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Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod

Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod

Titel: Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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Reg mit irgendwas - einer Tasse oder einem Becher - in der Hand neben ihr. Sie schien ihn nicht wahrzunehmen.
      »Wenn du es wirklich wünschst, mach ich’s, Elfrida.«
      Mrs. Molfrey strahlte, als wäre dieser halbherzige Entschluß bereits ausgeführt, und zwar erfolgreich. Nachdem Avis (mit einer zweiten Pappschachtel in der Hand) gegangen war, bat sie um ein weiteres Stück Torte und noch etwas Angelica.
     
    Die zweite Kirschtorte war für Sarah Lawson. Normalerweise war Avis nicht so großzügig. Es war überhaupt das erste Mal, daß sie mit irgendeinem Geschenk zum Bay Tree Cottage kam. In Wahrheit war es ihr nur unangenehm, ohne Grund vorbeizuschauen. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß Sarah die einzige im Dorf war, bei der sie derartige Hemmungen verspürte.
      Was hatte diese Frau nur an sich? Avis stellte ihre Schachtel auf den verdorrten Rasen und hievte das Tor in seine ursprüngliche Stellung zurück. Ihre zurückhaltende neutrale Art vielleicht? Weder besonders freundlich noch besonders unfreundlich, war Sarah die Sorte Mensch, bei der man, wie man so sagte, nicht wußte, woran man war. Wie den meisten Leuten bereitete das auch Avis Unbehagen.
      Nicht daß Sarah irgendwelche Allüren hatte. Ihr mochten zwar alle anderen gleichgültig sein, aber nichts deutete darauf hin, daß sie sich ihnen überlegen fühlte. Aber vielleicht war das das Geheimnis der wahrhaft Überlegenen. Und dann hatte sie so eine Art, sich auf ihre eigenen Angelegenheiten zu konzentrieren und sich aus allem, was sich jenseits ihrer vier Wände abspielte, herauszuhalten. Man kam sich schon gewöhnlich vor, wenn man auch nur das kleinste bißchen Klatsch verbreitete.
      Der wahre Grund für Avis’ Besuch war natürlich, daß sie herausfinden wollte, wie Sarah über Simones Entführung dachte. Das, zusammen mit Alans Tod, war viel zu aufregend, um darüber einfach so zu plaudern. Avis hatte den Wunsch, mit der einzigen Person darüber zu reden, deren Reaktion sie nicht im Traum Vorhersagen konnte.
      Sie hob die Schachtel wieder auf, zögerte und sagte sich dann, sie benehme sich töricht. Schließlich würde die Frau sie ja nicht beißen. Und wenn sich nach einigen vorsichtigen Fragen herausstellte, daß Sarah die Sache langweilte oder nervte, dann, so dachte Avis, kann ich ja immer noch das Thema wechseln. Oder gehen.
      Sie klopfte an die Tür. In dem Moment kam ein Schrei aus dem Inneren des Hauses. Später wurde ihr klar, daß die beiden Geräusche so dicht aufeinander erfolgt waren, daß unmöglich das eine durch das andere ausgelöst worden sein konnte. Doch als sie dort stand, glaubte sie, Sarah hätte »Herein!« gerufen. Und so ging sie, ihr Geschenk unbeholfen in der Hand haltend, ins Haus.
      Sarah stand an dem staubigen Fenster. In einer Ecke hing eine Fliege in den Überresten eines Spinnengewebes. Sie zerrte an einem oliv- und aquamaringestreiften Tuch, das sie um ihre Taille gebunden hatte, und schlang und drehte es so heftig um ihre schmalen Finger, daß sie den Stoff fast zerrissen hätte. Mitten im Raum stand Gray Patterson. Man hätte die Spannung mit den Händen greifen können, berichtete Avis ihrem Mann später.
      Überzeugt, daß sie in einen Streit zwischen Liebenden hereingeplatzt sei, fing Avis an zu stottern. »Es tut mir leid, ich stell das einfach hierhin... Ich wollte nicht, äh, das heißt...«
      Aber es war kein Streit. Zumindest nicht in dem Sinne, wie die meisten Leute das verstehen würden.
      Gray war, wie fast jeden Tag in letzter Zeit, vorbeigekommen, hatte kurz gegen den Türklopfer getippt und war hineingegangen. Da sie ihn irgendwann einmal dazu aufgefordert hatte, machte er sich keine Gedanken darüber.
      Sarah hatte an dem alten Steinkamin gestanden, mit den Händen die äußeren Enden des Sims umklammernd, den Kopf gegen die Kante gedrückt. Reglos wie eine Statue.
      Gray, der glaubte, sie hätte ihn vielleicht nicht reinkommen hören, hustete leise. Sarah fuhr herum und stöhnte auf, als ob ihr jemand einen Schlag versetzt hätte. Obwohl Gray überhaupt nicht wagte, sich ihr zu nähern, hob sie einen Arm, als wolle sie ihn abwehren.
      »Was soll denn das?«
      »Geh weg.«
      »Sarah, was ist los?«
      »Wie kannst du es wagen, ohne zu klopfen hier reinzukommen!«
      »Hab ich doch nicht. Ich meine, ich hab geklopft. Du hast mich wohl nicht gehört.« Er bemerkte ihr weißes angestrengtes Gesicht und die verstörten blutunterlaufenen Augen. Sie

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