Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
gesagt. Das war alles etwas komplizierter. Als sie das erste Mal am Kurs teilnahm, stand Tim vor der Schule, als wir gerade herauskamen. Er hatte nicht gesagt, daß er kommen wollte, sondern tauchte einfach auf. Sie war auf der Stelle hin und weg von ihm. Das passiert ihm häufiger. Nicht nur, weil er so gut aussieht. Er hat so etwas an sich, daß man immer meint, er sei gerade auf dem Weg zu einer richtig tollen Party, und man brauche nur die Hand auszustrecken, dann würde er einen mitnehmen.«
»Ein sehr nützliches Talent«, sagte Troy.
»Sie sagen das so, als ob er das aus Berechnung täte. Das stimmt aber nicht.«
Doch genauso klang es für Sergeant Troy. Von all den Tricks, über die Schwindler verfügten, hielt er den für den gelungensten. Der Typ erinnerte ihn an den Rattenfänger in Talisa-Leannes Bilderbuch. Außer daß er selber zu den Ratten gehörte.
»Wir sind dann einen Kaffee trinken gegangen und so lange geblieben, daß ich Simone gerade noch rechtzeitig nach Hause bringen konnte. Während der ganzen Fahrt redete sie nur von Tim. Sie hatte ihn nur einmal gesehen, und schon konnte er sie um den Finger wickeln. Ich hab mich natürlich furchtbar darüber aufgeregt und ihn noch am gleichen Abend angerufen.«
»Wo wohnt er?«
»Ich bin nicht bereit, Ihnen das zu sagen.«
»Na schön. Was passierte dann?«
»Er sagte, er hätte einen wunderbaren Plan, mit dem wir all unsere Probleme lösen könnten. Wir wären in der Lage, uns ein Haus zu kaufen - er sprach von Irland -, in dem wir zusammen leben könnten. Keine Geldsorgen. Schon die Vorstellung - den ganzen Tag bildhauern und malen zu können und am Abend mit ihm zusammenzusein! Das klang zu schön, um wahr zu sein.«
»Und hat er Ihnen erzählt, wie dieser Plan aussah?«
»Zu dem Zeitpunkt noch nicht. Am Anfang hat er nur gesagt, es hätte was mit Simone zu tun, und egal was passierte, ich müsse ihm vertrauen.« Tränen traten ihr in die Augen und liefen ihre Wangen hinunter. Sie wischte sie mit dem Handrücken weg und trocknete die Hand gedankenlos an ihrem Rock ab. »In der nächsten Woche fragte Simone, ob wir-nicht eine Stunde früher fahren könnten, da sie mit Tim zum Mittagessen verabredet sei. Es war offenkundig, daß sie mich nicht dabeihaben wollte. Nach dem Kurs sind wir wieder einen Kaffee trinken gegangen, und sie hat nur mit ihm geflirtet. So lief das dann jeden Mittwoch ab, bis - wie sie bereits wissen - Alan ihr verboten hat, weiter in den Kurs zu gehen. Doch da war sie bereits hoffnungslos in Tim verliebt, und der hatte keine Mühe, sie zu überreden...«
»Moment«, sagte Barnaby, »ich will nicht die Kurzfassung von Reader’s Digest. Ich will die ungekürzte Version und das Schritt für Schritt. Zunächst mal möchte ich wissen, wann Tim Ihnen gesagt hat, was er genau vorhatte?«
»Als er mich bat, eine Wohnung zu organisieren. Über das College ist das billiger. Außerdem, das ist mir allerdings erst später klargeworden, wollte er nicht, daß sich hinterher in den Maklerbüros jemand an sein Gesicht erinnern würde. Der Plan war, daß Simone >verschwinden< und dann eine Lösegeldforderung gestellt würde. Sie war sicher, daß Alan zu allem bereit wäre, und wie sich herausstellte, hatte sie damit recht gehabt. Ich hab noch nie jemanden so aufgeregt erlebt. Sie war wie ein gefangengehaltener Vogel, der darauf wartet, daß jemand die Käfigtür öffnet. Natürlich glaubte Simone, daß sie, nachdem sie beide aus ihrem Mann alles rausgeholt hatten, mit Tim fortgehen würde. Als Komplizin wurde ich natürlich in alles eingeweiht. Simone kam ständig bei mir vorbei und erzählte mir, wie aufregend das doch alles sei, diese ganze Verschwörung und Planerei, und wollte mit mir über die neueste Entwicklung reden.«
»Sie sprechen von >Verschwörung und Planerei<«, sagte der Chief Inspector, »aber nach dem, was Sie berichten, wurde doch die gesamte Planung von anderen übernommen. Was blieb denn da noch für Mrs. Hollingsworth?«
»Ach, ein bißchen sinnloses dramatisches Beiwerk. So beschloß sie, daß das Weglaufen mehr Spaß machen würde, wenn sie verkleidet wäre. Also packte sie eine Perücke und eine Sonnenbrille in ihre Handtasche. Lauter so Sachen. Außerdem trug sie so ein Outfit mit einem kurzen Wendemantel, den sie dann von der anderen Seite tragen konnte.«
»Ich verstehe.« Kein Wunder, daß Simone im Kaufhaus so lange auf der Damentoilette gewesen
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