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Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod

Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod

Titel: Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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starren.
      Ihm gegenüber saß nämlich eine ungeheuer aufgetakelte, alte Dame. Sie versank fast in einem bauschigen, mädchenhaften Kleid mit Puffärmeln. Es schien aus Dekorationsstoff genäht zu sein, nämlich aus appretiertem Chintz mit einem üppigen Rosenmuster. Dazu trug sie weiße Spitzenhandschuhe und ziemlich schmutzige Schuhe mit elastischem Rand aus elfenbeinfarbenem Leder, in das kleine Löcher gestanzt waren. Auf ihrem Gesicht war eine so dicke Schicht von weißem und rosarotem Make-up aufgetragen, daß sich kleine Partikel davon lösten, sobald sie die Stirn in Falten legte oder sonst ein lebhaftes Gefühl ausdrückte, und wie parfümierte Schuppen durch die Luft schwebten. Ihre Augenlider hatten jenen harten, verwirrenden Blauton, den man früher als elektrisch bezeichnete. Wenn Mary Pickford noch lebte, dachte Barnaby, würde sie in etwa so aussehen.
      »Man hat versucht, mich in Ihr Vorzimmer abzuschieben, zu einem Constable. In Hemdsärmeln.« Mrs. Molfrey senkte ihre Wimpern, die so schwarz und starr waren, als wären sie mit Pech überzogen. »Aber ich hab darauf bestanden, mit jemandem von höchster Autorität zu reden.«
      Sergeant Troy war gerade durch die Eingangshalle gekommen, als Mrs. Molfrey ihre streitbare Rede hielt. Er hatte sie kurzerhand in den Aufzug gepackt, in den dritten Stock befördert und bei Barnaby abgeladen. Ob sein Assistent das aus Bösartigkeit getan hatte oder aus dem Glauben heraus, daß ihm eine Abwechslung guttun würde, mußte der Chief Inspector noch herausfinden.
      »Wo liegt denn das Problem, Mrs. Molfrey?« fragte Barnaby, doch im selben Augenblick wurde ihm bewußt, daß er einen sehr onkelhaften, beinah herablassenden Ton angeschlagen hatte. Zum Ausgleich fügte er etwas formeller hinzu: »Womit kann ich Ihnen helfen?«
      »Ich bin diejenige, die Ihnen helfen kann«, antwortete Mrs. Molfrey, während sie an ihrem linken Handschuh zerrte. »In meinem Nachbarhaus ist jemand verschwunden. Ich dachte, das würde Sie interessieren.«
      »Sein Name?«
      »Ihr Name. Er ist noch da. Und wenn Sie mich fragen, ist das eine ganz lange Geschichte.«
      Barnaby, der befürchtet hatte, daß Mrs. Molfrey genauso schrullig und unkoordiniert daherreden würde, wie sie aussah, stellte erstaunt fest, daß das nicht der Fall war. Auch wenn sie sich sehr umständlich und gestelzt ausdrückte, schien sie ganz klar zu wissen, was sie sagen wollte.
      »Es geht um Simone Hollingsworth«, begann Mrs. Molfrey. Sie hielt einen Augenblick inne und starrte stirnrunzelnd auf ein Plakat, auf dem vor Dieben gewarnt wurde, wobei sich wieder einige Flocken von ihrem pastellfarbenen Putz lösten. »Schreiben Sie das nicht auf?«
      »Noch nicht, Mrs. Molfrey. Fahren Sie bitte fort.«
      »Sie ist letzten Donnerstag verschwunden. Hat sich einfach in Luft aufgelöst, wie man so sagt, obwohl ich diese Redensart nie ganz verstanden habe. Denn wenn das so ohne weiteres möglich wäre, müßte die Luft doch immer dicker werden, so wie früher in der Waschküche.«
      »Wenn Sie bitte...«
      »Seien Sie so gut und unterbrechen mich nicht. Wenn ich fertig bin, geb ich Ihnen ein Zeichen. Winke mit dem Taschentuch. Oder schreie.«
      Barnaby schloß die Augen.
      »Ich wurde gleich am ersten Abend mißtrauisch. Ich kann mich genau daran erinnern und werde Ihnen sagen warum. Der Sonnenuntergang, der mich normalerweise immer so richtig belebt, war eine große Enttäuschung. Eine furchtbar gewöhnliche Farbe, wie Lachs in Dosen. Cubby wässerte gerade im Garten meine Zwiebeln, die - wie ich hinzufügen darf - für ihre Üppigkeit bekannt sind, und ich grub mit meiner kleinen Hacke herum und freute mich auf ein paar Worte mit Simone. Sie kam normalerweise immer um diese Zeit heraus, um ihre Katze zu rufen, und wir tauschten dann einige Nettigkeiten. Von ihr erfuhr ich den neuesten Dorfklatsch, während ich ihr über das Gedeihen meiner Pflanzen berichtete, alles geflügelte und krabbelnde Ungeziefer verfluchte und über das Wetter schimpfte, wie passionierte Gärtner das so tun.«
      Barnaby nickte. Er war selbst ein leidenschaftlicher Gärtner und pflegte zuweilen allzu lautstark über das Wetter zu schimpfen, worauf seine Frau die Terrassentür so heftig zuknallte, daß die Scheiben klirrten.
      »Aber wer tauchte statt dessen auf? Alan - das ist Mr. Hollingsworth. Er rief >Nelson, Nelson<, als ob er sich je einen Deut um das arme Tier geschert hätte, und

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