Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
zu sagen und rief schließlich: »Schnauze ...Schnauze...«
»Was meint sie mit Schnauze... Schnauze...?« Nachdenkliches Schweigen setzte ein. Dann rief Arno: ’ »Hunde! Bestimmt ruft sie nach Hunden. May ist in der Antarktis.« Geistesgegenwärtig zog er seine Strickjacke aus. »Darum zittert sie auch so. Sie erfriert. Schnell, beeilt euch...«
Jeder der Anwesenden legte ein Kleidungsstück ab. Felicity bot ihren glänzenden Mousselinschal an. Die einzelnen Teile wurden auf May gelegt. Nach einer Weile sah es ganz danach aus, als erzielten die Kleidungsstücke die gewünschte Wirkung. Das Gurgeln ließ nach, ging in leises Blubbern über und war dann nur noch ein pfeifendes Seufzen. Ihr Atem ging so leise, bis er kaum mehr zu hören war. Ihre Brust hob und senkte sich ruhig, gleichmäßig. Der Saum ihres Gewandes bewegte sich nicht mehr.
»Es hat funktioniert.« Mit strahlender Miene wandte Arno sich an die anderen. »Es geht ihr besser.«
Während er redete, öffnete May die Augen, gähnte unverhohlen und setzte sich auf. »Mein Gott! Das war bislang mein aufregendstes Abenteuer, glaube ich. Was, gütiger Gott, soll denn das?«
»Wir dachten, dir wäre kalt.«
»Du hast am ganzen Leib gezittert.«
»Unsinn. In diesem Zelt war es brütend heiß. Wenn jemand das Licht einschaltet, werde ich euch davon berichten.«
Christopher kam ihrer Bitte nach. Im hellen Raum begannen die Menschen, ihre Sachen aufzuheben und sie wieder anzuziehen. May rief ihrem Mentor zu: »Nun, Meister, das war ja eine ziemliche -« Sie brach ab und stieß einen markerschütternden Schrei aus, woraufhin die anderen sich umdrehten und in die gleiche Richtung blickten wie sie.
Der Meister stand vor seinem Stuhl. Langsam und augenscheinlich mit großer Mühe hob er den rechten Arm. Streckte die Finger aus, fiel ganz grazil mit einer halben Drehung, so daß er mit dem Gesicht nach oben aufschlug. Sein weißes Haar ergoß sich über den graubeigen Teppich. Wie gekreuzigt lag er da, mit ausgebreiteten Armen. In seiner Brust steckte ein Messer. Nur das Heft schaute heraus.
** VERHÖRE
* 7
Detective Chief Inspector Barnaby kochte Moules a l’Indienne und zerstampfte gerade ein paar Kardamomkapseln in einem ) Steinmörser. Er trug eine lange Baumwollschürze, wie sie gern von Kellnern in Hinterhofkaschemmen getragen wurden, und hielt ein Glas Frog’s Leap-Chardonnay in der Hand.
Es hatte ein paar Jahre gebraucht, bis Tom auf die harte Tour begriffen hatte, daß Joyce - seine geliebte Gattin und Stütze -nicht gewillt war (und keinen Grund sah), ihre Kochkünste auszubauen. »Friß oder stirb« lautete ihre Einstellung, und der Umstand, daß er »starb«, genügte anscheinend nicht, um ihre Haltung zu revidieren. Zudem hatte sie einmal verkündet und ihm dabei den Zeigefinger in den Bauch gebohrt, daß man bestimmt nicht hungerte, wenn man ein Gewicht von dreiundachtzig Kilo auf die Waage brachte. Ihre Meinung hatte nichts mit Aufsässigkeit oder Aggression zu tun, nein, sie konnte seinen Standpunkt einfach nur nicht nachvollziehen. Guter Dinge aß Joyce die von ihr zubereiteten Gerichte und verzehrte die Mahlzeiten, die ihr Mann kochte (wenn er denn mal die Zeit dazu fand), ebenso frohgemut, ohne jemals ein einziges lobendes Wort darüber zu verlieren, daß seine Kochkünste ; die ihren bei weitem übertrafen. Barnaby war längst zu der Überzeugung gelangt, daß sie unter dem gastronomischen Äquivalent zu Taubheit litt.
»Was gibt es als Vorspeise?«
»Estragon-Eier.«
»Sind das diese Dinger in den braunen Pfützen?« Joyce genehmigte sich einen Schluck Wein und strahlte ihn ermutigend an. »Die mag ich gern.«
»Diesmal werde ich mehr Gelatine nehmen.«
Die Herstellung von Aspik war in Teil sieben, »Anspruchsvolle Pies und Gelatine«, in Barnabys »Zwölf Kochlektionen für Anfänger« an der Camton Tech unterrichtet worden. Just diesen Abend hatte er verpaßt, da er zum Bereitschaftsdienst eingeteilt gewesen war. Voller Elan hatte er sich auf die Kochkunst gestürzt, sich immer auf die Dienstagabende gefreut, an denen er mit Meßbechern, Messern, Töpfen und Pfannen rumfuhrwerken durfte. Als einziger männlicher Teilnehmer in einer Gruppe von siebzehn hatten seine Mitschülerinnen, nachdem sie sich erst mal an seine maskuline Präsenz gewöhnt hatten und es leid wurden, sich über ihn lustig zu machen, ihn alsbald in Ruhe gelassen. Nur eine Dame, eine
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