Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
Schimmer. Ich weiß nicht genug über die Vorgänge hier. Ehrlich gesagt hätte ich nicht vermutet, daß einer von denen auch nur einer Fliege was zuleide tun könnte.« Er hielt einen Moment inne und fuhr dann fort: »Ich bin doch ideal, oder nicht? Der Außenseiter, der all die gemeinen Verhaltensweisen der verrückten Welt einschleppt. Alle anderen haben eine weiße Weste. Meine hingegen ist röter als rot. Das muß man diesen verschlagenen Typen schon lassen.« Ein kurzes knatterndes Geräusch kam ihm über die Lippen. »Praahh.« Mit etwas Verspätung erkannte Barnaby, daß er gelacht hatte.
»Demnach sind Sie der Meinung, genau zu diesem Zweck eingeladen worden zu sein?«
»Ganz und gar nicht. Ich wurde von Craigie höchstpersönlich eingeladen. Und ich gehe nicht davon aus, daß er seine Ermordung selbst inszeniert hat. Es sei denn...« Er warf Barnaby einen interessierten, fragenden Blick zu. Die kochende Wut von vorhin war schlagartig vergessen. »Es sei denn, mein Besuch wurde ihm von jemand anderem vorgeschlagen, was bedeuten würde, daß alles von langer Hand geplant war. Möglicherweise... hat er das... in letzter Minute begriffen. Womöglich deshalb auf mich gezeigt... um mich zu warnen...«
Im Lauf seiner Dienstjahre waren Troy schon einige Beispiele ausgefallener Ausreden zu Ohren gekommen, aber die hier übertraf alles. Schuldig wie der Teufel, und dann tischte er ihnen diese verkorkste Version auf. Er konnte nicht nachvollziehen, warum der Chief sich überhaupt die Mühe machte, so zu tun, als erschiene ihm Gamelins Theorie einigermaßen plausibel. Beide Männer standen auf.
Barnaby sagte: »Ich werde mich noch mal mit Ihnen unterhalten müssen, Mr. Gamelin. Morgen.«
Gamelin erwiderte nichts. Wesentlich beherrschter als bei seiner Ankunft, ging er zur Tür. Seine massigen Schultern waren eingefallen, sein Schritt verriet Müdigkeit. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, fragte Troy: »Warum haben Sie ihn nicht verhaftet?«
Barnaby wartete auf die in diesem Fall übliche Rede. Fall abgeschlossen. Täter auf dem Tablett serviert. Ihm seine Rechte vorgelesen. Kurz und schmerzlos. Alles wie am Schnürchen gelaufen. Troy stand mit seiner Meinung allein da.
»Wir können ihn morgen früh auch noch abholen. Haben wir alle verhört, werden wir genauer wissen, wo wir stehen. Bislang basiert alles nur auf Indizien.«
Hinter dem Rücken seines Chefs schüttelte Troy ungläubig den Kopf. Ging es noch einfacher? Es war doch ganz klar, daß Gamelin behauptete, ihm wäre der Handschuh untergeschoben worden. Wer würde das nicht behaupten? Mann, o Mann, wenn die Sachlage nicht offensichtlich war! Gamelin hatte das Motiv und die Gelegenheit, das Messer an sich zu nehmen und es zu verwenden. Letztendlich hatte das Opfer auch noch mit dem Zeigefinger auf ihn gezeigt. Der Mann war fällig. Eine Sekunde lang fragte sich Troy, ob er sich getäuscht hatte, ob sein Boß sich nicht vielleicht doch von der verführerischen Macht des Geldes bezirzen ließ.
Barnaby murmelte etwas, sprach offenbar mit sich selbst, Troy spitzte die Ohren in dem Glauben, nicht richtig gehört zu haben. Irgendwas darüber, daß ihm Caliban leid täte.
Als ihm wieder einfiel, daß man ihn gebeten hatte, Wasser zu holen, entfernte er sich.
Nachdem der Sergeant zurückgekehrt war, wurde Arno vernommen. In sich zusammengesunken und nervös, saß er da und musterte den Chief Inspector aufmerksam. Auf die Bitte, eine Skizze anzufertigen, hatte er eine Reihe Strichmännchen gemalt - eins flach auf dem Rücken liegend, mit nach oben zeigenden Zehen, auf der Brust gefalteten Händen und einem »Smiley«-Gesicht. Barnaby hatte ihn zu seiner Rolle in der Kommune befragt. Dabei war ihm aufgefallen, wie aufgeregt sein Gegenüber war. Für einen Moment trat der eigentliche ‘ Grund des Verhörs in den Hintergrund.
»Sagen Sie, Mr. Gibbs, was wird Ihrer Meinung nach nun hier geschehen? Beispielsweise mit Manor House?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht.« Arno klang ziemlich melancholisch. Er schämte sich einzugestehen (auch ' vor sich selbst), daß er - nachdem er den bestürzenden Verlust einigermaßen verdaut hatte - nur noch daran gedacht hatte, wie seine eigene Zukunft aussehen würde. Was würde er machen, wenn sich die Kommune auflöste? Wer würde sich um Tim kümmern? Und - noch weitaus wichtiger - wie um alles in der Welt sollte er ohne die
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