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Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Titel: Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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heute Abend hatte seine Stunde geschlagen. Vor ihm lagen sieben die Brieftasche füllende Hieroglyphen, die die Freiheit bedeuten könnten. Er sah sich in dem winzigen Zimmer um und gönnte sich ein genüssliches Kichern über die genarbte Sitzgruppe aus Vinyl, das billige furnierte Sideboard und die altmodische Fernsehtruhe. Denn schon bald würde er all dem Lebewohl sagen. Dann läge er in einem schönen, mit Fell bezogenen Sessel, hatte eine Flasche Scotch mit Eis und eine Schachtel Players High Tar griffbereit und etwas Junges, Blondes und Schmusiges auf dem Schoß.
      Denn wenn man Geld hatte, konnte man alles kaufen. Und er würde das nötige Geld haben. O ja. Zum ersten Mal in seinem Leben würde er Geld haben. Zunächst nur einen bescheidenen Betrag. Immer schön vernünftig sein. Es hatte keinen Sinn, die Leute unnötig zu erschrecken. Aber aus dieser Quelle würde noch mehr zu holen sein. Sehr viel mehr. Genug, damit er den Rest seines Lebens herrlich und in Freuden verbringen könnte.
     
    Als in den Lokalnachrichten um neun Uhr nichts mehr über den Zwischenfall am Misbourne-Wehr gesagt wurde, kamen die Gäste des Red Lion zu dem Schluss, dass alles nur ein Scherz gewesen war, und wandten ihre Aufmerksamkeit wieder wichtigeren Dingen zu. Zum Beispiel der Entdeckung von sechs Fasanen im Klohäuschen des alten Gordon Cherry. Und der skandalösen Geschichte, dass das Teeservice von Ada Lucas' Großmutter, während es noch bei ihr im Wohnzimmerschrank stand, von einem fliegenden Händler auf fünfzig Pfund geschätzt worden war, wo doch jeder wusste, dass es den Stempel von Rockingham trug und gut und gerne hundert wert war.
      Bis zur Sperrstunde war die Angelegenheit am Fluss praktisch vergessen. Die Leute, die im Mondschein nach Hause gingen oder fuhren, hatten bereits ganz andere Dinge im Kopf. Wie der Wirt zu seiner Frau sagte, während diese das Tropfblech ablaufen ließ: »Ich glaube, wir haben für dieses Jahr unseren Teil an Aufregung gehabt.«
      Was nur zeigt, wie kolossal der Mensch sich irren kann.
     
     

* 3
     
    Ann Lawrence kontrollierte das Frühstückstablett ihres Mannes. Schwacher chinesischer Tee, ein Vier-Minuten-Ei, frischer Toast, ein Apfel, etwas Margarine und Cooper's-Oxford-Orangenmarmelade. Dann steckte sie noch einen Zweig Wiesenfrauenmantel in eine kleine geblümte Vase.
      »Würde es Ihnen was ausmachen, das nach oben zu bringen, Hetty?«
      Ann hatte Mrs. Leathers von Kindesbeinen an Hetty genannt, und Mrs. Leathers hatte sie immer mit Annie oder Pickle oder einem ihrer anderen Kosenamen angeredet. Doch am Tag ihrer Hochzeit war Ann auf mysteriöse Weise Mrs. Lawrence geworden, und keinerlei Zureden, ob im Spaß oder Ernst, konnte Hetty dazu bringen, sie anders anzureden. Das wäre einfach nicht richtig gewesen.
      »Natürlich nicht«, antwortete Mrs. Leathers und fragte sich sofort, wohin sie sich bloß verkriechen sollte, wenn der Pfarrer (wie sie ihn für sich immer noch nannte) die Tür im Nachthemd öffnen würde. Oder noch schlimmer.
      »Klopfen Sie einfach an und lassen Sie es dann vor seinem Zimmer stehen.«
      Ann schenkte sich ihre dritte Tasse Kaffee ein und nahm sie mit in die Bibliothek. Es war schon fast zehn Uhr, aber sie hatte es für das Beste gehalten, Lionel schlafen zu lassen. Er war gestern Abend lange unterwegs gewesen, hatte sich in diversen Obdachlosenasylen, Heimen und öffentlichen Unterkünften erkundigt und seine Kontaktpersonen bei der Bewährungshilfe mit Fragen gelöchert. Schließlich hatte die Sorge um Carlotta seine Befürchtungen besiegt, sie zu verärgern, und er hatte bei der Polizei in Causton angerufen und das Mädchen als vermisst gemeldet. Als er nach Hause kam, hatte er sich weitschweifig und empört über deren »absolut unmenschliches Desinteresse« ausgelassen.
      Ann hatte todunglücklich und von Schuldgefühlen geplagt zugehört. Wie gerne hätte sie die Uhr zurückgestellt und wieder so gelassen und sorgenfrei wie früher gelebt. Wie langweilig ihr das manchmal erschienen war. Jetzt sehnte sie sich danach, dahin zurückzukehren.
      Der Postwagen fuhr gerade los. Ann ging in den Flur und leerte den großen Drahtkorb, der innen an der Tür befestigt war. Sie bekamen immer viel Post. Lionel hielt es für wichtig, den Kontakt zu Leuten aufrechtzuhalten. Manchmal hatte Ann den Eindruck, dass er das mit jedem Menschen versuchte, den er je im Leben kennen gelernt hatte. Zum Glück hatten sehr viele dieser Leute

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