Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
waren. Wenn er einen großen, plattfüßigen Philister von Polizisten seinen Flur entlanglaufen sehen wolle, hatte er geschimpft, wäre sie ganz sicher die erste, die er das wissen lassen würde.
Barnaby war sich dieser Einstellung bewußt, und insgeheim amüsierte er sich gewaltig darüber. Nun sprach er mit Doris über Gartenbau, weil er vor einiger Zeit entdeckt hatte, daß ihre Leidenschaft dafür genauso groß war wie seine. Tatsächlich waren alle Sträucher in dem Garten der Winstanleys Ableger von Arbury Crescent, und er hielt jedes Jahr etwas von der Saat für Doris zurück. Obwohl sie ihm in ihrer Loyalität immer wieder versicherte, diese Geschenke seien doch unnötig, nahm Barnaby an, daß Harolds stilvolle Lebensweise ihm nur wenig Geld für Dinge ließ, die er als überflüssig einstufte. Jetzt warf Harolds Frau Barnabys Begleiterin einen freundlichen, leicht verwirrten Blick zu, der gleichzeitig fragend war.
»Erinnern Sie sich noch an meine Tochter?«
»Cully.« Das letzte Mal, als Doris Barnabys Tochter gesehen hatte, war das Kind mit einem Irokesenschnitt in Grün und Silber herumgerannt und in schwarzes Leder gekleidet gewesen, an dem Ketten hingen. Nun trug sie ein giftgelbes Abendkleid ohne Träger mit einem bauschigen Rock, der über ihren Knien zugeschnürt war. Schlanke, seidenbestrumpfte Beine endeten in hochhackigen Wildlederschuhen mit aufgestickten Laschen. Um ihre Schultern lag ein altes Spitzentuch mit Straßverzierung, und ihr Haar, blauschwarz wie Weintrauben, war auf dem Kopf zu einem straffen Knoten aufgesteckt und wurde von einem Elfenbeinkamm dort festgehalten. »Ich habe dich gar nicht wiedererkannt, meine Liebe.«
»Hallo, Mrs. Winstanley.« Cully schüttelte ihr die Hand. »Hallo, Harold.« Sie fragte sich, wie jemand sich dazu durchringen konnte, diese alte Strickjacke auch nur ein einziges Mal zu tragen, ganz davon zu schweigen, wie jemand dazu kam, sie Jahr für Jahr immer wieder anzuziehen. Nachdem er seiner Tochter einen strengen, warnenden Blick zugeworfen hatte, der allerdings nicht bei ihr ankam, bahnte sich Barnaby seinen Weg zur Tür, wo gerade ein jugendlicher Mann in Begleitung eines nichtssagenden hübschen Mädchens das Foyer betrat.
»Sie haben es also geschafft, Gavin?«
»Ja, allerdings, Sir.« Detective Sergeant Troy zog die Manschetten seines sportlichen Jacketts nervös nach unten. »Das ist Maure, meine Frau.« Mrs. Troy bewegte einen Fuß. »Ooh, Entschuldigung. Maureen.«
»Erfreut, Sie kennenzulernen.« Maureen schüttelte ihm die Hand. Sie schien nicht wirklich erfreut zu sein. Barnaby nahm an, daß sie es genauso satt hatte wie Mrs. Winstanley, jedoch keine Notwendigkeit sah, diesen Umstand zu verbergen. Er hing jedesmal ein CADS-Poster in der Kantine auf, jedoch ohne auf seine Verbindung zu der Truppe hinzuweisen, aber sein Sergeant, der gehört hatte, wie er Joyces Proben erwähnte, hatte zwei und zwei zusammengezählt und sofort die Karten gekauft. Barnaby konnte sich das Gespräch im Haushalt der Troys lebhaft ausmalen. Gavin glaubte, daß es nicht so schlecht wäre, sich mit dem alten Mann gut zu stellen; Maureen sah nur, welche Langeweile da auf sie zukommen würde. Jetzt aber lächelte sie, ein verdrießliches, zurückhaltendes Lächeln, und erklärte, sie hätte liebend gern ein Lager mit einem Spritzer Zitrone. Verlegen schob ihr Ehemann sie näher zu den Stufen des Zuschauersaals. Als er das tat, hatte er plötzlich Cully im Blickfeld. Sie lief gerade durch die Schwingtüren, die über den Korridor hinter die Bühne führten. Ein paar Momente später setzte ihn Maureen mit einem brutalen Hieb ins Kreuz wieder in Bewegung.
»Wie schade, daß du Messer und Gabel nicht dabei hast«, giftete sie, als sie sich auf ihren Sitzen niederließen.
»Wie bitte?« Er starrte sie ausdruckslos an.
»Dann hättest du sie in der Pause aufessen können.«
Mr. Tibbs war spät dran, und Dierdres Aufregung steigerte sich von einer Minute zur nächsten. Sie bereute bereits, daß sie zugestimmt und ihn in seinem Wunsch, bei der Premiere dabeizusein, sogar noch unterstützt hatte. Das kam ihr jetzt wie der Gipfel an Dummheit vor. Wenn er einen Anfall hatte oder Angst bekam, war niemand da, der ihm helfen konnte. Sie wünschte, sie hätte daran gedacht, ihn neben Tom zu plazieren, aber der Sitz direkt am Gang in der hintersten Reihe war ihr dann doch geeigneter vorgekommen. Sie fürchtete, er würde sich
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