Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
Eingangstür hinter sich schloß, kam ein junger Mann in einem hellen, edel verknitterten Leinenanzug auf sie zu.
»Sie sind von der Polizei?« Er würdigte ihre Ausweise kaum eines Blickes. »Was für eine furchtbare Nachricht. Verity hat sich hingelegt«, fügte er hinzu, als hätten sie sich nach ihr erkundigt. »Sie sitzt normalerweise am Empfang. Mein Name ist Clive Merriman.«
»Es tut mir leid, daß ich eine so furchtbare Nachricht überbringen muß, Mr. Merriman.« Barnaby knöpfte sein Jackett auf, um die Klimaanlage voll auszukosten. »Könnten wir vielleicht mit demjenigen reden, der Alan Hollingsworth während seiner Abwesenheit vertreten hat?«
»Das ist unser Finanzfachmann, Ted Burbage. Ich hab ihm gesagt, daß Sie kommen.«
Mr. Burbages Büro war nicht weit. Eigentlich war gar nichts weit. Sie kamen nur an drei weiteren Räumen vorbei. In einem saßen mehrere Leute vor Computer-Tastaturen. Im zweiten befanden sich mehrere Monitore und Alan Hollingsworths Name prangte in goldenen Lettern an der Tür. Der dritte war mit >Klos. mail@femail< gekennzeichnet.
»Kriminalpolizei Causton?« Mr. Burbage, ein extrem gebräunter Mann, unterzog Barnabys Ausweis einer genaueren Prüfung. »Was soll denn das? Hat das was mit Alan zu tun?«
»Das ist richtig, Mr. Burbage.«
»Tut mir leid. Setzen Sie sich bitte.« Während die beiden Polizisten das taten, fügte er hinzu: »Wird es lange dauern?«
»Schwer zu sagen, Sir.«
»Dann solltest du vielleicht irgendwie Tee machen, Clive. Oder«, er warf einen fragenden Blick durch den Raum, »möchten Sie lieber was Kaltes? Wir haben einen Cola-Automaten.«
»Das wäre genau das richtige. Vielen Dank.«
Nachdem die kalten Getränke gebracht worden waren und Burbage die Anweisung gegeben hatte, keine Anrufe zu ihm durchzustellen, erhob er sich und blickte auf seine Besucher. Es lag etwas Defensives in seinem Verhalten. Auch in der Art, wie er sich vorbeugte und die Fingerspitzen auf den Rand seines Schreibtischs stützte. Er wirkte ein bißchen wie ein Torwart, der sich gegen einen hinterhältigen Schuß eines gefährlichen Stürmers wappnet.
»Also.« Er atmete tief durch. »Er wurde tot aufgefunden. Das war alles, was wir aus Verity rauskriegen konnten. Natürlich erst, nachdem wir geschafft hatten, daß sie wieder zu sich kam.«
»Mr. Hollingsworths Leiche wurde gestern vormittag gefunden, wir glauben aber, daß er bereits Montag nacht gestorben ist.«
»Du lieber Gott.«
»An einer Überdosis.«
»Selbstmord?« Ein tiefes Stöhnen. Er begrub seinen Kopf in den Händen. Die kahle Stelle auf seinem Kopf schien an Glanz und Farbe zu verlieren. »Dann wird die Versicherung niemals zahlen. Gott, was für ein Schlamassel.«
»Wenn wir unsere vorläufigen Ermittlungen abgeschlossen haben, wird eine gerichtliche Untersuchung stattfinden. Ich würde an Ihrer Stelle das Urteil des Coroner abwarten, bevor Sie irgendwelche voreiligen Schlüsse ziehen.«
»Wir haben hier mehrere Vollzeitbeschäftigte«, sprudelte es aus Burbage heraus, bevor der Chief Inspector richtig ausgeredet hatte. »Leute mit Hypotheken, Ehefrauen, Kindern. Was soll aus uns werden, wenn die Firma kaputtgeht?«
Diese fehlende Trauer über das Ableben des Firmenchefs war aus allen Gesprächen herauszuhören, die bei Penste-mon geführt wurden. Auch wenn niemand Alan Hollingsworth wirklich haßte, so fanden seine Mitarbeiter doch wenig freundliche Worte für ihn.
Als Mr. Burbage Sekunden später die Tragweite von Barnabys Äußerung, es würde ein Urteil des Coroners geben, begriff, wollte er mit seinen erstaunten Fragen gar nicht aufhören. Der Chief Inspector hatte Mühe, das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema zu bringen.
»Ich nehme an, daß Mr. Hollingsworth während seiner Abwesenheit in Kontakt mit der Firma stand?«
»Ja, natürlich.«
»Welchen Grund nannte er für seine Abwesenheit?«
»Sommergrippe.«
»Kam so was häufiger vor?«
»Ganz und gar nicht. Seit ich hier bin, hat er noch keine fünf Minuten gefehlt.«
»Haben Sie selbst mit ihm gesprochen?«
»Natürlich. Es gab einige Dinge zu klären. Laufende Probleme.«
»Finanzielle Probleme?«
Jegliche Regung war aus Mr. Burbages kühlen, blassen Augen verschwunden. »Darüber kann ich wirklich nichts sagen.«
»Wie hörte er sich an?«
Ȇberhaupt nicht gut. Und er schien auch
Weitere Kostenlose Bücher