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Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Titel: Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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unterhielten. Er überschüttete sie mit Geschenken, legte sie ihr in den Schoß, versteckte sie in ihrem Zimmer oder wickelte sie in die Serviette neben ihrem Besteck ein, krank vor Sorge, daß sie nicht ihrem Geschmack entsprachen. All seine Bemühungen, ihre Zuneigung zu gewinnen, wies sie zurück. Nicht barsch oder vehement - damit hätte er umgehen können, das wäre ein Anfang gewesen, auf dem sich etwas aufbauen ließe sondern indem sie sich in leiser, wohlerzogener Resignation abwandte. Manchmal kam es vor, daß sie ihn anblickte. Ihre Augen glichen blaßblauen Steinen.
      Nur ein einziges Mal zeigte sie ihre Gefühle, als sich Guy - in einem neuen Anfall von Reue über jahrelange Vernachlässigung - eines Tages während eines Zoobesuchs dazu durchrang, seine Scham und sein Bedauern in Worte zu fassen. In dem Bedürfnis, vielleicht einen Bruchteil der Schuld abzustreifen. Kaum hatte er zu sprechen begonnen, drehte sie sich um und brüllte ihn an: »Hör auf, hör auf. Das interessiert mich nicht.«
      Anstandslos hatte er von seinen Bemühungen Abstand genommen, und sie hatten den verbleibenden Nachmittag stumm und distanziert verbracht, wenn auch nicht distanzierter als sonst, wie er schmerzlich einräumen mußte. Wohin er an diesem Tag auch schaute, überall erblickte er Väter, die ihre Kinder an der Hand hielten oder auf dem Arm trugen. Ein Junge, dem Aussehen nach gerade mal sechzehn Jahre alt, trug ein winziges Baby in einem Leinenbrusttuch. Das Kleine schlief, sein gerötetes, verschrumpeltes Profil ruhte auf dem flachen Brustkorb des Jungen. Das hätte ich auch tun können, dachte Guy und blickte verärgert auf den Scheitel seiner Tochter. Jesus - ich entsinne mich nicht mal, sie auf den Arm genommen zu haben.
      Niemals wieder startete er den Versuch, Sylvie mit einer Erklärung seiner Gefühle zu belasten. Einmal jedoch mühte er sich ab, sie schriftlich festzuhalten. Den Brief hatte er ihr allerdings nie ausgehändigt, sondern ihn statt dessen zusammen mit einer Locke ihres Haars, ein paar Fotos und Schulzeugnissen in seiner Schreibtischschublade versenkt. Und während Monate und Jahre verstrichen, verlor seine bittere Reue angesichts ihrer fortwährenden Indifferenz ein wenig an Schärfe. Locker zu lassen war ihm freilich nicht gegeben. Unbeirrt unterhielt er sich mit ihr, bis seine Kehle schmerzte, stellte Fragen, machte Vorschläge, gab Kommentare zu Alltäglichkeiten ab. Irgendwann war er dann auf die Idee verfallen, Felicitys Gegenwart verursachte die Zurückhaltung des Mädchens. Daß er und Sylvie, wenn sie allein leben würden, durch den glücklichen Zufall einer familiären Osmose Wärme in das Herz und Leben des anderen hauchen würden. Ohne zu zaudern hatte er Sylvie einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Inzwischen war es ihm egal, daß dieser Schritt der Welt vom Fehlschlagen seiner Ehe kündete. Sylvie war ziemlich verwirrt gewesen, hatte die Stirn gerunzelt und einen Augenblick nachgedacht, bevor sie fragte: »Wieso sollte ich diesen Wunsch hegen?«
      Vor fünf Jahren war eine neuerliche Veränderung eingetreten. Am Morgen ihres sechzehnten Geburtstages verschwand Sylvie. Verließ wie üblich das Haus, als ginge sie zur Schule, kam dort nie an, kam nicht mehr heim. Guy, rasend vor Angst, war überzeugt, daß sie entführt worden war. Nachdem keine Löse-geldforderung gestellt wurde, malte er sich aus, sie wäre in einen Unfall verwickelt gewesen, einem Mörder zum Opfer gefallen. Er setzte sich mit der Polizei in Verbindung, die - nachdem sie Sylvies Alter erfahren hatten - irritierend gelassen reagierte und die Vermutung anstellte, daß sie höchstwahrscheinlich bei Freunden oder einfach eine Zeitlang allein sein wollte.
      In der Überzeugung, daß das nicht der Fall war, stattete Guy ihrer Schule einen Besuch ab und fragte, ob er mit jemandem sprechen könnte, dem seine Tochter besonders nahe gestanden habe. Mit einem Namen konnte er nicht aufwarten, da Sylvie nie von ihren Freunden erzählt, seit vielen Jahren niemanden mehr mit nach Hause gebracht hatte.
      Ein hochgewachsenes Mädchen mit schmalen Augen und hochnäsigem Blick wurde in das Büro des Direktors geführt. Sie informierte Guy, daß Sylvie seit jeher behauptete, sie könne ihren sechzehnten Geburtstag nicht erwarten, weil sie dann das Elternhaus verlassen konnte. »Sie hat mir gesagt«, plauderte das Mädchen mit gespielter Widerwilligkeit aus, »daß sie ihre Eltern zutiefst verachtet.«
      An

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