Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
ist.«
»Stellen Sie durch.«
»Hier spricht Mrs. Sweeney vom Black Boy Pub. Wer ist am Apparat?«
»Detective Chief Inspector Barnaby.«
»Sind Sie der Gentleman, der neulich ein Käsebrot und ein Bier bei mir bestellt hat?«
»Ganz recht.«
»Gut. Ich denke, Sie sollten herkommen. Bei den Rainbirds ist irgendwas los.«
»Was denn?« Mrs. Sweeneys Stimme, die er als trübsinnig in Erinnerung hatte, vibrierte vor Aufregung.
»Ich weiß nicht genau ... es klingt fast, als würde jemand singen, aber so einen Gesang hab’ ich noch nie in meinem Leben gehört - eigentlich ist es mehr ein Heulen. Und es geht schon Ewigkeiten so.«
Dieser Moment blieb Barnaby unauslöschbar im Gedächtnis. Als er den Hörer auflegte, spürte er ganz deutlich, daß sich die Maschinerie des Falls, die durch Alibis, ungeprüften und nicht überprüfbaren Behauptungen sowie durch wohlüberlegte Täuschungsmanöver mindestens zweier Personen nahezu zum Stillstand gekommen war, wieder in Bewegung Setzte. Aber noch ahnte er nicht, mit welcher Geschwindigkeit die Maschinerie lief oder daß eine unbekannte Hand einen Schraubenschlüssel in das Räderwerk werfen und damit Schreckliches anrichten würde.
Ungefähr fünfzig Menschen drängten sich vor dem Gartentor von Tranquillada. Sobald Troy den Motor abstellte, konnten er und Barnaby die seltsamen Laute hören. Ein grausiges Wehklagen, Mrs. Sweeney eilte auf sie zu.
»Nach unserem Telefongespräch habe ich geläutet, aber niemand hat reagiert. Ich hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen.«
Die beiden Männer gingen über den Weg zur Haustür. Niemand versuchte, ihnen zu folgen. Das allein schon drückte das Grauen aus, das in der heißen, reglosen Luft lastete. Normalerweise muß man sie mit Gewalt zurückhalten, schoß es Barnaby durch den Kopf. Er stand neben Troy auf den Stufen. Das Heulen hielt an. Barnaby fragte sich, wie etwas, was so emotionslos erschien, eine solche Auswirkung auf die Zuhörer ausüben konnte. Das Jaulen verstummte und begann wieder - mit unmenschlicher Regelmäßigkeit, als würde man eine Schallplatte mit Sprung abspielen. Nachdem er den Türklopfer ohne Erfolg betätigt hatte, kauerte sich Barnaby nieder und rief durch den Briefschlitz: »Mr. Rainbird ... öffnen Sie die Tür.«
Das Lamentieren wurde eine Spur schriller, klang fast wie ein Quietschen, dann riß es plötzlich ab. Die Menschenmenge gab keinen Laut von sich. Barnaby ließ erneut den Türklopfer fallen. Die Schläge hallten wie Pistolenschüsse in der stillen Straße.
»Soll ich die Tür aufbrechen, Sir?« Troy war aufgeregt. Sein Blick, der die Bedeutung seiner Stellung unterstreichen sollte, wanderte von der Ansammlung zu Barnaby, dann zum Haus.
»Durch ein Fenster geht’s schneller. Sehen Sie erst nach, ob Sie ein offenes finden.« Während Troy um das Haus herumrannte, wandte sich Barnaby den Leuten zu. Instinktiv hatten sie sich näher zusammengedrängt. Sie warfen kurze, kompakte Schatten auf den warmen Asphalt. Eine Frau hatte ein Kleinkind auf dem Arm. Als sie Barnabys Blick auffing, drehte sie das Gesicht des Kindes vom Bungalow weg. Der Keramikstorch beobachtete gleichgültig die Szene. Barnaby drehte sich wieder um. Erst in diesem Moment fiel ihm der ansehnliche Haufen Pilze auf der Treppe auf. Wieso, zum Teufel, brauchte Troy so lange? Inzwischen hätte er durch ein halbes Dutzend Fenster ins Haus und wieder heraus klettern können. Barnaby war drauf und dran, wieder an die Tür zu hämmern, als er hörte, wie der Riegel innen zurückschnappte. Die Tür schwang auf. Troy starrte den Chief Inspector ausdruckslos an. Ohne ein Wort zu sagen trat er beiseite, um ihn hereinzulassen. Barnaby fröstelte, als hätte sich ein eisiges Spinnennetz auf sein Gesicht gelegt.
Er durchquerte den Flur, ging an dem roten Telefon, das an dem kurzen Kabel baumelte, und an den rot bespritzten Türen und Wänden vorbei. Er spähte in jedes Zimmer, sah aber niemanden. Er suchte nach der Quelle des Schweigens, das noch grauenvoller war als das Klagen, und fand es im Wohnzimmer.
Einen Moment lang blieb er reglos auf der Schwelle stehen und kämpfte gegen die Übelkeit und das Entsetzen an. Überall war Blut. Auf dem Boden, an den Wänden, auf den Möbeln, an den Vorhängen. Aber am meisten auf Dennis Rainbird. Er sah aus, als hätte er in Blut gebadet. Auf seinem Gesicht glitzerten - wie auf dem eines mutigen Kriegers -angetrocknete
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