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Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Titel: Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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Schnipsel hinein. Diese kindische Beschäftigung verschaffte ihr kurzzeitige Befriedigung. Sie malte sich aus, wie er in irgendeinem eleganten Restaurant nach seiner Kreditkarte suchte und eine Konfettiwolke freisetzte.
      Beim Verstauen der Brieftasche stieß Trixie auf einen harten, klobigen Gegenstand, der ihre Neugier weckte. Sie griff danach. Ein Röhrchen aus sehr dickem braunem Glas. Sie drehte den folienbezogenen Deckel ab. Auch ohne das Schild hätte sie gewußt, was der Inhalt war. Glycerol Trinitrate. Ihr Vater hatte diese Tabletten immer dabei gehabt, um den Tod in Schach zu halten. Er hatte sie nie in einem anderen Zimmer zurückgelassen, wenn er duschen ging. Trixie schüttete die Tabletten in die Hand, schraubte den Deckel auf und steckte das Röhrchen dahin zurück, wo sie es gefunden hatte. Das Wasser wurde abgestellt.
      Sie stand einfach nur da und betrachtete die weißgestrichene Tür, hinter der es kurz klapperte. Ein Bügel, der gegen Holz schlug. Er zog den Bademantel an. Er würde rauskommen und sie hier finden. Sie war nicht innerhalb von fünf Minuten verschwunden, sondern stand hier, mit seinen lebenswichtigen Pillen, mit einem kleinen Häufchen schweißgetränktem weißem Kies in der Hand. Dann lautes Surren. Ein Rasierapparat. Erleichtert spürte Trixie, wie ihre Lebensgeister zurückkehrten. Andererseits hatte die Bedrohlichkeit des eigenen Tuns bei ihr zu einer Art inneren Anspannung geführt. Womöglich war der Diebstahl von Tabletten sogar kriminell. Sie mußte sie wieder in das Röhrchen legen. Urplötzlich kam ihr der Diebstahl wie kompletter Wahnsinn vor.
      Gerade als sie sich in Bewegung setzte, ertönte in dem Raum das schrille Klingeln eines Telefons. Guy schaltete den Rasierapparat aus. Und Trixie floh.
     
    Im Buchenwald, der an die hinter dem Haus liegenden Felder grenzte, lief Janet wütend auf und ab, trat nach Blätterhaufen, stampfte auf am Boden liegende Zweige. Der dunkle Wald mit seinem düsteren, lichtundurchlässigen Astdach paßte hervorragend zu ihrer Laune. Tränen tropften ungleichmäßig. Ab und an kam ihr ein eigenartiger Ton über die Lippen. Ein Geräusch, das wie eine Mischung aus Husten und Stöhnen klang.
      Trixies Eile setzte Janet ganz schön zu. Gott - wie sie umhergerannt war! Hektisch Lippenstift aufgetragen, sich überall mit Parfüm bestäubt hatte - sogar das Unterhöschen. Janet zugezwinkert, »Monee makes the world go round... the world go round... the world...« geträllert hatte. Und dann mit dem ihr eigenen Gang einer Haremsdame entschwunden war.
      Wie grauenvoll das gewesen war. Bemitleidenswert und degradierend, als beobachte man die Armen beim Zusammensuchen von Brotkrumen. Janet wußte, daß sie übertrieb, aber im Prinzip lag sie mit ihrer Einschätzung richtig. Ich hätte ihr Geld geben können. Sie kann gern alles haben, was ich habe. Mit einem Hauch gestohlener Spitze rieb sie über ihre Wange.
      Er hatte wahrhaftig wie ein Verbrecher ausgesehen. Die Erinnerung an ihn ließ sie mitten im Schritt innehalten und sich auf einen Baumstamm setzen. Genau richtig gebaut, um Schaden anzurichten, hatte Trixie gesagt. Was für eine Art Schaden richtete so einer wohl an? Sie war so verletzlich. Versuchte immer so zu tun, als - wie hieß die Redewendung noch gleich - wisse sie, wo’s lang geht. Doch in Wahrheit war sie kaum mehr als ein Kind, was bei Janet einen starken Beschützerinstinkt auslöste.
      Mehr hatte es mit ihren Gefühlen selbstverständlich nicht auf sich. Auf gar keinen Fall war sie in Trixie verliebt. Niemals, nicht in einer Million Jahre. Denn dann wäre sie ja so was wie eine... ähm... Lesbe. Und Janet wäre vor Scham rot angelaufen und in Grund und Boden versunken, würde ein anderer sie so titulieren. Denn sie würde niemals etwas tun. Konnte sich nicht vorstellen, unter wie auch immer gearteten Umständen aktiv zu werden. Allein schon der Gedanke daran widerte sie an. Sich in übertriebener Weise rechtfertigend, schätzte sie ihre gefühlsbetonteren Freundschaften (und waren nicht alle wahren Freundschaften sehr gefühlsbetont?) eher als götzendienerische Schwärmereien ein, die den Geschichten altmodischer Mädchenbücher glichen. Maisie Saves The Day. Sukie Pulls It Off. So was in der Art.
      Abwesend hatte sie die Baumrinde abgezupft - sie war so weich wie Schokoladenflocken - und sich dabei bemüht, ihr seelisches Gleichgewicht wiederzufinden. War doch dumm, sich derart hinreißen zu lassen.

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