Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
herrschte. Es gab einen altmodischen Brunnen mit einem kleinen, reich verzierten Bogen aus Gußeisen, um den sich Kapuzinerkresse rankte. Als Troy den alten Holzdeckel hochhob und in den Schacht stierte, stellte er fest, daß dieser mit feuchtem Moos bewachsen und offenbar ziemlich tief war. Es roch angenehm und sauber, ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, daß dort unten niemand lag.
Entäuscht, daß er nicht zur Wache zurückkehren und verkünden konnte, daß er und er ganz allein die Leiche von Simone Hollingsworth gefunden hätte, legte Troy den Deckel wieder auf den Brunnen. Im Hinterhof - man konnte das wirklich nicht als Patio bezeichnen - stand ein übel ramponierter Tisch mit jeder Menge Plunder - Kieselsteine, Treibhölzer und Muscheln. Außerdem gab es Tontöpfe in allen Formen und Größen mit Ablegern verschiedenster Pflanzen, Schalen voller Sämlinge mit spindeldürren Stielen und einige Tomatenpflanzen. Obwohl ein Schlauch dalag, der sogar an einen Wasserhahn angeschlossen war, sah alles so aus, als könnte es einen Schuß Wasser vertragen.
Nachdem Troy den Tisch ausgiebig betrachtet hatte, warf er einen Blick in die Küche. Im Spülbecken stand schmutziges Geschirr. Normalerweise würde er das als sicheres Zeichen betrachten, daß der Besitzer bald zurück sein würde. Doch bei einer Schlampe wie Sarah Lawson war das schwer zu sagen. Er würde ihr durchaus Zutrauen, daß sie auf Weltreise gehen würde, ohne vorher den Müll rauszustellen.
Er ging wieder zur Eingangstür, hob die Klappe des Briefschlitzes und linste hindurch, um festzustellen, ob vielleicht Post auf dem Teppich im Flur lag. Das würde ihm zumindest einen Hinweis geben, wie lange sie schon fort war - aber er hatte kein Glück.
Schließlich schlenderte der Sergeant zum Bürgersteig zurück und fragte sich, was er als nächstes tun sollte. Er hatte keine Lust, mit völlig leeren Händen zur Wache zurückzukehren. Auch wenn er Miss Lawson nicht persönlich verführen konnte. Wollte er zumindest herauskriegen, wo sie sich aufhalten könnte. Wo sollte er am besten damit anfangen?
Direkt gegenüber war Ostlers, der ideale Ort, um zu beobachten, wer im Bay Tree Cottage ein und aus ging. Sekunden später war Troy bereits im Laden. Eine Frau mit rotem Gesicht und hüpfenden kleinen Würstchenlocken, die ein geblümtes Trägerkleid trug und Perlenstecker in den Ohren hatte, saß an der Kasse. Troy erkannte sie nicht. Aber Boast erinnerte sich sehr gut an ihn.
»Oh, Sie sind das.«
»Wie bitte?«
»Wie können Sie es wagen, sich hier blicken...«
»Ich?«
»Der Vorfall mit dem Rohmilch-Frischkäse?«
»Ach... ja.« Troy lächelte.
Mrs. Boast kam mit ihrem vor Zorn geröteten Gesicht so dicht an seins heran, daß sich ihre Nasen fast berührten, und knurrte ihn an. Das war ganz und gar nicht angenehm. Sie roch nach Kerzen und Lavendelpolitur. »Das ist der Höhepunkt meines Vortrags. Ohne meinen Frischkäse kann ich nicht zum Höhepunkt kommen.«
Sergeant Troy versuchte es mit einem kleinen Scherz. »Was einen halt so anturnt.«
»Und dann komme ich zum Höhepunkt, das Publikum ist Wachs in meinen Händen, ich hebe meinen Igel, und was muß ich da sehen?«
Troy hatte allmählich genug von diesem Blödsinn. Er zückte seinen Dienstausweis und sagte: »Die Kriminalpolizei Causton braucht Ihre Hilfe in einer etwas heiklen Angelegenheit, Mrs. Boast. Ich hoffe, wir können uns auf Ihre Diskretion verlassen.«
»Das kommt darauf an«, sagte Mrs. Boast, während sie mit äußerstem Mißtrauen auf sein Foto starrte.
»Worauf?«
»Weder Männe noch ich wären bereit, etwas Illegales zu tun.«
Es kam selten vor, daß Sergeant Troy die Worte fehlten. Schließlich sagte er: »Das steht doch völlig außer Frage. Es geht um eine simple Observierung.«
»Ich verstehe.« Mrs. Boasts Augen wurden ganz schmal. Ohne einen Muskel zu bewegen, schaffte sie es, Haltung anzunehmen. Nämlich die Haltung einer Frau, von der ihr Land jederzeit große Dinge verlangen kann und die sich ganz bestimmt bewähren wird. Dann straffte sie ihre Schultern und sagte: »Nachricht verstanden. Over.«
»Wir hatten eigentlich gehofft, Sarah Lawson befragen zu können...«
»Worüber?«
»In solchen Dingen sind wir diskret.«
»Ich dachte, Sie hätten gemeint...«
»Miss Lawson ist im Augenblick nicht da. Haben Sie zufällig bemerkt, wann sie weggegangen
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