Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
bis keine Bläschen mehr aufstiegen. Dann kam ihr eine Idee. »Ich habe vergessen, Ihnen zu sagen..., daß ich Aids habe«, rief sie durchs Zimmer.
Guy bedachte sie mit einem kurzen Blick, ehe er höhnisch auflachte. »Mann, o Mann. Schon vor meiner Geburt sind mir bessere Lügen eingefallen.«
»Es ist wahr.« Doch sie beide hörten, wie dünn ihre Worte klangen, daß in ihnen ein fast flehender Unterton mitschwang. Angewidert schüttelte Guy den Kopf.
Doch in diesem Moment kamen Trixie noch mehr blutige, vor atemberaubender Vernichtung triefende Szenen in den Sinn, und sie erdachte eine Waffe mit vernichtender Schärfe. Diesmal rein zufällig. Dann erinnerte sie sich an ihre Unterhaltung auf der Terrasse und an den Schatten, der beim Gespräch über seine Tochter über Guys Gesicht gezogen war. Sie setzte sich auf.
»Eigenartig, daß Suhami auf Windhorse lebt, nicht wahr? Mit ihrer Herkunft. Und all dem Geld... Man möchte meinen, sie hat daheim alles, was sie braucht.« Guys veränderter Gesichtsausdruck machte ihr angst, aber ihr Verlangen, es ihm heimzuzahlen, feuerte sie an. »Es wundert mich nicht, daß sie den Meister abgöttisch liebt. Ich nehme an, er ist so ’ne Art Vaterfigur. Ein bißchen seltsam ist das allerdings schon. Zumal sie ja einen Vater hat.«
Die letzten Worte brachte sie nur stammelnd hervor. Die Art und Weise, wie Guy auf sie zukam, machte ihr angst. Es kostete sie große Mühe, sich nicht kleinzumachen, sich nicht in den Kissen zu verstecken. Er hielt ihr sein Gesicht vor die Nase. Sie konnte die großen Poren erkennen, die roten Äderchen, die widerspenstigen Haare auf seiner Nase.
»Ich werde jetzt duschen gehen. Den Geruch der Gosse abwaschen. Wenn ich rauskomme, will ich, daß du verschwunden bist. In fünf Minuten - okay?« Sein leises, bedrohliches Flüstern war so haßerfüllt, daß sein Atem auf ihrer Haut brannte.
Als die Badezimmertür zufiel, löste sich Trixies letztes Fünkchen Courage in Luft auf. Mit zittrigen Beinen erhob sie sich, taumelte zum Schminktisch hinüber. Im Spiegel sah sie, daß ihre Wangen feucht waren. Daß sie geweint hatte, war ihr nicht bewußt gewesen. Wie war das nur möglich? Zu weinen, ohne es mitzukriegen. Ein Seufzer voller Selbstmitleid kam ihr über die Lippen und wurde sofort unterdrückt, obwohl ihn niemand hören konnte.
Sie hörte, wie er sich einseifte und dabei rumplanschte. In einer samtbezogenen Schachtel lagen Gesichtstücher. Sie schnappte sich ein paar und rieb damit ihr Gesicht ab. Sie hatte viel zuviel Make-up aufgetragen. Hektisch und unprofessionell, ehe sie die Treppe hinuntergelaufen war. Die Erinnerung an vorhin ließ sie zusammenzucken. Trixie versuchte den Schaden, den die Tränen und der Schweiß angerichtet hatte, zu korrigieren, was kein Kinderspiel war, denn sie hatte ihre Handtasche vergessen und - das fiel ihr jetzt erst auf - infolgedessen kein Geld dabei.
Wie sollte sie heimkommen? Der Gedanke, sich an den Chauffeur zu wenden und sich zuvor an der Rezeption nach dessen Zimmernummer zu erkundigen, ließ sie erneut erschaudern. Zweifellos würde er sie ohne Gamelins Erlaubnis nirgendwohin bringen. Trixie mußte an ihre Eingebung im Wagen denken - daß der Mann über sie gelacht hatte. Wahrscheinlich hielt er sie für eine Art Prostituierte. Womöglich hielt jeder sie dafür! Von Scham überwältigt, wandte Trixie sich von ihrem Spiegelbild ab.
Das Wasser lief immer noch. Zwei Minuten waren gewiß schon verstrichen. Wie würde er reagieren, wenn er zurückkam und sie immer noch da war? Sie unter Gewaltanwendung rauswerfen, das würde er tun. Ihm war es doch scheißegal, ob er eine Szene machte. Reichtum bedeutete, daß man sich niemals entschuldigen mußte.
Da fiel ihr die Fünfzigpfundnote ein, die auf den nach liebloser Kopulation stinkenden Kissen lag. Daß sie kurz mit dem Gedanken spielte, sie zu nehmen, ekelte sie an. Das Geld war nicht als Entschädigung für den Sex gedacht, sondern für die blau angelaufenen Brüste, die Rückenschmerzen, die wundgescheuerten, tauben Gliedmaßen. Instinktiv, vielleicht um sich vor diesem verführerischen, aber unehrenhaften rationalen Gedanken zu schützen, riß sie den Geldschein entzwei. Dann noch mal und noch mal und noch mal, in so kleine Schnipselchen wie nur irgend möglich. Gerade als sie sie in die Luft werfen wollte, fiel ihr Blick auf die aus der Innentasche ragende Brieftasche. Sie zog sie raus und stopfte die
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