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Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Titel: Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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bestand, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Schreie von einem Menschen gestammt hatten. Wenn tatsächlich jemand in den Misbourne gefallen war, dann war das doch, wie alle sagten, bei Swan Myrren passiert. Und die Geräusche, die sie gehört hatte, waren näher gewesen. Dennoch ...
      Evadne aß rasch ihre Suppe auf, stellte das Geschirr ins Spülbecken und die Geranie wieder ins Fenster. Als fast unmittelbar darauf der Klopfer betätigt wurde, eilte sie zur Tür. Denn dies war eine der seltenen Gelegenheiten, wo Evadne menschliche Gesellschaft genauso dringend brauchte, wie sie von ihren Mitmenschen gebraucht wurde.
     
    Am gleichen Nachmittag gegen vier Uhr machte Louise Fainlight einen Besuch bei Ann Lawrence. Sie hatten sich lose angefreundet, obwohl sie außer der Liebe zur Gartenarbeit wenig gemeinsam hatten. Louise war durchaus bewusst, dass diese Freundschaft nie zustande gekommen wäre, wenn sie noch in London wohnen und arbeiten würde. Dann wären sie wie zwei Schiffe gewesen, die nachts aneinander vorbeifuhren und sich kaum erkannten, geschweige denn die Existenz des anderen wirklich zur Kenntnis nahmen.
      Doch in einem kleinen Dorf gibt es wenig Auswahl, und wenn man jemanden findet, mit dem man sich zumindest halbwegs versteht, bemüht man sich fast immer um ihn. Und auf merkwürdige Weise waren die beiden Frauen voneinander fasziniert. Keine konnte nämlich verstehen, wie die andere nur so leben konnte, wie sie lebte.
      Ann bewunderte Louise und ließ sich ein wenig einschüchtern von ihrer glamourösen Ausstrahlung, ihrer knallharten und ironischen Einstellung zum Leben und der lockeren, scheinbar distanzierten Beziehung, die sie zu ihrem Bruder hatte. Der starke Wille der jüngeren Frau, sich ihren Platz im Leben zu erkämpfen, erfüllte Ann mit Neid. In manchen Situationen, denen Louise als Analystin in der Abteilung für Aktien und Wertpapiere bei der Handelsbank, bei der sie bis vor kurzem gearbeitet hatte, ausgesetzt gewesen war, wäre Ann in panischer Angst zur nächsten Toilette gelaufen.
      Louise hingegen konnte einfach nicht fassen, wie eine potentiell äußerst attraktive Frau in Anns Alter und von ihrer Intelligenz Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr damit verbringen konnte, nichts zu tun. Oder zumindest was Louise als nichts erachtete. So eintönige Dinge wie im Gewächshaus herumwerkeln, den Vorsitz beim Frauenkreis führen, das Gemeindeblättchen herausgeben und drucken sowie Pläne erstellen, wer jeweils für das Putzen der Kirche und den Blumenschmuck verantwortlich war. Unglaublich.
      Die Neugier, warum ihre Freundin so einen Stockfisch von Mann geheiratet hatte, war rasch befriedigt, denn jeder im Dorf kannte die Geschichte. Ann hatte bei ihrem Vater, dem früheren Pfarrer von Ferne Basset, gelebt, der bei ihrer Geburt bereits fünfzig Jahre alt war, bis dieser etwa zweiundzwanzig Jahre später gestorben war. Sein Hilfspfarrer Lionel Lawrence, ein schüchterner, freundlicher Mann, der damals um die Vierzig war, hatte immer mehr von Reverend Byfords geistlichen Pflichten übernommen und, als dieser alt und krank war, Ann bei seiner Pflege unterstützt.
      Als er nach dem Tod des Vaters dem unglücklichen Mädchen vorschlug, ob sie nicht weiter füreinander sorgen sollten, hatte Ann, die extrem scheu war und nichts außer dem Leben in einem Dorfpfarrhaus kannte, zugestimmt. Nachdem sie einige Jahre verheiratet waren, gab Lionel, obwohl er ordiniert blieb, sein Pfarramt auf. Er begründete seinen Schritt damit, dass er nun mehr Zeit haben würde, die Werke des Herrn dort zu verrichten, wo sie am dringendsten gebraucht wurden. Zum Glück blieb ihnen das Haus erhalten, denn es hatte Anns Mutter gehört und nicht der Diözese. Gottesdienste wurden von da an jeden dritten Sonntag von einem Pfarrer abgehalten, der noch zwei weitere Dörfer betreute. Bei der einzigen Gelegenheit, bei der Louise Ann auf ihre Ehe ansprach, hatte diese nur gesagt: »Es schien die einfachste Lösung«, und rasch das Thema gewechselt.
      Louise fand diese Situation sehr traurig. Sie war überzeugt, dass Ann unglücklich war - wer wäre das nicht, wenn man mit so einem langweiligen alten Waschlappen verheiratet war? Und dann noch diese straffällig gewordenen Nichtstuer, die er ständig ins Haus brachte. Am Anfang ihrer Freundschaft hatte Louise den Fehler gemacht, Ann zu raten, ein Machtwort zu sprechen. Zu ihrer Verblüffung stellte sie fest, dass Ann sich keineswegs

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