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Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Titel: Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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machen und sich ein Weilchen vor das Feuer zu setzen. Aber schon wenige Minuten später zwangen sie ihre Liebe und die Verzweiflung, weiterzusuchen und wieder auf die Straße hinauszulaufen, obwohl sie Angst hatte, ihn nie wieder zu finden.
      Jetzt stand sie da, die Hand gegen das pochende Herz gedrückt, und ihre Haut brannte infolge des prasselnden Regens; sie konnte keinen Schritt mehr gehen. Sie wußte nicht, welchen Weg sie einschlagen sollte, quälte sich selbst mit Befürchtungen, daß ihr Vater irgendwo in der Gosse liegen konnte. Oder gegen eine Wand gerannt war. Es hätte nichts geholfen, jeden Rinnstein und jede Mauer abzusuchen, denn wenn er dort gewesen wäre, hätte sie ihn schon gefunden. Die Fähigkeit, logisch zu denken, war in dem Moment verschwunden, als sie in den Vereinsraum zurückgekehrt war, den leeren Stuhl gesehen hatte und in Panik geraten war. Sie preßte das Gesicht gegen das kalte Glas und starrte durch die Fensterscheibe.
      Es ist eine Regel, daß die Umstände, die ein eintretendes Unglück begleiten, wie trivial oder unschuldig auch immer sie sein mögen, auf immer und ewig mit dem betreffenden Schicksalsschlag verknüpft bleiben. Bei Dierdre war es fortan so, daß sie bis zum Ende ihrer Tage niemals irgendeinen Artikel, der mit selbstgemachtem Wein in Verbindung stand, lesen konnte, ohne ein plötzlich anschwellendes Gefühl spontaner Angst zu verspüren. Ähnlich erging ihr es mit den Worten »Weißwein von der Loire«.
      Noch einmal wandte sie ihr Gesicht gen Himmel. Dort oben ist Gott, dachte Dierdre. Gott mit den Augen, die alles sahen. Er mußte wissen, wo ihr Vater war. Er könnte sie dorthin führen, wenn er es denn wollte. Sie legte die Hände zusammen und stammelte ein Gebet aus Brocken von Kindheitsbeschwörungen: »Lieber Jesus... jetzt gehe ich schlafen ... ich vertraue dir... du wirst ihn nicht in Gefahr laufen lassen...« Die vor Kälte tauben Hände hatte sie in dringlichem Bitten aneinandergepreßt, als sie flehentlich den Blick zum Himmel hob.
      Der Regen hörte auf, aber sonst änderte sich nichts, außer, daß die Nässe in der Luft die irisierenden Sterne noch ferner erscheinen ließ und der milchige Hof des Monds noch unmenschlicher strahlte. Auf einem von Dierdres Brillengläsern rann ein Bach seitlich hinab und verzerrte ihr Gesichtsfeld.
      Sie rief sich die Jahre ins Gedächtnis zurück, in denen ihr Vater von frommer Hingabe erfaßt worden war. Sein schlichtes Vertrauen bestand in der Überzeugung, daß er vom Herrn geliebt, von diesem großen Gott bewacht und von ihm vor allem Übel beschützt wurde. Langsam bemächtigte sich Wut ihrer Adern, wärmte ihr Blut und schoß bis in die gefrorenen Fingerspitzen. War das etwa sein Lohn für jahrelange Hingabe? Es zu erlauben, daß er verrückt geworden war, dann ausgesetzt und allein gelassen, um wie ein armes, heimatloses Würstchen in dem heulenden Wind und dem Regen herumzuirren?
      Als Dierdre mit noch nie gefühlter Heftigkeit in die scheinbar unendlichen Weiten des Weltalls blickte, überkam sie ein schrecklicher, ketzerischer Gedanke. Was war, wenn es dort überhaupt niemanden gab? Keinen Gott. Keinen Gabriel mit goldenen Fußabdrücken und vier Meter großen schützenden Flügeln. Sie schüttelte den Kopf (und ihre Haare flogen wie Rattenschwänze umher), so als wollte sie diese gotteslästerliche Unterstellung vertreiben, jedoch ohne Erfolg. Nachdem dieser Gedanke erst mal aufgetaucht war, bohrte er sich wie ein vergifteter Pfeil in ihr Gemüt und versprühte sein Gift aus Zweifel und Ungläubigkeit. Eine Woge der Wut rollte über sie hinweg. Dann stiegen Gefühle des Zorns in ihr auf, die sich direkt gegen Gott wandten, von dessen Existenz sie nicht mehr überzeugt war. Sie trat aus ihrem Unterstand auf den feuchten Bürgersteig und schwenkte die geballte Faust gen Himmel.
      »...Du...«, schrie sie. »...du solltest doch auf ihn aufpassen!«
      Die Polizeistreife, die der vor dem Latimer postierte Wachtmeister gerufen hatte, hatte Dierdre mehrfach verpaßt. Jetzt gab Polizistin Audrey Brierley ihrem Kollegen ein Zeichen und sagte: »Da drüben...«
      Zu diesem Zeitpunkt hatte Dierdre bereits aufgehört zu schreien, stand einfach nur traurig und resigniert da und wartete auf sie. Sie setzten sie sehr sanft in den Wagen und brachten sie nach Hause.
      Nachdem Tim und Avery gekommen waren, rückte Troy seinen Stuhl demonstrativ einen Meter weit ab. Dann setzte er sich mit

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