.«
Als das Mädchen ihm in das Foyer folgte, lachte es und erkundigte sich: »Gehört die Ihnen?« Dabei deutete sie mit dem Kopf auf die Taube. Harolds Lippen wurden schmaler. Ms. Plume öffnete die kleine Ledertasche, die an einem dünnen Riemen quer über ihre Brust hing. Harold, der davon ausging, daß es sich hier um eine Handtasche handeln mußte, beobachtete etwas verwirrt, wie sie eine Lasche öffnete, einen Knopf drückte und eine Kassette einlegte. Er fing sofort an zu sprechen. »Ich dachte zum ersten Mal daran, Ama...«
»Warten Sie, ich muß erst zurückspulen.«
»Oh.« Beleidigt stolzierte Harold zu der Tafel mit den Fotos rüber und blieb mit einer besitzergreifenden Geste dort stehen; er hatte einen Arm über den oberen Rand der Tafel gelegt. »Ich dachte - wenn Ihr Kollege auftaucht - könnten wir vielleicht hier die ersten Fotos machen.«
»Keine Bilder.«
»Was?«
»Es ist Samstag. Da ist keiner frei.« Sie warf ihr langes blondes Haar zurück. »Hochzeiten, Hundeshows, Pudding und Pastete. Weihnachtsfeier der Pfadfinder.«
»Ich verstehe.« Harold verkniff sich gerade noch eine scharfe Entgegnung. Er wollte sich die Presse schließlich nicht zum Feind machen. Und er hatte ja eine ganze Menge Fotos dabei, einschließlich eines von sich selbst, gehüllt in einen Davidoffschen Schleier, wie er Nicholas in Die Nacht muß kommen Regieanweisungen erteilte.
Ms. Plume streckte ihm ein Mikrophon, das nicht größer als eine Zahnbürste war, entgegen und begann: »Aus Ihrem Brief habe ich entnommen, daß das die neunzehnte Produktion im Latimer ist?«
Harold lächelte und schüttelte den Kopf. Es gab noch sehr viel Grundlegenderes zu erklären, bevor sie darüber reden konnten, welchen exakten Platz Amadeus im Winstanley-Pantheon einnehmen würde. Er holte tief Luft. »Ich wußte schon immer«, begann er, »daß es mir bestimmt war...«
»Eine Sekunde.« Sie sprang auf die Straße hinaus, sah
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