Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
drei Meter von den anderen entfernt. Und sonderlich hell war es auch nicht.« Auf die Bitte, eine Skizze anzufertigen, sagte er: »Sie wird ziemlich vage ausfallen. Ich kann mich kaum mehr erinnern, wo jeder stand. Ein Mord löscht derlei Wissen aus der Erinnerung.«
»Haben Sie eine Idee, warum Craigie ermordet wurde?«
»Keinen Schimmer. Er war ein ganz und gar unaufdringlicher Mann. Wirklich sanft, im Gegensatz zu dem einen oder der anderen hier, die oft über Liebe schwafeln, bei der praktischen Übung jedoch versagen.«
»Sind Ihnen die Einstellungen der Kommune unsympathisch?«
»Einige ja, andere nein. Ich denke, man könnte mich als vorurteilsfreien Skeptiker beschreiben. Letztes Jahr bin ich in Thailand im Urlaub gewesen. Die Haltung der Menschen dort hat mich außerordentlich beeindruckt. Die Tempel und die Mönche. Nach meiner Rückkehr begann ich, buddhistische Literatur zu lesen, und stieß später, im Vision, auf einen dreitägigen Kurs hier - eine Meditation, basierend auf dem Diamant-Sutra. Ich schrieb mich ein, und sechs Wochen später, also jetzt, bin ich immer noch da.«
»Wie kommt das, Mr. Wainwright?«
»Ich... habe jemanden kennengelernt.«
Barnaby registrierte, wie sich die Spannung in den Schultern seines Gegenübers löste, sah, daß der aufmerksame Blick aus den wachsamen Augen verschwand, und dachte, dann macht er sich also keine Sorgen wegen des Mädchens. Sondern wegen etwas anderem. Er schien das Bedürfnis zu haben, über sie zu sprechen, und der Chief Inspector ließ ihn plaudern.
»Zuerst konnte ich es nicht fassen.« Anscheinend war es ihm so peinlich, als gestehe er ein geheimes Laster, eine Schwäche ein. »Sich zu verlieben.« Er bemühte sich, ironisch zu klingen, was ihm aber nicht gelang. »Man hat natürlich Affären gehabt...« Er zuckte mit den Achseln. »Echte Liebe... nie. Um ehrlich zu sein, zuerst wollte ich mich verdrücken. Ich mochte mein Leben, wie es war. Hübsches kleines Apartment, kein Mangel an weiblicher Gesellschaft. Aber ich zögerte wohl einen Augenblick zu lange, und dann saß ich ... in der Falle.«
Er errötete. Und erweckte gar nicht den Eindruck, in der Falle zu sitzen. »Damals wußte ich nicht, wer sie ist. - Ich nahm einen Monat Urlaub - ich arbeitete als Kameramann für die BBC - der mir zustand. Danach bat ich um drei Monate unbezahlten Urlaub, der demnächst zu Ende geht. Bis dahin hoffe ich, Suze überredet zu haben, meine Frau zu werden. Sie hat Angst vor diesem Schritt, denke ich. Die Gamelins machen sich schon seit Ewigkeiten gegenseitig das Leben schwer. Ihre Kindheit muß gräßlich gewesen sein.«
»Dann«, schloß Barnaby, »dürfte Craigies Tod Ihnen zum Vorteil gereichen. Ihre Umgebung dürfte ihr nun wesentlich weniger Sicherheit bieten.«
»Ja. Es ist traurig, und selbstverständlich tut es mir leid, was geschehen ist, aber ich könnte mir denken, daß sich die Waagschale nun mehr in meine Richtung neigt.«
Heiliger Strohsack, dachte Troy. Wußte nicht, wer sie ist. Meint wohl, wir sind von vorgestern. Jeder, der nur ein Fünkchen Verstand besitzt, weiß, wie das abgelaufen ist. Irgendwie kommt ihm im Fernsehbusineß zu Ohren, wo das arme kleine, reiche Mädchen sich versteckt hält. Fährt hierher, geht an den Start und zieht seine Nummer ab. Kommen die beiden erst mal an ihr Bankkonto ran, sieht sie nur noch die Auspuffgase seines Ferraris.
Diese phantasievolle Auslegung der Ereignisse und Barnabys Theorie zum Motiv des Mordes brachten Troy auf eine Idee. »Wo genau befindet sich der Lichtschalter, Mr. Wainwright?« Er zeigte auf die fast fertige Skizze. Pflichtschuldig machte Christopher sein Kreuzchen, wobei ihm Troy über die Schulter schaute. »Ich verstehe. Um dahin zu gelangen, hätten Sie also dicht am Podest vorbei müssen.«
»Eigentlich nicht. Von hier nach hier«, sagte er und zog eine diagonale Linie, »wäre der kürzeste Weg gewesen.«
»Und den haben Sie auch genommen?«
»Aber klar doch.« Christopher fixierte den Sergeant. »Worauf wollen Sie hinaus?« Als er begriff, worauf der Sergeant anspielte, lachte er. »Ach, kommen Sie...«
Der Sergeant griff nach der Skizze, studierte sie aufmerksam und legte dabei die Hand über die Augen, um seinen Zorn zu verbergen. Ich kann alles ertragen, sagte Troy sich immer wieder (was überhaupt nicht der Wahrheit entsprach), nur nicht, daß sich jemand auf meine Kosten lustig macht.
»Ich
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