Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
an ihm vorbei und trat kräftig in die Pedale.
Reg blieb stehen und starrte hinter der Radfahrerin her, verblüfft, daß ihm diese Abweisung so weh tat. Es war, als sei er plötzlich unsichtbar geworden. Oder - noch schlimmer - unberührbar.
Langsam legte er das restliche Stück bis zu The Larches zurück. Als er sich dem Tor näherte, kam eine in ein wehendes Organzagewand gehüllte Gestalt heraus. Diesmal wußte er sofort, wer das war.
Vorgewarnt durch das, was er gerade erlebt hatte, wappnete sich Reg. Er trat zur Seite, um sie durchzulassen. Shona folgte ihm demütig.
»Mr. Brockley.«
»Guten... häch...« Reg leckte sich die trockenen Lippen und versuchte es noch einmal. »Guten Morgen, Mrs. Molfrey.«
»Ich wollte nur sagen, wie furchtbar leid mir und Cubby das mit Brenda tut. Wir wohnen ja gleich hier, wie Sie wissen, und wenn wir Ihnen irgendwie helfen können, haben Sie bitte keine Hemmungen, es uns zu sagen. «Während sie die letzten Worte sprach, legte sie sanft eine Hand auf seinen Arm.
Das war es, so glaubte Reg jedenfalls viel später, was ihn zusammenbrechen ließ. Seit dem Tod seiner Tochter hatte er keine einzige Träne vergossen. Jetzt splitterte die Schale, die sich wie eine Eisschicht um sein Herz gebildet hatte, brach auseinander und fiel herab. Mitten auf der Straße fing er an zu weinen, und der Schmerz rann ihm durch die Adern wie Feuer.
Sergeant Troy fuhr nicht unmittelbar nach Causton zurück. Bisher hatte er nur schlechte Nachrichten in der Tasche, und er wollte zumindest irgendwas Positives zu bieten haben.
Da dachte Troy an Gray Patterson. Er hatte mindestens soviel mit Sarah zu tun gehabt wie jeder andere im Dorf. Und selbst wenn er mit seinen Bemühungen, sie besser kennenzulernen, nach eigenen Worten bisher »nicht weit gekommen« war, so mußte er doch im Laufe ihrer Gespräche einiges über ihre Lebensgewohnheiten, Familie, Freunde und so weiter erfahren haben. Vielleicht wußte er sogar, wohin sie sich verdrückt hatte.
Troy brauchte ganze drei Minuten, um zu Pattersons Haus zu laufen. Das war allerdings auch so ziemlich das einzig Gute, was man über das Leben auf dem Land sagen konnte, meinte der Sergeant. Zumindest war alles ganz in der Nähe. Pub, Laden, Postamt. Das Problem war nur, daß drumherum meilenweit nichts war.
Als erstes fiel ihm auf, daß das Zu-vermieten-Schild des Maklerbüros abgenommen worden war. Es lag jetzt auf der Seite, gleich hinter der blauen Pechkiefernhecke. Bess kam auf ihn zugerannt und spielte ihr übliches Spielchen. Troy legte die freundliche Begrüßung so aus, daß sich die Hündin an ihn erinnerte.
»Guten Tag, Mr. Patterson.«
»Hallo.« Pattersons Begrüßung war sehr viel verhaltener. Ganz offenkundig hatte er ihre letzte Begegnung nicht vergessen. Als ob Bess diese Reserviertheit spürte, begann ihr Schwanz weniger zutraulich zu wedeln. »Worum geht’s denn diesmal?«
»Sie haben das Haus wohl vermietet, Sir?«
»Das ist richtig. Ich ziehe Ende des Monats aus und, ja, ich werde Ihnen meine neue Adresse mitteilen.«
»Wollen Sie weit weg?«
»Ich seh mir heute nachmittag eine Wohnung in Uxbridge an.« Er war gerade dabei, die Einfahrt in Ordnung zu bringen, als Troy kam. Jetzt begann er wieder mit kräftigen Bewegungen den Rechen zu schwingen, schob die kleinen Steinchen locker hin und her und zupfte Unkraut.
»Diese Arbeit macht sicher durstig«, meinte Sergeant Troy mit trockenen Lippen.
»Was wollen Sie?«
»Ich hab ein paar Fragen zu Miss Lawson.«
»Ich rede nicht hinter ihrem Rücken über Sarah.«
»Mr. Patterson, wenn Sie sich weigern, der Polizei bei ihren Ermittlungen zu helfen...«
»Kommen Sie mir doch nicht mit dem Scheiß.«
Sergeant Troy reagierte unübersehbar auf diese Beleidigung. Seine fast durchsichtige Haut nahm eine kräftige Farbe an. Seine Wangen wurden vor Anspannung ganz hohl, und er kniff die Lippen zusammen. Er versuchte seine Verärgerung dadurch zu verbergen, daß er sich hinunterbeugte, den Collie streichelte und »guter Hund« murmelte.
Die kurze Unterbrechung benutzte er, um sich selber ein paar gewichtige Fragen zu stellen. Zum Beispiel, ob er mit diesem arroganten Kerl genauso umgehen könnte, wie es der Chef in einer ähnlichen Situation täte? Würde er es - bloß dieses eine Mal - schaffen, sich nicht von seinen Gefühlen hinreißen zu lassen? Er beschloß, es zu
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