Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
fließenden Bewegung geschehen, vom Anfang bis zum Ende. Im Lauf der Jahre hatten Tom und sie sich widerwillig eingestehen müssen, daß sie nie wußten, ob ihre Tochter gerade schauspielerte oder einfach nur sie selbst war. Das war ziemlich beunruhigend. Einen Augenblick tat ihr Nicholas leid, bis ihr einfiel, daß er noch schlimmer war.
Barnaby saß über seinen Schreibtisch gebeugt. Der Ventilator kühlte eine seiner Gesichtshälften, die andere war schweißüberzogen. Überall im Büro waren Tageszeitungen ausgebreitet und beschwert worden, damit sie nicht von der künstlichen Brise weggetragen wurden. Nur die Boulevardpresse brachte die Geschichte noch auf der Titelseite, und allein der Daily Pitch hatte sie abermals zur Titelstory gemacht. Kamen die Mörder des Yogi von der Venus? Das Foto einer ungekämmten Heather prangte auf der Titelseite.
Barnabys Tür stand sperrangelweit offen und gab den Blick auf geschäftiges, aber geordnetes Treiben frei. Auf Formulare und noch mehr Formulare, Fotos und Berichte. Auf grüne Bildschirme mit noch mehr Informationen. Und dann waren da noch die Telefone, die fortwährend klingelten.
Viele Anrufer boten »lebenswichtige Informationen« über das Verbrechen auf Golden Windhorse an. Es brauchte schon mehr als den Umstand, daß der Mord ganz in der Nähe und auf einem hermetisch abgeriegelten Anwesen stattgefunden hatte, um die großartige britische Öffentlichkeit davon abzuhalten, ihren Senf zu dem Vorfall abzugeben. Ein anonymer Anrufer hatte sich um fünf Uhr morgens gemeldet, um einen Traum zu schildern, in dem ihm der Geist Arthur Craigies in Ketten erschienen war und verkündet hatte, daß seine Seele keine Ruhe fände, ehe alle in Großbritannien lebenden Farbigen in ihre Heimatländer zurückgekehrt waren. Der Mann hatte noch hinzugefügt: »Damit sind Länder mit tropischem Klima gemeint«, ehe er auflegte.
Ein Großteil der Information war offizieller Natur und brachte die Polizei ein gutes Stück weiter. George Bullard rief an, um zu sagen, daß Jim Carter vermutlich Metranidozole verschrieben bekommen hatte und es in diesem Fall tatsächlich unvorsichtig gewesen wäre, gleichzeitig Alkohol zu sich zu nehmen. Mit Erlaubnis von Arno Gibbs hatte Mr. Clinch sich bereit erklärt, den Inhalt von Craigies Testament zu verkünden. Der echte Christopher Wainwright war im White City Television Centre aufgetrieben worden und hatte Andrew Carters Schilderung ihrer gemeinsamen Schulzeit in Stowe, daß sie sich in der Jermyn Street getroffen und zusammen bei Simpson''s zu Mittag gegessen hatten, verifiziert. Nur an einem Punkt wichen die beiden Versionen voneinander ab: Wain-wright behauptete immer noch, seine Brieftasche an besagtem Tag verloren zu haben. Er hatte gesagt: »Andy hat das Essen bezahlt«, und hatte dabei ziemlich erfreut geklungen.
Noleen, Andrew Carters Nachbarin in Earl’s Court, hatte bestätigt, an jenem Morgen, als sein Onkel gestorben war, zusammen mit Andrew gefrühstückt zu haben. Barnaby hatte nicht ernsthaft geglaubt, daß der Junge etwas mit dem Tod seines Onkels zu tun gehabt hatte, andererseits war es nicht gerade ungewöhnlich, daß ein Schuldiger der Polizei eine glaubwürdige Geschichte auftischte, um die eigenen Spuren zu verwischen. Bislang war es Barnaby nicht vergönnt gewesen, Andrews Aktivitäten auf Blackpool’s Golden Mile zu überprüfen, aber irgend jemand kümmerte sich vor Ort darum.
Ob es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen gab, war im Augenblick noch unklar. Nichtsdestotrotz war es verführerisch, von dieser Möglichkeit auszugehen. Wollte man sich ausschließlich an die Tatsachen halten, durfte man mit Sicherheit davon ausgehen, daß Carter eine Entdeckung gemacht hatte (»Andy - etwas Schreckliches ist geschehen...«) und er kurze Zeit danach die Treppe hinuntergestürzt war. Und daß Craigie zwei Monate später ermordet worden war. Ob der Meister bei dem ersten Tod seine Hände im Spiel gehabt hatte, war im nachhinein nicht eindeutig zu beweisen - Miss Cuttle konnte nicht mit Sicherheit sagen, wessen Stimme sie gehört hatte. Einmal angenommen, daß es nicht Craigie gewesen war, hatte er dann etwas herausgefunden und war infolgedessen getötet worden?
Sollte dem so gewesen sein, gab der Gamelin-Treuhand-fonds kein stichhaltiges Motiv ab, zumal Sylvie bei ihrem Verhör dem Chief Inspector gesagt hatte, sie habe diesen Vorschlag dem Meister erst eine Woche vor ihrem Geburtstag
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