Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
Frechheit besessen hatte zu behaupten, daß ein übertrieben ordentlicher Garten nicht nur schlecht für die Pflanzen sei, sondern auch auf schwerwiegende neurotische Störungen beim Gärtner hinwies.
»Was um alles in der Welt wollte denn Mr. Grimshaw bei der Polizei?«
»Sich ganz offiziell über diesen stehengelassenen Pylon beschweren.«
»Der, der hinter der Telefonzelle gegen die Mauer lehnt?«
»Du willst doch nicht etwa sagen, daß noch einer aufgetaucht ist, Iris.«
»Kein Wunder, daß die Preise für Häuser in den Keller gehen.«
Die Brockleys hatten gerade ihr Abendessen auf der Veranda eingenommen. Nun stand Reg von seinem grünen Plastikstuhl auf und ging die Treppe hinunter. Während er seinen Rasen betrachtete, ganz kurz geschnitten in ordentlichen Bahnen, verzogen sich seine keuschen Lippen zu einem zufriedenen Grinsen.
Mit hektischen Blicken ging er den Pfad entlang auf der Suche nach fremden Sämlingen oder aufmüpfigen Kreaturen, die vergessen hatten, wo sie hingehörten. An einer grell orange blühenden Floribunda entdeckte er eine Florfliege, brach ein Blatt ab, drückte es auf das unerwünschte Insekt und warf den so verhüllten Leichnam in die Mülltonne.
Die Brockleys hatten keinen Komposthaufen und konnten die Leute nicht verstehen, die einen anlegten. Für sie bestand der ganze Sinn, einen Garten zu haben, darin, ihn unter Kontrolle zu halten und nicht überallhin sprießen zu lassen.
»Noch einen kleinen Leckerbissen?« rief Ines.
Als sie keine Antwort erhielt, nahm sie einen Teller mit strahlenförmig angerichteten Fischstäbchen und machte sich auf den Weg zu ihrem Mann. Dabei bemühte sie sich, mit ihren kräftigen kleinen Füßen die Ritzen in dem Verbundpflaster zu vermeiden. Schließlich mußte man das Schicksal ja nicht absichtlich herausfordern.
Reg hatte sich hinter einen Ceanothus gequetscht und starrte auf die wild wuchernde Staudenrabatte der Hollingsworths. In der Stille des frühen Abends tummelten sich Frösche in einem winzigen Teich. Was er dort drüben sah, beunruhigte ihn zutiefst. Während er sich aus seinem Versteck herauswand, schnalzte Iris mißbilligend mit der Zunge.
»Du hast dir einen Faden in der Strickjacke gezogen.«
»Iris...«
»Deine beste Fair-Isle-Jacke.«
Dieses Kleidungsstück war Regs einziges Zugeständnis an das Rentnerdasein. Darunter trug er ein Hemd mit steifem Kragen und Manschetten, eine schlichte, fest geknotete Krawatte und eine dunkle Hose mit so scharfen Bügelfalten, daß man damit eine Auster hätte öffnen können.
»Er gräbt, Iris.«
»Gräbt?«
»Ein Loch.«
»Aber er tut doch nie was im Garten. Er haßt Gartenarbeit.«
»Trotzdem...«
»Außerdem ist der Boden hart wie Stein.«
»Er ist mit dem Wasserschlauch drangegangen.«
Nachdem Iris ebenfalls den Hals um den Ceanothus gereckt hatte, um das Loch im Boden sehen zu können, gingen sie mit ernsten Mienen ins Haus zurück, gerade rechtzeitig zu den Sechs-Uhr-Nachrichten, auf die Reg sich zum ersten Mal im Laufe ihres gemeinsamen Lebens nicht richtig konzentrieren konnte.
Iris war ebenfalls so sehr abgelenkt, daß Shona es sich erlauben konnte, aus ihrem Korb zu klettern und ruhig mitten im Zimmer zu stehen, ohne gescholten zu werden. Aus Dankbarkeit begann sie mit dem Schwanz zu wedeln.
»Er muß irgendwas vergraben«, meinte Reg.
Seine Frau, die das Geschirr schon zum zweiten Mal unter klarem Wasser abspülte, sog heftig die Luft ein. Ein langes, nervöses Zischen. »Du meinst doch nicht etwa...?«
»Was?«
»Nelson?« Der Kater war immer noch nicht wieder aufgetaucht, und man hörte Alan auch nicht mehr nach ihm rufen. »Wie groß ist denn das Loch?« fügte Iris mit zitternder Stimme hinzu.
»Das kann ich von dort nicht abschätzen. Ich müßte aus dem Fenster in Brendas Zimmer gucken.«
»Wenn du das schaffst.« Iris legte eine Decke auf den Küchentisch und setzte sich dann ihrem Mann gegenüber. Das Loch, das sie gerade entdeckt hatten, könnte durchaus darauf hindeuten, daß etwas passieren würde, und die Brockleys waren hin- und hergerissen zwischen der Vorfreude auf einen handfesten Skandal und der Sorge, daß Chaos entstehen könnte. Chaos, das möglicherweise das genau austarierte Gleichgewicht ihrer Welt ins Wanken bringen und ihnen mehr als eine Ahnung von dem bescheren könnte, was Iris als »Rummel«
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