Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
der Sache nachgehen werden.« Er würde den örtlichen Streifenpolizisten verständigen lassen. Ihn beauftragen, daß er diskret herumfragte. Sie hörte sich ja durchaus zurechnungsfähig an, konnte aber trotzdem alles gründlich mißverstanden haben. Was seine Dienststelle am allerwenigsten brauchte, waren Beschwerden wegen unrechtmäßiger Anschuldigungen.
Barnaby ging um seinen Schreibtisch herum, um die Tür zu öffnen. Mrs. Molfrey streckte ihm ihre winzige, verschrumpelte Hand entgegen, die völlig in der Hand des Chief Inspectors verschwand. Sie war sehr klein. Die wellige Krempe ihres Florentinerhuts reichte ihm bis an die Spitze seiner Krawatte. Ihre von himbeerfarbenem Lippenstift verschmierten Lippen verzogen sich zu einem süßen Lächeln. Sie sah ihn durch ihre übertrieben geschminkten Wimpern an und sagte: »Ich bin sicher, wir werden sehr gut Zusammenarbeiten.«
Nachdem sie gegangen war, saß er einen Augenblick ungläubig und amüsiert da. Dann bat er kopfschüttelnd, wieder Gespräche zu ihm durchzustellen. Sofort klingelte das Telefon, und er versank wieder ganz in seinem Arbeitsalltag.
* 2
Police Constable Perrots Bezirk, in dem er nun seit sieben Jahren Streife machte, umfaßte drei Dörfer - Ferne Bassett, Martyr Longstaff und Fawcett Green. Von den dreien mochte er das letzte bei weitem am liebsten.
In Ferne Bassett gab es entschieden zu viele Wochenend-Cottages, Ferienhäuser und Pendler, die jeden Tag nach London fuhren. Die meiste Zeit war es still und friedlich im Dorf. Diese Ruhe mochte zwar nur oberflächlich sein, doch solange nichts Unangenehmes oder Verbotenes zum Vorschein kam, war Perrot der Meinung, daß es ihn nichts anging. In Martyr Longstaff herrschte eine uralte Fehde zwischen einem Schrotthändler, der entgegen allen lokalen Vorschriften seinen Betrieb direkt am Haus hatte, und einem Nachbarn, der wild entschlossen war, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden waren laut und heftig, fanden mit nervtötender Regelmäßigkeit statt und zu allem Überfluß auch noch häufig mitten in der Nacht.
Aber Fawcett Green - ach, Fawcett Green! seufzte Constable Perrot genüßlich, während er um sich blickte. Wie es da in der Sonne lag, wirkte es so unberührt. Ein großer Teil des umliegenden Landes gehörte zu einem herrschaftlichen Anwesen, das ein Konzern aus dem fernen Osten erworben hatte. Man hatte dort viele schöne und exotische Bäume angepflanzt, einen großen See angelegt, doch alles andere gelassen, wie es war. Und bis auf wenige Ausnahmen hatten sich die Bauern im Dorf den Leuten des Bauunternehmens Bovis and Wimpey mit ihren gezückten Scheckbüchern hartnäckig widersetzt. Während der letzten fünfzehn Jahre hatte sich das Dorf kaum verändert.
PC Perrot hatte seine Honda am Rande von Fawcett Green abgestellt, obwohl er bis zu seinem Ziel gut zehn Minuten laufen mußte. Schließlich konnten die Anwohner mit Recht erwarten, daß »ihr« Bobby tatsächlich bei ihnen die Runde machte, auf ein Wort stehenblieb, sich Beschwerden anhörte und um alles mögliche kümmerte. Deshalb brauchte er fast eine halbe Stunde, bis er Nightingales erreichte.
Sein Auftrag war einfach, aber nicht besonders klar Umrissen. Er konnte sein Gespräch mit Alan Hollingsworth nach eigenem Ermessen so ausführlich und gründlich führen, wie es die Situation erforderte. Persönlich war der Constable der Meinung, daß irgendeinem neugierigen Nachbarn, der zuviel Zeit hatte, die Phantasie ein bißchen durchgegangen war. Man hatte ihm nicht mitgeteilt, um wen es sich handelte, und falls es nicht absolut notwendig sein sollte, war er auch nicht besonders daran interessiert, es zu erfahren.
PC Perrot hatte seinen Besuch bewußt auf den späten Sonntagvormittag gelegt. Es war fast elf. Spät genug, daß der Mann gefrühstückt hatte, aber vermutlich noch zu früh, daß er bereits zum Mittagessen ausgegangen war.
Das Erscheinen des Constable am Eingangstor war nicht unbemerkt geblieben. Die alte Mrs. Molfrey, die gerade ein paar blühende Orangenzweige in ihrem Vorgarten abschnitt, winkte lächelnd mit ihrer Gartenschere. Im Haus auf der anderen Seite bellte ihn ein weißer Pudel, die Vorderpfoten auf den Fenstersims gestellt, durch die Glasscheibe an und wurde prompt weggezogen.
Der Weg zum Haus und zur Garage hätte durchaus mal gejätet werden können. Zwischen den geschossenen Stiefmütterchen
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