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Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Titel: Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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Kissen niederzulassen. Er warf Craigie einen Blick zu, der Felicity gerade mit einem milden, aber besorgten Lächeln begrüßte. Noch einmal bemerkte Guy die zerbrechliche Statur des Mannes, das lange weiße, bis auf die Schultern herabfallende Haar, und nun mußte er sich über seine Leichtgläubigkeit von vorhin wundern. Wie war es nur möglich gewesen, daß er - wenn auch nur kurz - einem derart offensichtlichen Poseur auf den Leim gegangen war? Nachdem alle einen Platz gefunden hatten, griff Craigie nach dem Fisch, riß dessen breiten Kiefer auf und ließ ihn mit einem lauten Kläcken einrasten, May tauchte in der Tür auf. Sie trug ein schlichtes malvefarbenes Leinengewand und hatte bis auf einen silbernen Einhornanhänger an einer Kette allen Schmuck abgelegt. Sie war barfuß. Das offene, frisch gebürstete Haar reichte ihr bis zur Taille. Langsam und sehr rhythmisch näherte sie sich den anderen. Aufrecht und mit geradem Rücken, als trage sie eine unsichtbare Amphore.
      Auf dem Boden, zwischen den hinteren sechs Kissen und gut drei Meter vom Podest entfernt, war eine Decke mit bunten Applikationen ausgebreitet worden. May legte sich dort nieder, setzte eine ernste Miene auf und faltete die Arme vor der Brust. Einen Augenblick später setzte sie sich wieder auf.
      »Um ehrlich zu sein, beim letzten Mal wurde mir in dem Wikingerboot ziemlich kalt. Dürfte ich vielleicht meine kleine Pelerine haben? Sie ist in meiner Tasche.«
      Auf dem Sockel griff Christopher nach unten.
      »Das ist meine«, sagte Suhami mit schneidender Stimme.
      »Selbstverständlich. Entschuldige.«
      »Drüben neben der Tür«, rief May.
      Christopher holte Mays Tasche. Im Gehen machte er sie auf und zog das cremefarbene, gerippte Cape heraus. »Ist es das hier?« Er drapierte ihr den Stoff um die Schultern.
      »Prima«, meinte May und machte den Verschluß zu. Dann legte sie sich wieder hin, schloß die dunklen Augen und begann tief zu atmen, stemmte diese atemberaubenden Halbkugeln unter ihrem Gewand in die Stratosphäre. Arno stöhnte verzaubert auf und war froh, als der Meister »Licht« rief und er zum Lichtschalter laufen durfte und kurzfristig abgelenkt wurde.
      »Soll ich hierbleiben, May?« fragte Christopher und berührte ihre linke Schulter. »Dann kann ich deine Hand halten, falls es brenzlig wird.«
      »Wenn du möchtest, aber ich komme auch so zurecht. Du weißt ja, man kehrt immer heil zurück.«
      Nachdem das Licht gelöscht war, sah alles ganz anders aus. In den grauen Schatten wirkten die reglosen Gestalten, als habe man ihnen ihre Menschlichkeit entzogen. Alle wirkten geheimnisvoll. Ihre Konturen verwischten wie bei Gartenstatuen in der Morgendämmerung. Mays Atem ging deutlich lauter. Tiefe, regelmäßige Seufzer in zunehmend längeren Intervallen.
      Auf des Meisters Frage hin, ob sie bereit sei, erwiderte May mit sonorer Stimme: »Ich bin soweit.« Daraufhin wurde sie gebeten, exakt das Zentrum ihres Seins zu bestimmen, und einige langsame und noch tiefere Atemzüge später legte sie die flache Hand auf ihren Bauch.
      »Wie siehst du dieses Zentrum?«
      »Eine Kugel... eine goldene Kugel.«
      »Kannst du die Kugel nach unten rollen? Nach unten... und durch deine Fußsohlen hinaus... so ist es richtig... schieb sie weg...« May grunzte leise. »Und jetzt wieder hoch, schieb sie nach oben...«
      May schob das Zentrum ihres Wesens hoch und runter, jedesmal ein Stückchen weiter, bis es von einer kleinen Kugel zu einer großen, golden schimmernden Haut anschwoll, die wie ein Heliumballon gegen die Wände preßte. Und dann - freigelassen - schwebte der Ballon plötzlich. May warf einen kurzen Blick nach unten, sah die gedrehten Kamine und die moosbewachsenen Ziegel von Manor House, und dann war sie plötzlich weit weg. Hinter den Hügeln, über den Wolken, ganz weit weg.
      »Wo befindest du dich jetzt, May?«
      Ja, wo denn? Unter ihr veränderten sich die Dinge blitzschnell. Die Landschaft war rauh und wild. Wälder und weite, buschbestandene Ebenen. Dann ein paar kreisrunde Zelte, umgeben von einer hohen Steinmauer.
      »Erzähl uns, was du siehst.«
      Beim Abstieg wurden die Zelte größer. Eins war besonders groß. Größer als alle anderen und geschmückt mit einem purpurnen und goldenen Banner. Ein Adler stieg auf.
      »Was ist im Zelt?«
      Ein Paar Holzstelzen wurden sichtbar, waren mit in Streifen gerissenen Lumpen an dreckige Männerfüße gebunden. Der

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