Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
übergeben wurde.
Je mehr Barnaby darüber nachdachte, um so mehr schien es ihm, als ob diese alte Pennerin der Schlüssel zu dem ganzen Geschehen sein könnte. Wenn sie sie fanden, könnten sie sicherlich eine Beschreibung von dem Mann kriegen, den sie suchten.
Drücken wir mal die Daumen.
Er nahm den nächsten Umschlag und zog Perrots Bericht über die Stellung des Halogenlampen-Schalters in der Garage begleitet von zwei Fotos heraus. Barnaby wußte nicht, ob er lachen oder den ganzen Kram in die Luft schmeißen sollte - den übergenauen Constable am besten gleich mit. Er hatte doch nichts weiter gewollt als eine simple Mitteilung: »an« oder »aus«.
Die Fotos zeigten den Hauptschalter samt Umgebung aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Ästhetisch nahmen sie sich beide nicht viel. Ein Rasenmäher mit einer Ansammlung von Gartengeräten sah für Barnaby so ziemlich aus wie der andere. Aber der interessante Punkt, der Aha-Faktor, wenn man so wollte, war, daß die Halogenlampe, die laut Reg Brockley immer anging, wenn Hollingsworth sich der Garage näherte, ausgeschaltet war.
Barnaby, den dieser winzige Informationsfetzen mehr erhitzte als die Sommersonne, die jetzt durch die hellen Plastikstreifen der Jalousien in die Einsatzzentrale strahlte, saß ganz still an seinem Platz. Denn wenn Hollingsworth den Schalter nicht umgelegt hatte, hatte es jemand anders getan. Jemand, der Nightingales unbeobachtet verlassen mußte. Was bedeutete, daß tatsächlich eine weitere Person im Haus gewesen war, obwohl die Brockleys darauf bestanden, daß niemand herein- oder herausgegangen war.
Barnaby hielt nach Troy Ausschau und entdeckte ihn, halb verborgen zwischen diversen geschäftigen Menschen, am anderen Ende des Raumes. Der DCI erhob sich, um die Aufmerksamkeit seines Assistenten auf sich zu lenken.
Troy, der den Blick seines Chefs noch nicht bemerkt hatte, wollte sich gerade die Zeit auf die denkbar beste Weise vertreiben, indem er sich an den Liebling aller Männer im Revier heranmachte, an Sergeant Audrey Brierley.
»Verflucht«, begann er und hockte sich auf die Kante ihres Schreibtischs. »Jetzt hat’s mich erwischt.«
Audrey runzelte irritiert ihre hübsche Stirn und schob einen »I V New York«-Becher aus seiner Reichweite.
»Manchmal«, fuhr Sergeant Troy fort und starrte lüstern auf ihr Profil, »frage ich mich, ob dir eigentlich so richtig klar ist, was für ein einsamer Mensch ich bin.«
»Wessen Schuld ist das denn?«
»Wie bitte?«
»Wenn du nicht so...«
»So was?« Troy war jetzt richtig neugierig. Er sah keinen logischen Grund, weshalb er ständig von ihr abgewiesen wurde. Denn auch wenn er sich eingestand, ein paar Schwächen zu haben, gehörte Unvollkommenheit mit Sicherheit nicht dazu.
Audrey, die sich ärgerte, daß sie sich auf ein persönliches Gespräch mit ihm eingelassen hatte, beschloß nun, daß sie es genausogut fortsetzen könnte. »Ich meine einfach, du wärst glücklicher, wenn du nicht so gehässig wärst.«
Troy blinzelte erstaunt. Darauf wäre er nie gekommen. Wenn überhaupt, war doch wohl eher das Gegenteil der , Fall. Wenn man nicht ab und zu kräftig zutrat, tanzten einem die anderen doch auf dem Kopf herum. Eine giftige , Bemerkung wies die Leute in ihre Schranken, bevor sie einen selber fertigmachen konnten.
Eine Erinnerung blitzte auf. Ein kleiner Junge in Begleitung seines Vaters, der ausnahmsweise mal nüchtern war, kletterte im Park auf eine Schaukel. Ein etwas größerer Junge kam daher und zog an der Kette. Nicht heftig, vermutlich wollte er nur spielen. Als man ihm sagte, daß er sich das nicht gefallen lassen und den Eindringling wegstoßen sollte, fing der kleinere Junge an zu weinen. Da hatte der Mann die Faust seines Sohnes gepackt und dem anderen Jungen damit gegen das Kinn geschlagen. Der Junge fiel hin und tat sich weh. Troy wurde plötzlich klar, daß dies vermutlich das erste Mal war, daß er auf der Stelle Vergeltung bekommen hatte.
»Wo war ich stehengeblieben, Aud?«
»Einsam, Gav.«
»Ach ja. Und zwar deshalb«, seine Stimme war von Kummer durchtränkt und seine Pupillen verdunkelten sich, »weil meine Frau mich nicht versteht.«
»Oh, ich möchte wetten, das tut sie sehr gut, Süßer. Ich möchte wetten, sie versteht dich bis zum Erbrechen.«
»Manchmal hab ich das Gefühl, daß ich...«
»Was würden Männer nur reden, wenn das Wörtchen >ich<
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